Göttliches Denken - menschliches Denken

Seit unserer letzten Erfahrungsaustausch- Konferenz in Boston sind schon 14 Monate vergangen. Wenn ich mir im Rückblick den Weg ansehe, den meine Kultivierung seitdem genommen hat, so sind es keine erstaunlichen Begebenheiten, die aus mir herauskommen, keine erinnernswerten Xingxing-Konflikte oder Prüfungen. Stattdessen fand ich heraus, dass ich kleine Durchbrüche erzielte jedes Mal, wenn ich zu einem ganz kleinen besseren Verständnis kam.

Der Unterschied zwischen gewöhnlichem menschlichen Denken und göttlichem Denken war für mich immer sehr verschwommen. Ich hatte eine Menge Erfahrungen mit menschlichem Denken; aber es war mir nie möglich, zu einer Bestimmung von göttlichem Denken zu kommen. Das Einzige, was ich tun konnte, war, mein menschliches Denken auf eine höhere Ebene zu erheben und dadurch auf göttliches Denken zu schließen. Mit anderen Worten: Ich dachte immer noch menschlich und nicht wie ein Buddha, Tao oder Gott. Im Nachhinein kann ich sehen, dass es ein Effekt, ein Beispiel dafür war, was Meister Li in „Der Weg zur Vollendung“ beschrieben hat als „wunderschöne Träume und Wünsche.“ Statt eines wirklichen Verständnisses des göttlichen Denkens hatte ich nur eine Vorstellung. Aber nicht nur das, diese Vorstellung war nur eine wesentliche Angewohnheit ein grundlegender Fehler von mir. So kam es, dass ich mich immer schwer im Gemüt und Herzen fühlte, wenn ich beim Fa-Lernen an das Thema Göttliches und menschliches Denken kam.

Als ich kürzlich beim Fa-Lernen war, dämmerte es mir plötzlich, dass die menschliche Denkweise direkt mit Angewohnheiten verbunden ist. Angewohnheiten sind ins menschliche Denken hineingebildet worden. Das war für mich der Schlüssel, der die Tür zu diesem Problem aufschließen konnte. Nur wenn wir unsere menschlichen Angewohnheiten ablegen, kann unser Denken göttlich werden. Nach meinem Verständnis entspringen die Angewohnheiten einem allgemeinen menschlichen Meer von Selbstsucht. Diese Angewohnheiten hindern uns daran, uns höhere Bereiche bewusst zu machen, in denen wir gleichzeitig existieren. Mit unseren fleischlichen Augen und körperlichen Sinnen nehmen wir uns selbst in unserer Umgebung als getrennt und verschieden von jedermann und allen Dingen wahr. Wir mögen einen vagen Glauben daran haben, dass unser Leben und unser Schicksal von unerkannten Mächten des Universums bestimmt sind; aber in unserem täglichen Dasein denken wir oft ganz hübsch, dass wir uns zuerst und vor allem um uns selbst zu kümmern haben, weil es ja sonst niemand tut. Eigeninteresse bestimmt praktisch jede Erscheinung unseres Lebens. Das ist keine eingebildete Behauptung. Wenn wir lange genug anhalten, um uns selbst innerlich zu prüfen, dann werden wir alle möglichen Arten Eigeninteressen bemerken. Von etwas so kleinem wie ein gewohnter Reflex, jemanden, der rechts von uns geht daran zu hindern, daß er vor uns geht bis hin zu großen Dingen wie das Leben der Ehefrau oder anderer Familienmitglieder zu bestimmen, damit sie in die Vorstellung passen, die wir von ihnen haben, all die „wunderschönen Träume und Wünsche“, die wir für uns selbst entwickelt haben –das ist alles da, wenn wir nur genau genug hinsehen.
Offensichtlich haben wir Dinge für uns selbst zu tun, nämlich unsern menschlichen Körper zu unterhalten und zu schützen. Das ist ja auch eine soziale Pflicht. Es wäre unverantwortlich, wenn wir von anderen erwarten würden, dass sie uns unterhalten, obgleich wir selbst dazu in der Lage wären und verfügbar sind, oder wenn wir z.B. unsere Körperpflege vernachlässigen würden, da das Dinge sind, die wir für uns selbst zu tun fähig sind. Aber genau unter dieser oberflächlichen Wirklichkeit gibt es eine größere Wirklichkeit unserer Verbundenheit mit allen lebenden Wesen um uns herum. Da ist die Wirklichkeit des Karma-Austauschs und des De-Austausches oder der Tugend zwischen den Menschenwesen. Da ist das große Prinzip, dass Böses bestraft und Gutes belohnt wird. Von einer höheren Warte aus gesehen ist Eigeninteresse ein großer Betrüger, der uns in Angewohnheiten gefangen hält; und Angewohnheiten sind das Fundament für menschliche Denkweise.

Ich möchte deutlich, machen, dass ich nicht das menschliche Denken kritisiere. Schließlich würde der menschliche Bereich nicht der menschliche Bereich sein, wenn alle Menschen wie Götter dächten. Aber für uns als Kultivierende ist das Ziel, in unseren göttlichen Zustand und unseren wirklichen Bereich zurückzukehren wo immer das sein mag. Unser einzigartiger Weg der Kultivierung geht in diese Richtung. Wenn wir versuchen, auf unserem Heimweg an unserem menschlichen Denken festzuhalten, dann wird es uns nie gelingen, die Heimat zu erreichen. Das kommt daher, dass etwas so Hohes und Edles wie die Rückkehr zu unserer ursprünglichen, göttlichen Natur übermenschlich ist und daher einen übermenschlichen sittlichen Maßstab als Führung benötigt. Das ist, was Meister Li in „Zhuan Falun“ sagt: „Das ist wie beim Schulbesuch: Wenn Du mit dem Lehrbuch der Grundschule an die Universität gehst, so bist Du doch noch immer ein Grundschüler.“

Laßt mich beschreiben, wie das Problem von menschlichem und göttlichem Denken meine Bemühungen in der Wahrheitserklärung beeinflusst hat. Vor etwa einem Jahr bildeten die Praktizierenden unseres großen Bostoner Raums eine Video-Arbeitsgruppe mit dem Ziel, die Wahrheit über die Verfolgung von Falun Gong wirkungsvoller an eine größtmögliche Zuschauerschaft zu verbreiten mit dem besonderen Anliegen, die Herzen und Gemüter von Millionen von Chinesen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Festlandes China zu erreichen.

Von Anfang an standen wir alle verschiedenen starken Lernproblemen gegenüber und wir mussten unsere visuellen, sprachlichen und technischen Fähigkeiten erweitern, um einen Film von hoher Qualität machen zu können. Die stärkste Herausforderung für uns war es vielleicht, zu lernen, im Team zusammen zu arbeiten. Normalerweise werden bei der Video-Aufbereitung viele Stunden damit verbracht, allein zu arbeiten, aber manchmal, mit zwei oder drei anderen zusammen, geschieht es leicht, dass man ganz in Anspruch genommen wird von dem vor uns liegenden Projekt. Es passiert auch leicht, dass man von seinen redaktionellen Ideen und Auswahlen besessen ist.

Diese Besessenheit kommt schnell zum Vorschein, wenn unsere Arbeitsgruppenmitglieder einzelne Filme wieder ansehen und kritisieren. Wiederholungszeit ist zweifellos bestimmt keine Zeit für zaghafte Herzen! Ich fand heraus, dass ich nicht annähernd so nachsichtig gegenüber anderer Leute Ideen und Äußerungen war, wie ich geglaubt hatte, zu sein. Es schien, als seien manche Erklärungen belanglos und dass manchmal kein Mensch wirklich verstand, was ich mit Begriffen, Ton und Bildern erreichen wollte. Ich bemerkte, dass ich versuchte, meine Gleichgestellten zu „erziehen“ und die Folge war dann oft, dass ich mich selbst zunichte machte. Jetzt sehe ich, dass diese Frustration entstand als direkte Folge persönlicher Bestrebung und Festhaltens an gewissen Vorstellungen, die ich verfolgte. Das sage ich nicht, um die Wichtigkeit persönlicher Auswahl und Beurteilung bei dieser Arbeit herabzusetzen, aber es war ganz offensichtlich, dass ich meine Denkweise ändern musste.

Ich beschloss, offener für die Vorschläge aller anderen zu sein und ihnen entsprechende Überlegungen einzuräumen. Ich merkte, dass manche von ihnen dadurch besser arbeiteten. Wenn ich ehrlich keine Verbesserung in einem Vorschlag finden konnte, so war ich immerhin fähig, ihm eine faire Überlegung einzuräumen. Manche der Vorschläge waren praktische Bemerkungen, die meine Videos ein bisschen besser und feiner machten.

Der Schlüssel ist, dass man sich klarmacht, dass die Botschaft, die man übermitteln will und die Zuschauer, denen man sie übermitteln will das Oberste in unserem Geist sein müsste. Was unsere Video-Arbeit von der Video-Arbeit in der gewöhnlichen Gesellschaft unterscheidet, ist, dass wir unsere Arbeit tun, um so viele Menschen wie möglich zu befähigen, Falun Gong und die Grundsätze Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Duldsamkeit kennen zu lernen. Mit unseren Anstrengungen ist kein Eigeninteresse und kein Geldgewinn verbunden. Also müssen wir uns klarmachen, dass unser menschliches Denken in Form unserer Angewohnheiten keinen Weg in unsere Videos findet.

Dank der Video-Rückblick-Sitzungen, die wir bei unseren Treffen machen, lernte ich, meine Angewohnheiten, die sich mir als einem geschäftlichen und handwerklichen Künstler im Laufe der Jahre gebildet hatten, abzulegen. Ich habe sogar gelernt, mich auf den lebendigen Austausch von Ideen und Ansichten zu freuen, an dem wir alle beteiligt sind. Noch wichtiger war, das etliche Praktizierende mir oftmals die Stärken und Schwächen meiner Videoarbeit aufzeigten und das ist etwas, was ich allein nicht hätte ausführen können.

Nun, da mein Verständnis von menschlichem und göttlichem Denken gewachsen ist, geht innerlich ein entsprechender Wandel vor. Dieser Wandel zeigt sich in größerer Ruhe, ein Gefühl stärkerer Konzentration und eine steigende Fähigkeit, mit meinen Mitpraktizierenden zusammen zu arbeiten. Ich halte das für eine direkte Folge davon, dass sich immer mehr von meinen Angewohnheiten davonstehlen. Es wird leichter, zu sehen, was wirklich getan werden muß zu jedem möglichen Zeitpunkt, damit ich ein wirklicher Helfer bei der Fa-Richtigstellung sein kann. Ich arbeite ein bisschen mehr mit dem Herzen statt nur mit dem Verstand.

Aber es ist immer noch Platz für weitere Verbesserung. Neulich zeigte ich einigen Mitarbeiterinnen was meiner Ansicht nach wenig Bedeutung für uns habe. Wir besprachen diesen Zwischenfall während einer der gewöhnlichen Sitzungen des Video-Teams und wir kamen alle zu dem Schluß, dass wir uns irrten und wichtiger noch: Wie wir es in Zukunft besser machen könnten. Jedenfalls war ich bei diesem Treffen zu fix mit meiner Kritik und meinen Worten fehlte jedes Mitgefühl. Ich sprach mit kaum verhohlenem Ärger über diesen Fall. Mir war sofort klar, als die Worte aus meinem Mund kamen, dass dies für mich eine Prüfung der Sprachkultivierung ist und dass ich diese Prüfung nicht bestanden habe. Meine Wortwahl war dem Gegenstand nicht angemessen und an den Reaktionen, die ich bei einigen unserer Mitarbeiter erweckte, wusste ich sogleich, dass sie nicht den Lehren Meister Lis entsprachen: „Wann immer Ihr einem Problem begegnet solltet Ihr zuerst überlegen, ob andere mit dieser Sache zurechtkommen können oder ob sie davon verletzt werden.“ (Zhuan Falun“) Da kamen mir gleich schnell und scharf die Gewissensbisse.

Zum Schluss würde ich gern all meinen Mitpraktizierenden meinen Dank ausdrücken, die mir geholfen haben, meine Mängel zu erkennen und die ihr Verständnis mit mir geteilt habe, ob direkt oder indirekt! Ich sehe so wunderbare Wandlungen bei Euch allen: Es ist schwierig, das Gefühl zu beschreiben, das ich neulich hatte, als viele von uns in des Meisters Gegenwart zusammenkamen. Als ich mich in dem Raum umsah, wusste ich, dass dies wahrhaftig eine Versammlung von zukünftigen Buddhas, Taos und Göttern war.