Rheinischer Merkur, 16.05.2002: CHINA / Katholiken im Untergrund - Haft und Folter

Die chinesische Regierung ist offenbar nicht bereit, ihr hartes Vorgehen gegen die romtreue katholische Untergrundkirche, ihre rund 50 Bischöfe, 1000 Priester und vermutlich zehn Millionen Gläubige zu mildern. Jüngstes Beispiel: In dem rund 200 Kilometer südlich von Peking in der Provinz Hebei gelegenen Dorf Xiao Zhao ließ die Polizei eine Kirche der katholischen Gemeinde demolieren. Das Grundstück für den Bau des Gotteshauses war von den örtlichen Behörden bereitgestellt worden. Sie hatten den Bau auch genehmigt. Deshalb vermuten die Gläubigen, dass der Abbruch von höherer Stelle befohlen worden war.
Am 11. April drangen rund 2000 Polizisten in das Dorf ein. Panzer des Militärs rissen die Mauern des Gotteshauses nieder, die Fundamente wurden gesprengt. Die rund 700 Gläubigen mussten untätig und mit Tränen in den Augen zusehen. Das berichtete der vatikanische Missionsdienst Fides unter Berufung auf Augenzeugen. Die Kirche, mit deren Bau vor drei Jahren begonnen worden war, war zu einem Drittel fertig gestellt. Die Arbeiten sind aus Spenden in Höhe von 60000 US-Dollar finanziert worden.

Der 66-jährige Bischof Jia Zhiguo, der die nichtoffizielle Diözese Zheng Ding leitet, ist sehr engagiert und wurde mehrfach unter Hausarrest gestellt, zuletzt im März. Die Polizei hatte ihm auferlegt, während der Karwoche und der Osterzeit keine öffentlichen Messen zu zelebrieren. Vor zwei Jahren hatten internationale Menschenrechtsorganisationen darauf hingewiesen, dass in der südöstlichen Provinz Tschekiang mehr als 1500 Kirchen und Tempel zerstört worden sind. Die Regierung erlaubt Versammlungen von Gläubigen nur an offiziell beim Büro für religiöse Angelegenheiten gemeldeten Orten.

Von den Menschenrechtsorganisationen sind zahlreiche Beweise gesammelt worden, dass chinesische Christen, die an Gottesdiensten der nicht registrierten Untergrundkirche teilnehmen, verhaftet und gefoltert werden. Immer wieder werden auch Bischöfe verhaftet, nachdem sie bereits viele Jahre in Gefängnissen verbracht haben. Einige von ihnen sind seither vermisst. Auch tibetische Buddhisten, insbesondere Mönche, sind Opfer von Folter, weil ihnen falsche Geständnisse abgepresst werden sollen. China sieht vor allem in der Bewegung Falun-Gong eine staatsgefährdende Sekte und hat deswegen ein Sektengesetz erlassen, das nun auch gegenüber Christen und anderen Religionsgemeinschaften angewendet wird.

Papst Johannes Paul II. hat sich im Oktober 2001 in einem Schreiben an die Chinesen gewandt, um Religionsfreiheit für die katholische Kirche zu erlangen. Sein Bemühen scheiterte unter anderem an der Forderung Pekings, der Vatikan müsse seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrechen. Die von der kommunistischen Regierung abhängige "patriotische" Kirche in China, die ihre Bischöfe ohne Zustimmung Roms wählt, zählt rund vier Millionen Mitglieder. Die meisten von ihnen erkennen den Papst "als Leitfigur und Lehrer des universellen Glaubens" an, wie Kardinal Paul Shan Kuo-hsi (Taiwan), sagt. Eine Vereinigung von romtreuer Untergrundkirche und "patriotischer" Kirche wäre also unter geänderten politischen Vorzeichen durchaus möglich.

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