Sehr geehrte Frau Zhang Cuiying,
Sehr geehrte Damen und Herren,

als Bürgermeister der Stadt Göttingen darf ich Sie sehr herzlich in der Dorntze des Alten Rathaus begrüßen. Bereits zum 5. Mal ist die Stadt Göttingen gemeinsam mit Amnesty International Gastgeber für international renommierte Menschenrechtsverteidiger.

So waren seit 1995 als gem. Gäste von ai und der Stadt Göttingen
-- die Schwester des chinesischen Menschenrechtsverteidigers Wei Jingsheng, Wei Shanshan
-- die israelische Rechtsanwältin Felicia Langer, sie ging gegen Rechtsmissbräuche gegen Palästinenser vor
-- das iranische Intellektuelle Faraj Sarkouhi, wegen eines Aufrufs für die Freiheit des Wortes schon zum Tode verurteilt.

Heute begrüßen wir Sie, sehr geehrte Frau Zhang Cuiying sehr herzlich hier in Göttingen. Frau Zhang Cuiying ist Künstlerin, australische Staatsbürgerin chinesischer Herkunft und gehört zur internationalen Gemeinschaft der Falun Gong-Praktizierenden.

Die Präsidentin des Europäischen Parlaments wiederholte den Standpunkt des EU-Parlaments zur Unterdrückung von Falun Gong in China:

Vor kurzem schrieb die Präsidentin des EU-Parlaments, Nicole Fontaine, an den Falun Dafa Verein in Frankreich und wiederholte den Standpunkt des EU-Parlaments zur Unterdrückung Chinas von Falun Gong. Der Brief hat folgenden Wortlaut:

„…… das EU-Parlament hat dieses Problem mit großer Aufmerksamkeit bedacht. Als das EU-Parlament am 5. Juli die Resolution über internationale Menschenrechte verabschiedete, wiederholte es nochmals seinen Appell an alle Länder, friedliche Religionsgemeinschaft oder ideologische Minderheitsgruppen nicht zu unterdrücken, insbesondere soll China die Verfolgung von Falun Gong beenden. ……“

Ich gebe zu, dass ich bisher wenig über Falun Gong und über die brutale Unterdrückung von Falun Gong in China gewusst habe.

Wenn eine spirituelle Bewegung, wenn ein buddhistischer Kultivierungsweg Körper und Geist durch fünf harmonische Übungen der Praktizierenden im Alltag zu den Grundprinzipien von Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht führen will, so erscheint das Vorgehen der chinesischen Führung kaum vorstellbar: Sie berichten von 50.000 Menschen, die inhaftiert seien, von 10.000 in Zwangsarbeitslagern und über 300, die zu Tode gefoltert wurden. China, ein Land, das 2008 die olympischen Spiele ausrichten will, dessen Präsident Jiang Zemin Niedersachsens Vertretern am kommenden Freitag zu einem Abendessen in der Goslarer Kaiserplatz empfangen wird.
Was befürchtet die chinesische Führung, dass sie eine solche Massenverfolgung einer spirituellen Bewegung besonders seit 1999 betreibt?

Berichte über die Verletzung von Menschenrechten finden zur Zeit gar nicht die Beachtung, die notwendig wäre. Zu viele Meldungen über Krieg, Gewalt und Katastrophen beherrschen die Medien. Dabei wird übersehen, dass vielfach die Gewalt und der Terror erst aus der Nichtbeachtung von Menschenrechten entstehen.
Vielleicht können wir heute einen bescheidenen Beitrag dazu leisten, dass dieser Zusammenhang deutlicher wird.

Wir haben das große Glück, dass seit 1949 Artikel 4 des Grundgesetzes die Freiheit des Glaubens, die Freiheit des Gewissens, die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und des weltanschauliches Bekenntnisses in unserer Verfassung garantiert.

Wir haben uns daran gewöhnt, es ist uns selbstverständlich geworden, obwohl wir vor 1945 ganz andere Zeiten kennen gelernt hatten.
Ich finde, wir haben nicht nur einen besonderen Grund dankbar zu sein, sondern auch eine besondere Verpflichtung, auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen.

Menschrechte und auch unsere demokratische Ordnung sind keine Selbstverständlichkeit, sondern weltweit eher die Ausnahme. Daher brauchen wir auch eine Diskussion über Werte, eine Besinnung auf die Werte, die unsere Gesellschaft leiten sollen, was die Grundrechte unserer demokratischen Ordnung ist.

Menschenwürde und Religionsfreiheit, Toleranz und Gleichberechtigung gehören dazu, aber auch Werte wie Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht, wie sie Falun Gong vertritt.

Ihrem Anliegen wünsche ich offene Ohren, offene Herzen und viel Erfolg!