Rheinzeitung Andernach, 09.08.02: SOS-Tour für Freundin aus China

„SOS“ steht auf dem gelben T-Shirts, die vier jungen Frauen tragen. Genauso ist es gemeint: Sie bangen um das Leben von Xiong Wei, die in China inhaftiert ist.


ANDERNACH, Die Geschwister Caroline (22), Stefanie (17) und Johanna (13) Körper und ihre Gefährtin Christine Gäckler (31) wollen einen Notruf absetzen. Sie wissen, dass Xiong Wei (35), eine Freundin der Familie Körper, in ihrer chinesischen Heimat inhaftiert wurde. „Die einzige Chance, Xiong Wei zu helfen, ist Öffentlichkeit herzustellen“, erklärt Stefanie Körper.

Dafür nehmen die vier Strapazen auf sich. Per Fahrrad samt Anhänger sind sie derzeit von Heidelberg- wo die Schwestern wohnen- nach Bonn unterwegs. Sprechen Bürger und Politiker an, verteilen Info-Blätter und sammeln unter dem Briefkopf der „Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte“ Unterschriften. Jetzt machte das Quartett auch in Andernach Station und klopfte unangemeldet im Rathaus an. Mit Erfolg: Bürgermeister Franz Breil nahm sich Zeit und trug sich in die Liste ein.

Xiong Wei studierte von 1993 bis 1999 an der TU Berlin Wirtschaftsingenieurwesen. Nach einer Ausbildung zur Assistentin für China-Geschäfte bei einerdeutschen Firma zog sie im Auftrag ihres Arbeitgebers wieder nach China. Dort wurde ihr zum Verhängnis, dass sie Info-Material über die vom Staat verfolgte Falun Gong-Bewegung verteilte. Falun Gong, so betonen die vier Freundinnen, werde von der chinesischen Regierung als Sekte diffamiert, um die Bekämpfung zu legitimieren. Tatsächlich handele es sich um eine buddhistische „Entwicklungsmethode für Körper und Geist“, die aus einer Kombination von Qigong-Übungen und Meditation bestehe.

Abseits aller Ideologie bleibt die Tatsache, dass nach drei Jahren Verfolgung nachweislich 437 Anhänger der Bewegung unter der Folter starben. Mehr als 100 000 wurden festgenommen, 20 000 in Arbeitslagern interniert. Dieses Schicksal hat offenkundig auch Xiong Wei ereilt. Sie wurde zu anderthalb Jahren „Umerziehung durch Arbeit“ verurteilt.

Viele tausend Kilometer entfernt versuchen ihre deutschen Freundinnen, zu ihrer Befreiung beizutragen. Nach dem Stopp in Andernach und anderen Städten wollen sie ab heute zwei Tage lang Mahnwache gegenüber dem chinesischen Konsulat in Bonn halten. „Da standen wir schön öfter“, erklärten die vier, die es sich nicht in unserem Wohlstandsstaat bequem machen, sondern immer wieder auf die Zustände in nicht-demokratischen Ländern hinweisen. Im März demonstrierten sie zum Beispiel während der Genfer UNO- Menschenrechtskonferenz gegen Folter und Verfolgung.

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