Handelsblatt, 07.05.2003: Premier: Lage in Peking "ernst"

Motorola schließt Niederlassung

Aus Furcht vor der gefährlichen Lungenkrankheit SARS hat die berühmte Universität von Kalifornien in Berkeley Studienanfänger aus China, Taiwan, Singapur und Hongkong von der Teilnahme am Sommersemester ausgeschlossen. Derweil hat Chinas Regierungschef Wen Jiabao die Situation in Peking wegen des anhaltend starken Anstiegs neuer Erkrankungen mit der lebensgefährlichen Lungenkrankheit SARS als „ernst“ beschrieben. Auch am dienstag meldete China acht neue SARS-Opfer.

HB/dpa/rtr BERKELEY. Nach Beratungen mit Gesundheitsexperten habe man sich entschlossen, Einschreibungen von Studienanfängern aus diesen Gebieten nicht anzunehmen, teilte die Uni-Leitung in Berkeley am Montag auf ihrer Internetseite mit.

Studenten aus den von SARS besonders betroffenen asiatischen Gebieten, die die Elite-Uni östlich von San Francisco schon länger besuchen und nun nach einem Heimaturlaub zurückkehren, würden eingehend medizinisch befragt und für zehn Tage unter Beobachtung gestellt, hieß es.

In China besuchte Ministerpräsident Wen Jiabao nach amtlichen Angaben vom Dienstag das speziell für Patienten mit dem Schweren Akuten Atemwegssyndrom (SARS) neu aufgebaute Krankenlager Xiaotangshan nördlich von Peking. Jiabao warnte bei seinem Besuch des Xiaotangshan-Krankenhauses die Behörden davor, im Kampf gegen SARS nachzulassen. „Ein große Menge anstrengender Arbeit ist noch zu erledigen, um die Epidemie bald unter Kontrolle zu bringen“, sagte Jiabao.

China hat am Dienstag 138 neue Erkrankungen mit der lebensgefährlichen Lungenkrankheit SARS gemeldet. Erneut seien innerhalb eines Tages acht Menschen gestorben, berichtete das Gesundheitsministerium in Peking. Allein in der schwer betroffenen Hauptstadt kamen 70 neue SARS-Fälle hinzu, und vier Patienten starben am Schweren Akuten Atemwegssyndrom. Der Anstieg in Peking lag damit etwas unter dem bisherigen täglichen Durchschnitt von etwa hundert, doch war noch kein neuer Trend erkennbar.

Der Mobilfunkhersteller Motorola hat seine größte Vertretung in Peking geschlossen, nachdem ein Mitarbeiter an SARS erkrankt war. Rund 1000 Beschäftigte würden bis 12. Mai von zu Hause aus arbeiten, teilte das Unternehmen mit. Motorola ist der zweitgrößte Mobiltelefonhersteller weltweit und einer der größten Investoren in China.

Die chinesische Hauptstadt ist mit bisher 1900 SARS-Patienten das Zentrum der Krankheit in China. Täglich kommen im Durchschnitt mehr als hundert hinzu. Unter den Erkrankten seien auch 136 Schüler und Studenten sowie acht Kindergartenkinder, enthüllte der Sprecher der Stadtregierung, Cai Fuchao. 169 Erkrankte oder 8,9 % seien unter 20 Jahre alt. 24 erkrankte Kinder seien sogar jünger als zehn Jahre, gab der Sprecher erstmals genauere Daten über die Patienten, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon länger gefordert hat.

Die Mehrheit der Erkrankten sei zwischen 20 und 50 Jahre alt, sagte der Sprecher. Ihr Anteil betrage mit 1391 Patienten 73 %. Älter als 50 Jahre seien 17 % oder 337 Patienten. Männer und Frauen machten jeweils die Hälfte aus. 17 % oder 335 Erkrankte seien Mitarbeiter in Krankenhäusern. Von acht erkrankten Ausländern seien sechs wieder als geheilt entlassen. Ein Finne sei gestorben. Ein Amerikaner liege in stabilem Zustand im Hospital. Bestätigt wurde auch, dass in Vororten Pekings inzwischen neun Bauern an SARS erkrankt sind.

Landesweit haben sich bereits 4280 Menschen angesteckt. 206 Menschen sind gestorben, davon allein in Peking 103 Patienten. Mehr als 16 400 Menschen wurden in der Hauptstadt nach amtlichen Angaben bisher unter Quarantäne gestellt. Mehr als 5 600 sind bereits wieder entlassen worden. Sechs Wohngebäude und vier Baustellen sind völlig abgeriegelt. Auch stehen drei allgemeine Krankenhäuser, 28 für SARS-Patienten bestimmte Hospitäler und 28 Stationen anderer Kliniken unter strenger Quarantäne.

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