Rüsten für neue SARS-Welle im Winter

(Clear Harmony) Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass SARS ein saisonaler Virus ist, der in Wellen zurückkehrt. «Wenn die nächste Welle wie befürchtet im Winter hochläuft, reaktivieren wir unser Krisenmanagement vom Frühjahr», sagt Stephan Buser, der für die Sicherheit der Chemiegruppe Ciba in Hongkong und Shanghai zuständig ist.

Als bei einem 27-jährigen Medizinstudenten in Singapur in diesem Monat der SARS-Virus festgestellt wurde, schrillten in ganz Asien die Alarmglocken: Kehrt das Schwere Akute Atemnotsyndrom nun zurück? Die Singapurer Börse fiel sofort um 2,6 Prozent, und an verschiedenen Flughäfen wurden die strengen Temperaturchecks wieder aufgenommen. Inzwischen ist der Mann außer Gefahr. Das Ganze war, beeilte sich die Klinik zu vermelden, ein Einzelfall, ein Unfall gar. Angeblich sei der Doktorand in dem mikrobiologischen Forschungslabor, in dem er arbeitet, aus Versehen mit dem Virus in Kontakt gekommen.

Dies ist allerdings unwahrscheinlich: Das letzte Mal war sechs Tage vor seinem Aufenthalt in dem Labor mit SARS-Viren gearbeitet worden. Nach heutigem Wissensstand überlebt der Coronavirus aber unter Laborbedingungen höchstens zwei Tage. Wo sich der Doktorand infiziert haben könnte, ist bis heute nicht geklärt. Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) gab dennoch schnell bekannt, der Fall sei "keine Bedrohung für die internationale Gesundheit".

Einen Tag später wurde in Hongkong ein weiterer Verdacht publik: Eine Gruppe von Patienten einer psychiatrischen Klinik zeigte angeblich Symptome. Auch dieser Verdacht ist inzwischen ausgeräumt, ebenso wie die nächste Hiobsbotschaft am vergangenen Freitag aus einem Hongkonger Altersheim. Dennoch bleibt die Sorge. Chinesische Zeitungen haben begonnen, die Menschen zu Hygiene zu ermahnen und Grippeimpfungen zu empfehlen. Arbeiter in grauen Uniformen besprühten täglich die Pekinger Bürgersteige mit Desinfektionsmittel.

In den Spitäler sind die Temperaturchecks wieder aufgenommen worden. Interne Quellen berichten über 100 SARS-Verdachtsfälle auf einer Bausstelle in der Nähe der Stadt Peking. Wie die chinesische Regierung in Sachen SARS vorgeht, ist seit dem Frühjahr weltweit bekannt geworden. Damals versuchten sie das wahre Ausmass mit allen Tricks zu verheimlichen. Die ersten SARS-Fälle sind im November in Südchina aufgetaucht, die chinesischen Behörden verheimlichte damals den Ausbruch der Epidemie. Erst als die Seuche sich weltweit verbreitete und unter Druck gaben die chinesischen Behörden die Informationen zögernd frei. In Peking wurden im Frühjahr SARS-Patienten heimlich verlegt, um sie der Kontrolle der WHO -Inspekteure zu entziehen, weil sie nicht in dem Bericht an die WHO aufgelistet waren.

Viele Forscher sind der Meinung, der SARS-Virus werde sich möglicherweise zum Wintereinbruch erneut ausbreiten. Außerdem stehen auf Chinas Märkten noch immer Zibetkatzen und andere wilde Tiere zum Verkauf - Tiere, die positiv auf den Virus getestet wurden und durchaus seine ursprüngliche Quelle sein könnten. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Virus einige Zeit weitergegeben werden kann, ohne dass Symptome wie trockener Husten oder Fieber auftreten. Doch sobald es kälter wird, könnte SARS wieder tödlich werden. Zahlreiche Viren verändern sich saisonal - auch Grippeviren werden im Winter gefährlicher.

Beim ersten SARS-Ausbruch, der erst im Juni offiziell für beendet erklärt wurde, hatten sich weltweit über 8400 Menschen mit dem Virus infiziert, 916 sind daran gestorben. Die Seuche verwandelte geschäftige Metropolen wie Singapur, Hongkong und Peking in Geisterstädte, zwang die Wirtschaft in die Knie und knipste den Tourismus in Ostasien für einige Zeit fast vollständig ganz aus.