Frankfurter neue Presse: Über die Geschenke der IGfM freut sich keiner

Bergen-Enkheim. Weihnachten ist für Martin Lessenthin eine Zeit der Besinnlichkeit und der Reflexion. Und der Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hat sich besonnen auf das Schicksal von politischen Gefangenen und Verfolgten in 27 Ländern. Die Oberhäupter der einzelnen Staaten erhalten dieser Tage Weihnachtsgrüße der besonderen Art.
In festlich verschnürten Päckchen verschickt die IGFM, die 1972 in Frankfurt gegründet wurde und mittlerweile 35 000 Mitglieder zählt, schwarz bemalte Christbaumkugeln, die mit Ketten versehen wurden.

"Diese symbolischen Fußfesseln sollen die Machthaber an die Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land erinnern", erklärt Lessenthin, der sich von der Aktion zumindest in einigen Fällen eine Verbesserung der Haftbedingungen erhofft.

Wie schlimm die Situation der Gefangenen in Nigeria ist, darüber weiß Emmanuel Franklyn Ogbunwezeh zu berichten. Die Scharia, das islamische Recht, das in den nördlichen Bundesstaaten Nigerias angewandt wird, habe katastrophale Auswirkungen. Christenverfolgung, Kirchenbrandstiftung und drakonische Strafen seien an der Tagesordnung. "Viele Häftlinge, darunter auch Verkehrssünder, sitzen zehn oder zwölf Jahre im Gefängnis, ohne dass je ein Verfahren gegen sie eröffnet worden wäre", erzählt der Entwicklungsökonom.

In einem dem Weihnachtspäckchen beigelegten Brief fordert die IGFM den nigerianischen Präsidenten auf, politische Reformen einzuleiten und das in der Verfassung verankerte Recht auf Religionsfreiheit durchzusetzen. Ähnliche Denkanstöße, die auf die jeweilige Situation in den verschiedenen Ländern Bezug nehmen, gehen an Fidel Castro, den pakistanischen Präsident und den chinesischen Staatschef.

Peter Recknagel, der ehrenamtlich für die IGFM arbeitet, ist vom Verhalten der Bundesregierung gegenüber der chinesischen Führung enttäuscht. Das Thema Menschenrechte verstünde Bundeskanzler Gerhardt Schröder (SPD) keineswegs als Chefsache. "Schröder sieht sich für Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zuständig. Menschenrechte sollen, losgelöst von Wirtschaftsverhandlungen, im Rahmen des Rechtsstaatsdialoges besprochen werden", kritisiert der Sinologiestudent. Die repressiven Praktiken der chinesischen Polizei kennt Recknagel aus eigener Erfahrung. Bei einer friedlichen Versammlung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking, die ein Appell an die chinesische Regierung sein sollte, von der Verfolgung der Falun-Gong Anhänger abzusehen, wurde er im November 2001 festgenommen und verhört.

An der Weihnachtsaktion beteiligt ist auch die Werbeagentur "Michael Conrad und Leo Burnett", die nach eigenen Angaben regelmäßig ehrenamtliche Öffentlichkeitsarbeit für gemeinnützige Gruppen leistet. Die Idee, Christbaumkugeln zu Fußfesseln umzugestalten, entstand nach Gesprächen mit der IGFM. "Wir gehen immer wieder auf wohltätige Organisationen zu, und bieten ihnen an, Projekte zu entwickeln. Soziales Engagement ist uns wichtig", erklärt Creative Director Hans-Jürgen Kämmerer. Dass solcher Idealismus auch in den Köpfen von Staatsoberhäuptern etwas bewegen kann, dessen ist Martin Lessenthin sich sicher: "Für eine Umkehr ist es nie zu spät". (jul)


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