Pressemitteilung, 10.12.2002: Strafanzeige gegen chinesischen Vize-Premierminister

In Frankreich wurde Strafanzeige gegen Li Lanqing, ein Mitglied der chinesischen Führungsriege, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gestellt

Am 4. Dezember haben William Bourdon und Georges-Henri Beauthier beim Gericht in Nizza Strafanzeige gegen Li Lanqing gestellt. Li Lanqing ist Chinas Vize-Premier und Leiter des „Büros 610“, das in China speziell für die Verfolgung von Falun Gong geschaffen wurde. Die Klage in Frankreich richtet sich gegen ihn als Leiter der Organisation der Verfolgung von Falun Gong in China. Bourdon und Beauthier sind als Menschenrechtsanwälte besonders bekannt geworden durch die von ihnen in Belgien und Frankreich eingeleiteten Anklagen gegen den chilenischen Diktator Pinochet.

Der chinesische Vize-Premier Li Lanqing befand sich zu einem inoffiziellen Besuch in Frankreich. Die Kläger sind vier Falun Gong-Praktizierende, darunter zwei französische Frauen. Die Anzeige beruht auf der UN-Konvention gegen Folter, die Frankreich 1984 ratifiziert hat und der zufolge jeder, der sich des Verbrechens von Folter schuldig gemacht hat, festgenommen und angeklagt werden kann.
Dies ist der zweite Fall in Europa, bei dem sich eine Person der chinesischen Führung mit einer solchen Anklage konfrontiert sieht. Die erste Strafanzeige wurde am 8. April gegen den chinesischen Staatschef Jiang Zemin selbst bei seinem offiziellen Besuch in Deutschland von der Gesellschaft für bedrohte Völker erhoben und beinhaltete u.a. den Vorwurf der Körperverletzung an Falun Gong-Praktizierenden in drei Fällen (http://de.yuanming.info/articles/200204/3146.html).

Li Lanqing wurde im Juni 1999 von Jiang Zemin persönlich gebeten, die Leitung des „Büros 610“ zu übernehmen. Dieses Büro ist ausschließlich für die umfassende und gewaltsame Verfolgung von Falun Gong zuständig. Diese Spezialeinheit hat die ausdrückliche Genehmigung sich unter Hintanstellung aller menschlichen Würde über bestehende Gesetze hinwegzusetzen.

Seit dem Verbot von Falun Gong im Juli 1999 haben die Anordnungen des „Büros 610“ unter der Verantwortung von Li Lanqing zu unzähligen Todesfällen geführt. Über 500 wurden von internationalen Menschenrechtsorganisationen dokumentiert. Weit mehr als 100.000 Menschen wurden seitdem verhaftet, ohne gesetzliche Grundlage in Arbeitslager geschickt und häufig gefoltert. Tausende wurden durch Behandlung mit Psychopharmaka geschädigt, zum Teil mit Todesfolge, Frauen wurden in Lagern und auf Polizeistationen vergewaltigt.

Die Klage gegen Li Lanqing wurde in Frankreich von den folgenden vier Personen erhoben:

Chen Zumei, eine Chinesin, die in Paris lebt. Als sie sich in China gegen die Verfolgung von Falun Gong wandte, wurde sie festgenommen, ins Gefängnis gebracht und heftiger Prügelstrafe ausgesetzt. Dabei erlitt sie einen Armbruch, der für sie bis heute eine starke Behinderung darstellt;

Helene Petit, eine Französin, die im November 2001 auf dem Tiananmen in Beijing am ersten öffentlichen Appel von Westlern teilnahm. Sie wurde festgenommen und geschlagen;

Zhao Ming, ein chinesischer Informatikstudent am Trinity College in Dublin, Irland, der 22 Monate lang in verschiedenen Arbeitslagern saß und dort fortlaufend physischer und geistiger Folter ausgesetzt war;

Wang Yuzhi, eine Chinesin, die in China gefoltert wurde. Sie konnte in die Vereinigten Arabischen Emirate fliehen, wo ihr mit der Auslieferung an China gedroht wurde. Durch Intervention der kanadischen Regierung konnte sie nach Kanada ausreisen.

„Mit dieser Anklage rufen wir die internationale Gemeinschaft auf, die verbrecherische Natur dieser Verfolgung zu erkennen und ihr Einhalt zu gebieten. Mit Hilfe unserer Rechtsanwälte werden wir alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, bis die in China Verantwortlichen für die Verbrechen an Falun Gong auf internationaler Ebene verurteilt und bestraft sind. In der Geschichte dürfen diese fürchterlichen Verbrechen und ihr riesiges Ausmaß nicht unbemerkt bleiben.“

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