Chinesische Bürger bekommen ein klareres Verständnis über die offiziellen Medienberichte

Ich erinnere mich an einen Telefonanruf nach China in der letzten Woche, bei dem ich meiner Mutter erklärte, dass die SARS Epidemie sehr ernst ist. Ich erinnerte sie daran, vorsichtig zu sein, auch wenn die Regierung bereits viel von der wahren Situation offen gelegt hatte. Dennoch nahm sie nicht wirklich viel Notiz von dieser Information und sagte lediglich, sie würde mehr Nachrichten schauen und hören, was diese sagten.

Später schickte ich ihr viele Emails über die SARS Situation in China und wie man dagegen Vorsorge treffen könnte. Aus ihrer Antwort konnte ich entnehmen, dass ihr gar nicht wirklich bewusst war, wie ernsthaft die Situation wirklich ist. Eine ihrer Freundinnen von der Nationalen Überwachungsverwaltung für Pharmazeutika sagte ihr darüber hinaus, „Kein Grund zur Sorge. Die Chance sich mit SARS zu infizieren, ist niedriger, als in der Lotterie zu gewinnen.“ Also hatten sie sich auch weiterhin vorgenommen wie gewohnt ihre Freunde und Verwandten zu besuchen, einkaufen zu gehen und zu reisen, etc.. In den Augen meiner Mutter sollte man den offiziellen Berichten Glauben schenken. Sie dachte, die SARS Epidemie sei bereits völlig unter Kontrolle. Es schien so, als wenn SARS überhaupt nichts mit ihr zu tun hätte.

Als ich sie das letzte Mal anrief, hatte sich ihre Haltung jedoch völlig verändert. Sie sagte, sie sei wegen der offiziellen Nachrichten in den chinesischen Medien durcheinander. „Innerhalb nur einer Nacht haben sich die Nachrichten im Fernsehen total geändert! Heute sagen sie so, morgen so. So kann man das auf keinen Fall akzeptieren.“ Sie erzählte, dass alle ihre Kollegen sich ebenfalls beschweren würden. Sie fragte mich, ob die Berichte über SARS in China wahr seien und ob andere Länder daran glaubten. Ich antwortete ihr, dass ich es wirklich nicht wusste. Sie sagte sofort, ab jetzt wird kein Chinese mehr an die offiziellen Medienberichte glauben, die Regierung hat ihr Ansehen verloren. Ihre Freundin von der Nationalen Überwachungsverwaltung für Pharmazeutika hat ihre Einstellung zu SARS auch drastisch geändert, von anfänglicher Unbesorgtheit zu extremer Vorsicht. Sie sagte, sie sei sehr ärgerlich darüber, dass die Regierung die Situation hinsichtlich SARS vertuschte.

Meine Mutter erzählte weiter, dass sich die Menschen in ihrer Umgebung verändert hatten. Eine Freundin von ihr, die vor kurzem eine Privatklinik eröffnet hatte, verlor ihren Job, weil auf Anordnung der Regierung alle Privatkliniken geschlossen werden müssen. Darauf war ihre Freundin einfach nicht vorbereitet. Noch vor kurzem hatten die Menschen geglaubt, dass es SARS in China kaum gebe. Jetzt haben sie jedoch das Gefühl, SARS sei überall. Dieser plötzliche Wandel an Nachrichten hat eine große Panikwelle ausgelöst. Viele Bekannte meiner Mutter gehen kaum noch vor die Tür, nur noch um das Notwendigste zu besorgen. Nachdem sie alle das Gefühl haben, den Medien nicht glauben zu können, trifft jeder jetzt auf eigene Initiative Schutzmaßnahmen.

Meine Mutter erwähnte außerdem, dass die Bevölkerung jetzt durch diesen Vorfall ein klareres Verständnis darüber habe, was in den Chinesischen Nachrichten vorgehe. Die Menschen merkten, dass man den früheren Propagandanachrichten nicht mehr trauen kann. Dazu gehören beispielsweise die Berichte über den Irak-Krieg, die dazu genutzt wurden, eine anti-amerikanische Stimmung zu erzeugen. Sie sagte, „Nun lassen sich die Menschen nicht mehr zum Narren halten. Dieses Mal wachen sogar diejenigen auf, die sonst wenig scharfsinnig sind“.

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