Mittelbayerische Zeitung (Deutschland): Xiong Wei verfolgt vom Büro 610

Überzeugte Falun Gong-Anhängerin saß zwei Jahre in chinesischem Frauenarbeitslager

Es ist Nachmittag, der 5. Januar 2002. Xiong Wei steht im Stadtzentrum von Peking und verteilt Informationsmaterial an vorüber eilende Passanten. Plötzlich rücken drei Zivilpolizisten an: Xiong Wei's Broschüren, die staatliche Verfolgung von Falun Gong-Anhängern anprangern, werden beschlagnahmt. Die 32-jährige Chinesin muss in den vergitterten Polizeiwagen einsteigen. Danach beginnen die Wochen der U-Haft, erniedrigende Umerziehungsmaßnahmen, Folter. Später wird sie im Frauenarbeitslager Daxing interniert. Dort muss sie jeden Tag ihr Soll erfüllen: 6000 Essstäbchen einpacken.

Zwei Jahre lang sieht Xiong Wei nur Aufseher und regierungstreue Sicherheitskräfte. Keinen Rechtsanwalt, keine Verhandlung, kein Richterspruch. Nur ihr Vater darf sie einmal im Monat besuchen, jedes Treffen wird von staatlichen Überwachungskameras festgehalten - wie alles, was Xiong Wei in der Haft tut. Zwei Jahre lang sitzt sie mit Drogenabhängigen und anderen politischen Häftlingen ein. Erst am 5. Januar 2004, kommt Xiong Wei wieder frei.

Zwei Jahre Arbeitslager seien das übliche Strafmaß, mit dem Falun Gong-Praktizierende in China rechnen müssten, erzählt die junge Frau. Heute lebt Xiong Wei wieder in Deutschland, wie vor ihrer Verhaftung durch die chinesischen Behörden. Die Meditationsschule Falun Gong Praktiziert sie auch wieder, in Deutschland. Ohne Angst vor staatlicher Repression. Dank einer Postkartenaktion der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte( IGFM), die auf das Schicksal von Falun-Gong-Anhängern weltweit aufmerksam machte, konnte sie die Volksrepublik verlassen. Jetzt reist sie durch die deutschen Bundesländer: „Um Danke zu sagen, für die vielen zehntausend Unterschriften, die meine Freilassung bewirkt haben.” Und, um auf Missstände in China aufmerksam zu machen.

Xiong Wei wurde 1970 in Gansu, Westchina, geboren. Die Eltern zählten zur gehobenen Mittelschicht, die Mutter war Kinderärztin, der Vater Chef-Ingenieur, 1992 ging Xiong Wei nach Deutschland, studierte an der TU Berlin Wirtschaftswissenschaften und fand später einen Job. 1996 lernt sie die Meditationsbewegung Falun Gong kennen, liest seither regelmäßig die Bücher des nach New York emigrierten Begründers Li Hongzhi und lebt nach den Leitmotiven „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht”.

Falun Gong, so sagt Xiong Wei, werde von der chinesischen Führung als Bedrohung empfunden. Deshalb sei auch 1999 das offizielle Verbot erfolgt. Die rote Staatsmacht habe eigens eine Abteilung(„Büro 610”) eingerichtet, die Falun Gong bekämpft. „Anhänger der Meditationsschule werden in der Volksrepublik von staatlichen Sicherheitsorganen verfolgt - mit Psycho-Terror, Schlägen und Folter”, kritisiert Xiong Wei. Zehntausende Falun-Gong-Anhänger habe die Regierung bereits in Umerziehungslager gesteckt. Hilfsorganisationen wie amnesty international setzen die Zahlen etwas niedriger an.

Ihre Eltern hätten ihr vor vier Jahren von der Rückkehr nach China abgeraten - wohlwissend, dass ihre Tochter Falun Gong praktiziert. Davon wollte die Chinesin damals nichts hören. Heute, nach fast einem Jahr in Freiheit, kommt die Rückkehr nach Peking für die Überzeugte Falun-Gong-Anhängerin Xiong Wei nicht mehr im Frage: „ Ich will in einem freien Land leben.”


Montag, 22. November 2004


Quelle: http://de.clearharmony.net/articles/200411/20681.html

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