Britische Handelskammer in Hongkong antwortet der Hongkong-Regierung bezüglich der "Beratung" zu Artikel 23

Frau Regina Ip JP
Sicherheitsministerin
Zentrales Regierungs- Büro
Lower Albert Road
Hongkong


Sehr geehrte Regina:

1. Wir begrüßen die Möglichkeit, unsere Ansichten über den Vorschlag der SAR- Regierung, den Artikel 23 des Grundgesetzes durchzuführen, zum Ausdruck zu bringen. Weiterhin begrüßen wir den Vorschlag einer Übergangsphase bevor das „Blaue Buch“ auf den Tisch kommt, in welcher es für uns möglich sein wird, die Einzelheiten der Gesetzgebung zu sehen und zu kommentieren. Es ist wichtig, anzuerkennen, dass die Hongkonger SAR weltweit als ein „ Sonderfall“ angesehen wird und wir glauben, dass der Druck, der dadurch auf die Regierung ausgeübt wird, ist allen klar.

2. Weiterhin ist es notwendig zu zeigen, dass alles was gemacht wird auf Fairneß und Gerechtigkeit gründet. Immer wenn Menschen sich einer Regierung unterstellen, erwarten sie im Gegenzug, dass sie fair behandelt werden. Der Prüfstein für das vorgeschlagene Gesetz muss deshalb sein: Ist es fair und erreicht es den Standard zivilisierter demokratischer Normen, festgehalten in den entsprechenden Internationalen Konventionen. Wir finden es absolut richtig, dass diese dringende Erfordernis an die SAR-Regierung gestellt wird, weil dies sicherlich der Verpflichtung zu „Ein Land, zwei Systeme“ zum Erfolg verhelfen wird, sowohl aus nationaler wie auch aus internationaler Sicht und andererseits könnte dies weitreichende Konsequenzen haben. Am Ende schlagen wir vor, mit großer Sorgfalt sicherzustellen, dass ein möglichst breites Spektrum von Ansichten über die Vorschläge eingeholt wird und dass alle Bedenken vorgebracht werden, bevor die detaillierte Gesetzesvorlage vor die Gesetzgebende Ratsversammlung kommt.

3. Die Folgen, wenn diese Gesetzgebung nicht den internationalen Ansprüchen entspräche, wären zum Nachteil für Hongkongs Stellung als einzigartiges internationales Geschäftszentrum. Jeder Vorteil, den Hongkong nicht nur über das Festland sondern auch über andere regionale Zentren besitzt, würde sicherlich dahin sein. Darüber hinaus gibt es noch die Meinung, dass die Entscheidung zum Erlass dieses Gesetzes mit einer Geschwindigkeit getroffen werden soll, die einen gründlichen Beratungs- und Gesetzgebungsprozess erlaubt.

4. Im Konkreten haben wir folgende Anmerkungen:

· Daß jede Gesetzgebung vollständig die Forderungen des Artikels 27 erfüllt, der bestimmte Grundrechte und Freiheiten der Bewohner von Hongkong garantiert. Das gilt auch für den Artikel 39, der verlangt, dass die Bestimmungen der Internationalen Konvention über zivile und politische Rechte (ICCPR) und die Bestimmungen der Internationalen Konvention wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte (IESCR) in Kraft bleiben.

· Was die exterritoriale Wirkung angeht, so gehen wir davon aus, dass alle ständigen Bewohner es für ihre Pflicht halten, treu zu Hongkong zu stehen (und als Folge davon zur Volksrepublik China) unabhängig von ihrer Nationalität und dies übertrifft bei weitem die Forderungen des Artikel 23.

· Es ist nicht leicht, eine geeignete Definition von ‚Aufruhr‘ zu finden, bei der keine Grundrechte bedroht werden, wie etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung. Z. B. gibt es weitverbreitete Bedenken in der Gesellschaft über das, was als „aufrührerische“ Publikationen angesehen wird. Wir drängen die Regierung, Verbrechen, die als ‚Aufruhr‘ bezeichnet werden, so genau wie möglich zu bestimmen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass diese Bestimmung auch gegen jene angewendet wird, die der Regierung widersprechen, aber nicht die Absicht haben, diese zu stürzen.

· In Besorgnis über Personen, die in Hongkong und im Ausland wegen Diebstahls von Staatsgeheimnissen im Festland China verurteilt sind, drängen wir die Regierung, „Staatsgeheimnisse“ so genau wie möglich zu definieren, damit jede Möglichkeit ausgeschlossen wird, die es erlaubt, wirtschaftliche Informationen oder andere, die mit ernsthaften Sicherheitsbedenken nichts zu tun haben, zu „Staatsgeheimnissen“ zu erklären. Die Schwierigkeit dabei ist, dass der Ausdruck „Staatsgeheimnis“ dem Chinesischen Gesetz und Gebrauch entliehen ist. Zur Aufrechterhaltung des Grundsatzes „Ein Land, zwei Systeme“ ist eine wesentliche Erfordernis, dass die Definition von „Staatsgeheimnis“ unter dem Hongkonger Gesetz nicht so weitgefasst ist wie unter dem Gesetz im Festland China.

· Wir sind beunruhigt durch den Vorschlag, einen neuen Straftatbestand der „unbefugten und schädlichen Bekanntgabe geschützter Informationen, die durch unerlaubten Zugriff erhalten wurden“ einzuführen, weil das dem ganzen Konzept der Transparenz genau entgegenläuft und unkontrolliertem Missbrauch die Türen öffnet.


· Wir behalten uns eine Beurteilung darüber, was man unter „politische Betätigungen, welche die nationale Sicherheit bedrohen“ versteht, vor. Das ist schwierig zu beurteilen, da es all zu oft eher eine Unannehmlichkeit ist statt eine echte Bedrohung, die aus politischen Gründen Anlass für ein Einschreiten gibt.

· Die vorgeschlagenen Befugnisse zur Durchführung von Ermittlungen scheinen alle vorhandenen Befugnisse der Polizei in Hongkong bei weitem zu übertreffen. Wir bezweifeln, dass zur Durchführung von Ermittlungen derartige Ermächtigungen notwendig sind.

· Der Vorschlag, den Sicherheitsminister zu ermächtigen, Organisationen zu verbieten, die im Festland mit der Begründung der nationalen Sicherheit verboten sind, scheint den chinesischen Behörden einen beträchtlichen Stellenwert im Strafgesetz der HKSAR zu verschaffen. Es ist wichtig, dass der Unterschied zwischen der SAR (Anm.d.R.: Sonderverwaltungsregion) und dem Festland nicht verwischt wird.


Zusammenfassend akzeptiert die Britische Kammer voll und ganz, dass die SAR- Regierung darauf verwiesen ist, in dieser Sache Gesetze zu erlassen. Jedoch glauben wir, dass Hongkongs Stärke in seinem Respekt gegenüber dem Rechtssystem sowie den grundlegenden Rechten und Freiheiten, liegt. Wenn die Regierung den Wunsch hat, Asiens Weltstadt zu werden, dann muss sie zusichern, dass die Rechte und Freiheiten (wie in der Vereinigungserklärung und im Grundgesetz umrissen) geschützt werden, das Rechtssystem intakt und das „Ein Land, zwei Systeme“ - Prinzip aufrechterhalten bleibt. Wenn sie das nicht tut, würde das Hongkong zu einem bei weitem unbeliebteren Ort für internationale Geschäfte machen, allein aufgrund deshalb, weil es seine regionale und nationale Einzigartigkeit verlieren wird.“

Hochachtungsvoll

Norman Lyle, Vorsitzender
Britische Handelskammer