Eine Geschichte über die Vergeltung der Sünden: Himmlische Gerechtigkeit sühnt Ermordung der Eltern

Als ich klein war hatte ich von älteren Menschen in China die folgende Geschichte gehört.

Als eines Tages sieben Bauern auf einem Ackerland mit ihrer Arbeit beschäftigt waren, zogen plötzlich dunkle Wolken am Himmel auf und es begann zu regnen. Die Männer legten ihre Arbeit nieder und liefen schnell nach Hause. Aber der Regen kam so unerwartet schnell, dass sie unterwegs in einen alten kaputten Tempel gingen, um sich unterzustellen. Es regnete zwar nicht stark, aber es donnerte und blitzte ununterbrochen – jedoch nur über dem alten Tempel.

Zunächst haben die dort Anwesenden nicht darauf geachtet. Aber als das Donnern und Blitzen über dem Tempel nach ungefähr einer Stunde immer noch nicht aufhören wollte, sagte der älteste unter den sieben Männern: „Das heißt, dass über einen von uns sieben Männern Donner und Blitz gekommen ist. Wenn Blitzschlag und Donnern über dem Tempel nicht aufhören, dann ist die himmlische Gerechtigkeit gekommen, um demjenigen unter uns das Leben zu nehmen, der Gräueltaten begangen hat.“ Die anderen sechs Männer jedoch beteuerten, dass sie sich nicht gegen den Himmel vergangen hätten und keine unmoralischen Taten verübt hätten. Deshalb fürchtete sich keiner vor einem Blitzschlag.

Somit fuhr der ältere Mann fort: „Wenn dies der Fall ist, dann lasst uns einzeln nacheinander hinaus gehen und einmal rund um den Tempel laufen. Danach kommt jeder wieder hinein.“

Alle waren damit einverstanden. So ging der Ratgeber zuerst allein aus dem Tempel, drehte eine Runde und kehrte wieder zurück. Alle machten ihm nach, bis auf einen jungen Mann mit dem Spitznamen „Erliuzi“ (übersetzt: Müßiggänger). Er wollte auf keinen Fall den Tempel verlassen. Trotzdem behauptete er, dass er sich nicht vor einem Blitzschlag fürchten würde, da er keine unmoralischen Taten begangen hätte.

Aber es donnerte und blitzte unaufhörlich weiter.

Die anderen jungen Bauern sagten: „Wir sind bereits alle draußen gewesen, jetzt bist du daran. Wenn du doch keine Angst hast, warum gehst du dann nicht einmal um den Tempel herum?“ Aber sie konnten sagen was sie wollten, Erliuzi ließ sich nicht überreden. Zum Schluss haben die blutjungen Männer halb aus Spaß, halb mit Ernst den Müßiggänger an den Armen und Beinen hochgehoben und aus dem Tempel getragen. Erliuzi befand sich kaum draußen vor dem Tempel, als ein kräftiger Blitz zu sehen war. Ein großer Flammenball hatte den Müßiggänger zu Boden geworfen.

Die Anwesenden waren ganz starr vor Schreck. Ein paar Minuten später waren Blitz, Donner und Regen vorbei und der Himmel war wieder klar. Alle Männer liefen schnell hinaus und sahen, dass Erliuzi schon längst tot war. Seine Kleider waren völlig zerrissen. Auf seinem Rücken standen ein paar undeutlich zu lesende chinesische Wörter: „Die himmlische Gerechtigkeit sühnt das Töten der Eltern.“

Einer der sechs Männer war ein Nachbar Erliuzis. Er erinnerte sich, dass die Eltern des Müßiggängers innerhalb von drei Tagen aus unbekanntem Grund gestorben waren. Aber Erliuzi hatte behauptet, sein Vater und seine Mutter seien an einer akuten Krankheit gestorben. Jetzt ist alles klar geworden. Erliuzi war sehr arm und konnte es sich finanziell nicht leisten, eine Frau zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen. Er hatte zwar viele Frauen kennen gelernt, aber da er weder ein Haus noch Geld besaß, wollte ihn keine heiraten. Deshalb hatte Erliuzi oft Streit mit seinen Eltern. Um in den Besitz des Elternhauses zu kommen, hatte Erliuzi, als er betrunken war, seinen Vater und seine Mutter ermordet. Danach wurde überall gesagt, dass seine Eltern an einer Krankheit gestorben seien. Die Beerdigung wurde auch schnell und einfach durchgeführt. Da Erliuzi nur wenig Verwandten hatte, gab es niemanden im Dorf, der zweifelte und sich darum kümmerte. Somit wurden alle Bewohner des Dorfes hinters Licht geführt. Aber den Himmel kann man nicht hintergehen und die Moral verletzen - schließlich wurde Erliuzi von einem Blitzschlag zu Tode getroffen und sein Leben hatte auf ungewöhnliche Weise ein Ende gefunden.