Krise in Changchun - Die Lage spitzt sich zu

Die Lage in der Stadt ähnelt mehr und mehr einem Belagerungszustand

5. April 2002 (Falun Gong Informationszentrum). Anwohner von Polizeistationen außerhalb von Changchun berichten von qualvollen Schreien Gefolterter, andere von in Polizeistationen zu Tode Geprügelten. Laut verschiedenen Augenzeugen wurden Menschen aus den Fenstern hoher Stockwerke geworfen und starben. Andere Quellen belegen Dutzende Todesfälle und sofortigen Verbrennungen, wahrscheinlich sind es weit mehr als hundert. Mehr als 5.000 Menschen wurden als mutmaßliche Falun Gong-Praktizierende seit dem 5. März festgenommen. All diese unterschiedlichen Informationen zeichnen ein unheilvolles Bild. Durch die restriktive Nachrichtenpolitik in der VR China blieb bisher vieles unbekannt, was sich z. Zt. in Changchun, der Hauptstadt der Provinz Jilin, im Nordosten Chinas ereignet.

Was wissen wir bisher?

Sowohl die nackten Zahlen als auch die entsetzlichen Einzelschicksale werden nach und nach bekannt, Mosaiksteine in einem Horrorszenario. Es ist nicht so einfach, in China Nachrichten unter Verschluss zu halten, so wie zu Zeiten des „Großen Sprungs nach vorne“, der Kulturrevolution oder des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989, also vor erst 13 Jahren. Nach und nach wird das Bild von Changchun klare Umrisse gewinnen. Noch aber bleibt der Zugriff auf die Informationen über das, was in und um Changchun passiert, blockiert.

Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass das Kabelfernsehen in Changchun am 5. März etwa 50 Minuten lang ein Programm mit den Tatsachen entsprechenden Informationen über Falun Gong ausstrahlte, nachdem Praktizierende das Sendesignal anzapften (sie „übernahmen“ die Station also nicht, wie es in manchen Berichten hieß; sie gebrauchten auch keinerlei Gewalt).

Einer der gesendeten Berichte war eine Zeitlupen-Analyse der Sendung über die Selbstverbrennung auf dem Platz des Himmlischen Friedens am 23. Januar 2001, die seinerzeit von offizieller Seite ununterbrochen nach diesem Ereignis gesendet worden war. Die jetzt gesendete Analyse ließ bei der Bevölkerung ernsthafte Zweifel an der Version der Regierung aufkommen und belegt in verschiedenen Punkten deutlich, dass diese Selbstverbrennung ein inszeniertes Täuschungsmanöver vom Jiang Zemin Regime war.

Seitdem durch die Fernsehsendung die Wahrheit über diese Selbstverbrennung bekannt wurde, herrscht in den höchsten Regierungskreisen des kommunistischen Regimes die blanke Angst. Jiang Zemin befahl augenblicklich „Töten ohne Gnade“ für diejenigen, die für das Anzapfen des Sendesignals verantwortlich gemacht werden. Sicherheitskräfte und Polizei wurden umgehend in Changchun zusammengezogen. Amnesty International beschreibt in einer „Urgent Action“ die Situation nach der Fernsehsendung in Changchun so: „[…]Seitdem hat die Polizei Berichten zufolge in der ganzen Stadt Kontrollpunkte errichtet, an denen sich Personen ausweisen müssen […]“ und fährt fort: „[…] amnesty international befürchtet, dass sie (die Praktizierenden) in ernster Gefahr sind, misshandelt oder gefoltert zu werden […].“ AI hat, ebenso wie Human Rights Watch, das Wall Street Journal und andere Beobachter, massive in der Vergangenheit begangene Misshandlungen dokumentiert. Die bestätigte Anzahl der Todesopfer in dieser weitreichenden Verfolgungs-Kampagne hat sich vor dieser neuesten Fangnetz-Aktion in kurzer Zeit auf über 400 erhöht.

Was zeigen uns die Ereignisse in Changchun?

Diese Aktion in Changchun hat unabsichtlich eine der vielen Unwahrheiten des Jiang Zemin Regimes offenbart: wenn Falun Gong tatsächlich nahezu ausgelöscht wäre, wie die Regierung behauptet, und landesweit nur einige tausend „hartgesottene“ Praktizierende übrig geblieben wären, warum sollten Tausende von Polizisten nötig sein, um die Praktizierenden in einer Stadt zusammenzutreiben? Und welche Position hat Jiang Zemin, wenn er schon auf eine kaum 50-minütige Sendung im Kabelfernsehen so reagieren lässt, als stehe der ganzen Stadt eine Invasion bevor? Warum hat diese relativ harmlose Aktion den Führer der chinesischen Kommunistischen Partei dermaßen in Wut versetzt?

Immer mehr Menschen außerhalb Chinas praktizieren Falun Gong; es ist bereits in mehr als 50 Ländern verbreitet, die Bücher sind in über 25 Sprachen übersetzt. Für viele Menschen ist Falun Gong ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. Diese Menschen beobachten seit drei Jahren die Verfolgungskampagne gegen Falun Gong in China; sie haben sich mit Regierungen und Medien in Verbindung gesetzt, damit die im Zusammenhang mit der Verfolgung begangenen Verbrechen aufgedeckt und diese gegen die Grundsätze der chinesischen Verfassung verstoßende Verfolgung in China endlich beendet wird. Sie haben die tragischen Auswirkungen und die Motive von Jiang Zemin gründlich untersucht.

Sie alle wissen ganz genau, was die noch immer verworrenen Berichte über die Niederschlagung der Bewegung in dem einem Polizei-Staat ähnelnden Changchun bedeuten.
Es ist Jiang Zemins unerbittliches Vorhaben, die wahre Natur und das unglaubliche Ausmaß der Verfolgung zu verstecken, denn die gesamte Kampagne der letzten drei Jahre ist auf Lug und Trug aufgebaut und bezeugt lediglich seine Angst, die Macht zu verlieren. In der Tat argumentieren viele Analytiker, dass die Verfolgung wenig oder gar nichts mit der eigentlichen Natur von Falun Gong zu tun hat, sondern von Jiang Zemin nur benutzt wird, um seine eigene Macht zu sichern. Wenn nun die überraschend auf den Kabelkanälen gesendeten wahren Berichte über Falun Gong der Bevölkerung diese Zusammenhänge offenbaren, ist zu verstehen, warum Jiang die Stadt Changchun annähernd in einen Polizei-Staat umgewandelt hat.

Die jüngsten Nachrichten von Changchun

Am 31. März hat die Polizei in Changchun eine Erklärung herausgegeben, in der es heißt, die 5.000 Festgenommenen hätten nunmehr „einen gemeinsamen Selbstmord geplant“. In vielen vorangehenden, überprüften Fällen deklarierte die Polizei Todesfälle in ihren Einrichtungen, die von brutaler Folter herrührten, als Selbstmord; häufig widersprachen Augenzeugen diesen Aussagen. Dies entspricht auch einer angeblichen Anweisung Jiang Zemins, die gestattet, dass jede Art von Töten eines Praktizierenden als Selbstmord bezeichnet werden darf. Die Erklärung vom 31. März kann allerdings kaum erklären, wie 5.000 Menschen, die getrennt in unterschiedlichen Einrichtungen über die ganze Hauptstadt verteilt sind und unter fortwährender Bewachung stehen, irgendetwas gemeinsam planen können, geschweige denn einen „Massenselbstmord“. Die einzig möglichen Motive für eine solche Erklärung seitens der Polizei könnten entweder die weitere Diffamierung von Falun Gong und/oder der Vorbote für einen zu erwartenden Bericht über eine besonders hohe Anzahl von Toten unter den Inhaftierten sein.

Berichte vom 1. April deuten darauf hin, dass die leitenden Beamten in der Provinz Jilin und in Changchun ihr Amt verlieren, sollte eine weitere ähnliche Sendung via Kabelfernsehen stattfinden und dass Polizeibeamte, die ihre „Festnahme-Quote“ nicht erfüllen, mitsamt ihren Vorgesetzten entlassen werden. Solche Drohungen sind ein üblicher Weg von Jiang, Forderungen an Beamte zu stellen und dies zeigt deutlich, dass die Opfer der Verfolgung auch weit außerhalb der Kreise von Falun Gong-Praktizierenden zu finden sind.

Am 1. April hieß es ebenfalls, dass wegen der Unterbrechung des Kabelfernsehens am 5.März 18 Personen angeklagt wurden. Es wurde noch nicht bestätigt, ob sie gefoltert wurden, um ein Eingeständnis abzulegen, ob die Polizei sie in Verzweiflung gefasst hat oder wer sie genau sind. Wir haben die Namen von fünf Personen: Liang Zhun Xin, Zhou Ren Jun, Zhao Jian, Liu Chen Jun und Yun Qing Bin.

Laut Insiderquellen hat Jiang Zemin für die zwei Frauen, von denen es heißt, sie seien für das Anzapfen des Kabelkanals in Changchun verantwortlich, die Todesstrafe befohlen. Wenn man sieht, dass sie auf diesem Weg die Öffentlichkeit ganz einfach die Wahrheit haben wissen lassen und welchen Preis sie dafür bezahlen, so erkennt man das große Mitgefühl für ihre Mitbürger und ihre Nachsicht auch noch angesichts des unvermeidbaren Terrors, der über sie hereinbrechen würde. Dies sind die Prinzipien, die sich innerhalb der chinesischen Landesgrenzen und über China hinaus weiter entfalten werden.

Wir müssen handeln, wir können nicht schweigen

Kurz nachdem die Nachrichten über die Unterbrechung des Kabelfernsehens in Changchun bekannt wurden, versammelten sich in Genf vor den Vereinten Nationen über 1.000 Praktizierende und Unterstützer zu einer friedlichen Mahnwache, während gerade die alljährliche Menschenrechts-Kommission tagte. In zahlreichen Städten Australiens, Asiens, Europas und Nordamerikas kam es zu Hungerstreiks, Kerzenlicht-Mahnwachen und stiller öffentlicher Präsenz, und es wurde sofortiges Handeln zum Schutz derjenigen gefordert, die sich unter schwerer Verfolgung in Changchun Stadt befinden. Außerdem wurde vor der New Yorker Stadthalle eine Pressekonferenz abgehalten, bei der Regierungsbeamte der Stadt an die Öffentlichkeit gingen, um die Verfolgung von Falun Gong zu verurteilen und ihre Beendigung zu fordern.

Dies ist nur der Anfang

Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht werden erscheinen und mit ihnen zusammen die nackten Zahlen und die vielen einzelnen Geschichten, die bei der Niederschlagung in Changchun das Augenmerk auf sich ziehen werden.

Wir dürfen nicht wegsehen. Wir müssen handeln, jetzt.