GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER PRESSEERKLÄRUNG: Gesellschaft für bedrohte Völker stellt Strafanzeige gegen chinesischen Staatspräsidenten

Jiang Zemin in Berlin erwartet
Gesellschaft für bedrohte Völker stellt Strafanzeige gegen chinesischen Staatspräsidenten

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat gegen den chinesischen Staatspräsidenten Jiang Zemin beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe am Montag Strafanzeige gestellt. Die internationale Menschenrechtsorganisation wirft dem Politiker Körperverletzung mit Todesfolge in vier Fällen sowie gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung in drei Fällen vor. In der siebenseitigen Anzeige werden erschütternde Schicksale von Folteropfern - Falun Gong-Anhänger, Uiguren und Tibeter - dargelegt, die in Polizeigewahrsam schwer misshandelt wurden. Vier dieser sieben Gefangenen starben infolge der in Haft erlittenen Folter, zwei trugen bleibende körperliche Schäden davon. "Obwohl China das "Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe" am 4. Oktober 1988 ratifiziert hat, wird es mit Wissen der chinesischen Behörden regelmäßig gebrochen", kritisierte der GfbV- Generalsekretär Tilman Zülch. "Wir erwarten, dass der Generalbundesanwalt unsere Anzeige ernst nimmt. Die Anti-Folterkonvention ist ein zwischenstaatliches Abkommen. Wenn es gebrochen wird, gilt in Deutschland deutsches Strafrecht unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Täter und Opfer." Jiang Zemin soll am Montag zu einem sechstägigen Staatsbesuch in Berlin eintreffen.

Immunität als Staatsoberhaupt könne Jiang Zemin nicht beanspruchen, ziehe man die Rechtsprechung des UN-Kriegsverbrechertribunals für Ex-Jugoslawien hinzu, sagte Zülch Demzufolge können Personen, die für völkerrechtliche Verbrechen verantwortlich sind, weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene Immunität beanspruchen. Zudem sei allgemein anerkannt, dass für Folter das Weltrechtsprinzip Anwendung finde. Das Urteil des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag, das Mitte Februar den belgischen Haftbefehl gegen den Ex-Außenminister des Kongo aufhob und dem Politiker Immunität zusprach, sei unter Völkerrechtlern umstritten und bedeute für die Menschenrechte einen gravierenden Rückschritt, sollten sich auch deutsche Gerichte darauf berufen.

In chinesischem Polizeigewahrsam, Gefängnissen und Arbeitslagern werde gefoltert, um vermeintliche Geständnisse zu erzwingen, Gefangene zu demütigen und nachhaltig in ihrer Gesundheit zu schädigen. Das Wachpersonal werde dafür nicht bestraft, heißt es in der Anzeige der GfbV. Unter den Gewissensgefangenen in China seien Todesfälle aufgrund von Folter besonders zahlreich unter Falun Gong-Praktizierenden, Tibetern und Uiguren, sagte Zülch. Seit dem Verbot der Meditationsbewegung im Juli 1999 seien mindestens 170 Falun Gong-Anhänger in Gewahrsam der Polizei oder in Lagern umgekommen. Mindestens die Hälfte aller Todesfälle ereignete sich innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Festnahme.

Mehr als 280 Uiguren seien seit 1997 in Schnellverfahren zum Tode verurteilt und hingerichtet worden. Die meisten ihrer "Geständnisse" seien unter Folter erzwungen worden. Das Komitee der Vereinten Nationen gegen Folter mahne seit 1993 kontinuierlich entschiedene Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Durchsetzung des Folterverbotes an. In einer vom Nationalen Volkskongress der Volksrepublik China im September 2000 in Auftrag gegebenen unabhängigen Studie über Folter in sechs Provinzen seien 221 Fälle von durch Folter erzwungenen Geständnissen dokumentiert worden. In 21 Fällen seien die Gefolterten an den Folgen der Misshandlungen gestorben.