Menschenrechte: China: Vereinte Nationen verpaßten zu handeln

GENF, 10. April: Bei der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen entgeht China in diesem Jahr wieder der Prüfung des Berichtes zur Lage der Menschenrechte in China. Und das gerade zu einer Zeit, in der die Misshandlungen zunehmen, wie "Human Rights Watch" (HRW) heute sagte. Heute verstrich der letzte Termin, zu dem Delegationen Resolutionen einbringen konnten, um ein spezielles Land wegen Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen.

Im Journal "Human Rights Watch Backgrounder" schreibt im Februar 2002 Reed Brody, der Direktor der "Human Rights Watch": "Der Mißerfolg der China-Resolution ist ein diplomatisches Fiasko", "Der Bericht zur Lage der Menschenrechte in China könnte nicht klarer sein, und die Mitglieder der Kommission sollten sehr in Sorge sein."

Seit 1990 ist dies erst das zweite Mal, dass in Genf keine China-Resolution durch die Europäische Gemeinschaft oder die Vereinigten Staaten eingebracht wurde. 1995 wurde eine China-Resolution mit einer Stimme Mehrheit angenommen, und seitdem hat die chinesische Regierung energisch ihren Einfluß spielen lassen, damit nicht irgendwelche Resolutionen auf der Tagesordnung landen.

Dieses Jahr schienen weder die USA noch die EU dem keine so hohe Priorität beizumessen, dass China auf die Tagesordnung der Kommission gesetzt würde.

Für das heutige Debakel kritisierte "Human Rights Watch" vor allem die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedsstaaten. Am 11. März 2002 trafen sich die EU-Außenminister in Brüssel und bekundeten ihre Sorge über die "mangelnde Einhaltung der Menschenrechte in China, einschließlich der Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit". Die EU lehnte es ab, eine China-Resolution zu unterstützen, ließ aber die Möglichkeit offen, dass einzelne EU-Mitgliedsstaaten eine Maßnahme unterstützen. Aber keines der EU-Länder unternahm etwas. Die Bush-Administration bekundete ihr Interesse, eine Resolution zu unterstützen, wenn eine eingebracht würde, aber ohne einen Sitz in der Kommission dieses Jahr konnte die USA nicht selbst eine Resolution einbringen.

In April 2001 hatte China eine derartige Resolution, die von den USA unterstützt wurde, durch ein verfahrensrechtliches Vorgehen verhindert, bei dem mit einem "no action" gegen die Resolution votiert wird. Hierbei muss zuerst darüber abgestimmt werden, ob die Resolution zur Abstimmung vorgelegt wird (="action") oder nicht (= "no action"). Es wurde "no action" angenommen: dreiundzwanzig ja, siebzehn nein, 12 Enthaltungen, und eine Abwesenheit.

"Human Rights Watch" hat die Zunahme der Menschenrechtsverletzungen in China im Verlaufe des vergangenen Jahres dokumentiert. Die Situation verschlechterte sich auch durch die Sorge Beijings um Stabilität angesichts gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufruhres. China startete letzten April eine massive Anti-Kriminalitäts-Kampagne, die zu Tausenden von willkürlichen Verhaftungen und Hinrichtungen führte; dem Internet sind neue Beschränkungen auferlegt worden; Bemühungen, unabhängige Gewerkschaften zu organisieren, sind zunichte gemacht worden; und Beamte haben eine gründliche Niederschlagung von Falun Gong und anderen inoffiziellen religiösen Gruppen durchgeführt.