Rolling Stone: Bowie Drummer glücklich wieder frei zu sein

20.06.2002 - [...] Der 38-jährige Musiker - ehemaliges Mitglied der Gruppe Duran Duran und Soul Asylum - war gerade unterwegs zu einem gefährlichen Auftritt, als er einen Anruf bekam. Es ging um eine Demonstration für Falun Gong auf dem Platz des Himmlischen Friedens.

Er ist einer der 59 Nordamerikaner und Europäer, die am 14. Februar Transparente entfalteten und ihre Stimme für die verbotene Bewegung einsetzten. Nach dem Mondkalender war dies mitten im chinesischen Neujahr. Campbell erzählt, dass er von der Pekinger Polizei in den 30 Stunden verhört und auch geschlagen wurde. [...]

Falun Gong, auch als Falun Dafa bekannt, ist eine uralte chinesische Übungs- und Meditationspraktik. [...]

Am Nachmittag des 14. Februar ging Campbell nach dem Sicherheitscheck auf den Platz des Himmlischen Friedens. Zu dieser Zeit hörte er die Rufe und Schritte jener Polizisten, die auf einen Freund mit einem Falun Gong Buch eingeschlagen hatten.

Er kam mit anderen in einen Wagen und wurde zu einer Polizeistation gebracht. „Sie versuchten unsere Gesichter zu verbergen“, erzählt er. „Sie wollten nicht, dass irgendjemand mitbekommt, dass wir westliche Ausländer sind.“

Laut Campbell drückten ihn die Beamten in der Polizeistation an die Wand und forderten seinen Ausweis, der in seinem Hotelzimmer lag. „Man kann gegen solche Menschen nicht ankommen,“ erinnerte er sich, „die waren total programmiert.“

Der Musiker beschreibt, wie er im Flur, weil er nicht kooperierte, geschlagen und getreten wurde. Er erzählt, dass einige Demonstranten, auch Frauen, in ein Zimmer geschleppt wurden und dort geschlagen wurden. 1 ½ Stunden später wurde die Gruppe in ein anonymes Gebäude gebracht, das von außen wie ein Hotel schien. Hier ging die Misshandlung bis zum nächsten Tag weiter.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas einmal machen würde,“ sagt Campbell. „Ich bin nicht an Politik interessiert - in keinster Weise.“ Er begann vor 4 Jahren Falun Gong zu üben und glaubt, dass es ihm hilft, den Ausgleich zum Rock zu finden. „ Man kann es sich ja ausmalen, wie es in der Musikszene ist,“ sagt er - Drogen, Alkohol, zwei Schachteln Zigaretten am Tag. Er machte den Trip aus Solidarität zu den verfolgten Falun Gong Anhängern in China.

[...] Im Juli 1999 verbot die chinesische Regierung die Gruppe, nachdem ca. 10.000 Menschen demonstrierten. Tausende von chinesischen Praktizierenden wurden inhaftiert. Laut Menschenrechtsorganisationen befinden sich Falun Gong Anhänger in einer Notlage - Umerziehungslager, körperliche und geistige Misshandlungen, und sogar dem Tod stehen sie gegenüber. Das Falun Dafa Informationszentrum (www.faluninfo.net) zählt 422 Praktizierende, die durch die Folter der Polizei gestorben sind. Wenn man die nicht dokumentierten Fälle dazu zählt, sind es mehr als 1.600 Todesopfer.

Campbell sagt, er wurde noch nie offiziell verhaftet. Die Polizisten wollten ihm nicht sagen, warum sie ihn festnahmen, sondern antworteten auf seine Fragen, dass er seinen Mund halten solle oder sie ihn schlagen würden. Als er am nächsten Abend in den Flieger gesetzt wurde, waren die einzigen erkennbaren Wunden die blauen Flecken an seinen Armen.

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Während dieser schweren Zeit behielt er seltsamer Weise seine Ruhe und versuchte sich auf die Kidnapper einzulassen – viele davon beschrieb er als Kinder. „Die meiste Zeit,“ erzählt Campbell, „konnten sie einem nicht in die Augen schauen.“

Andere waren weniger zurückhaltend. Ein Beamter näherte sich Campbell, einem Afroamerikaner, und sagte wiederholt: „Magst du Michael Jordan? Magst du Michael Jordan?“

Der unwirklichste Moment kam in der Haft während einer Pause, als ein junger Polizist den Fernseher einschaltete. Er wählte einen Musiksender. Es lief das Video „Freedom“, von Paul McCartney, mit Untertitel auf Mandarin.

Für den inhaftierten Rockmusiker war das unmittelbare Ironie. „Ich stand auf und sagte: Lies diesen Text!“ erzählt er. „Verstehst du, was er bedeutet?“