FAZ: Handel ohne Wandel in China

Auch nach dem endgültigen Rückzug Jiang Zemins aus der chinesischen Politik ist nicht mit einem Ende der Verfolgung politischer Dissidenten und religiöser Gruppen zu rechnen. Das sagte Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), am Donnerstag in Frankfurt. „Seine Gefolgsleute sitzen in allen Positionen”, sagte er. Lessenthin präsentierte das im Januar 2002 in Peking verhaftete Falun Gong Mitglied Xiong Wei, das nach zwei Jahren Zwangsarbeitslager und folgendem Hausarrest am Mittwoch in Deutschland eingetroffen war. Die Wirtschaftsingenieurin, die ihren Abschluss an der TU Berlin gemacht hatte, war während ihrer Tätigkeit für eine deutsche Firma in China festgenommen worden, weil sie in Peking Flugblätter der buddhistischen Meditationsbewegung verteilt hatte. Falun-Gong-Praktizierende werden in China ebenso wie Katholiken, Mitglieder der (evangelischen) südchinesischen Kirche, buddhistische Tibeter und muslemische Uiguren seit 1999 massiv verfolgt. In Frankfurt berichtete Xiong Wei über Folter, Umerziehung und Demütigung in Chinas Untersuchungshaftanstalten und Arbeitslagern. „Die Polizei hat dazugelernt, ihre Folter hinterlässt keine physischen Spuren mehr”, sagte Xiong Wei. Sie habe Stunden in einer Stehzelle verbracht, Hunger gelitten, habe sich eine Zelle mit nur einer Toilette mit 16 bis 20 Mitinsassen teilen müssen. Während der „Umerziehung” sei sie mit der Staatsideologie bei großer Lautstärke dauerbeschallt worden und habe immer wieder ein Buch lesen und rezitieren müssen. Wer nicht folgte, „hat so lange Kniebeugen machen müssen, bis er nicht mehr alleine auf die Toilette gehen konnte”, berichtete Xiong Wei. Im Arbeitslager habe sie einfache Produkte hergestellt, die dann über Mittlerfirmen ins Ausland exporiert würden, ohne dass die Importfirma über die Herkunft der Waren Kenntins hätte. „Der Handel bewirkt noch keinen Wandel”, sagte Lessenthin.

Rubrik: Veranstaltungen