Anmaßend: Jiang Zemins Diktatur auf deutschem Boden (mit Video)

Chinesische Verhältnisse beim Staatsbesuch in Deutschland

Der chinesische Staatspräsident Jiang Zemin, diese Woche zu Gast in Deutschland, ist ein merkwürdiger Mann. Immer, wenn sein Auge der Farbe gelb gewahr wird, dann sieht er rot. Gelb ist die Kleidung der Falun-Gong-Anhänger. Und rot sieht er deshalb, weil der Kommunist keine Art von Opposition duldet. So weit so schlecht. Selbst auf deutschem Boden hat das chinesische Protokoll alles unternommen, um seinen Staatschef abzuschirmen. Aus Peking ist unser Korrespondent Stefan Nieman das gewohnt. Aber hier? Ein starkes Stück.

Ganz Goslar haben sie heute vergittert und vergattert. Brave Bürger im Visier, Scharfschützen das Gewehr im Anschlag. Ausnahmezustand im sonst so beschaulichen Harz-Städtchen, denn es kam der Rote Kaiser aus dem Reich der Mitte. Nichts sollte das Auge des Jiang Zemin beleidigen, nichts sein so empfindliches Gemüt bedrücken. In der ersten Reihe deshalb bestellte Jubler mit Winkelementen, ganz wie zu Hause. Niemand sonst durfte Chinas Nummer Eins zu nahe kommen, aus Angst vor Protesten. Als einen Platz Himmlischen Friedens erlebten die Chinesen Goslar, gespenstisch fand’s der Gastgeber:

Sigmar Gabriel, SPD, Ministerpräsident von Niedersachsen: "Wir haben das zu akzeptieren. Das ist Sicherheitsstufe eins, die wir aus Berlin vorgegeben bekommen. Ich muss Ihnen sagen, auf mich wirkt das befremdlich."

Ein Heer von Uniformierten gestern in Dresden. Chinas Staats- und Parteichef erlebte Deutschland menschenleer, weil er es genau so wollte und ohne Abschirmung das Volk fürchtet. Asiens mächtigster Mann verkroch sich vor der "gelben Gefahr". Anhänger der in China verbotenen "Falun Gong"-Bewegung demonstrieren friedlich gegen Verfolgung und Misshandlung in ihrer Heimat. Tibet-Aktivisten fordern ein Ende der chinesischen Repression. Dann Bilder wie aus der autoritären Volksrepublik: Polizisten machen dem Protest ein Ende, drängen die Demonstranten ab. Der Staatsgast soll nicht durch Parolen gestört werden. Unvergessen der Skandal, als vor Jahren Chinas Ministerpräsident Li Peng einen Deutschlandbesuch wutschnaubend abbrach, weil er Proteste als Gesichtsverlust empfand. Doch die Bundesregierung fand heute nicht, dass sie Jiang Zemins Sicherheitsbedürfnis zu sehr entgegengekommen sei.

Uwe-Karsten Heye, Regierungssprecher: "Es hat Demonstrationen gegeben, und in diesem Lande ist jeder frei, sich entlang und innerhalb des gesetzlichen Rahmens frei zu äußern und zu demonstrieren. Ich denke, dass das BKA wie üblich einbezogen war, um die Vorbereitung für diesen Besuch zu treffen. Aber das war völlig im Rahmen des Normalen und des Selbstverständlichen."

Wirklich im Rahmen des Normalen? Jubeln erlaubt, protestieren verboten. Dieses Deutschland-Bild vermittelten die Gastgeber beim Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs, Ob bewusst oder unfreiwillig. Eine vereinzelte Anhängerin der "Falun Gong"-Bewegung wird in Dresden rüde vor Jiang Zemins Hotel weggezerrt. So machen sie es auch im Polizeistaat China.

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Video: http://www.tagesschau.de/styles/container/video/style_video_real_smil_cover/0,2162,698052,00.ram

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