Erlebnisbericht einer Falun Gong Praktizierenden, die nach zweijähriger Haft aus dem Zwangsarbeitslager in China nach Deutschland zurück gerettet wurde (Teil 2)

Mein Erlebnis

Teil 1 finden sie unter: http://www.clearharmony.de/articles/200411/20688.html

Im Beijinger Frauenarbeitslager vom 18. April 2002 bis 4. Januar 2004

Das Beijinger Frauenarbeitslager liegt am Tiantanghe, Stadtgebiet Daxing. Am 18.04.2002 wurden insgesamt 100 Praktizierende von der Sammel- und Verteilstelle, ins Arbeitslager geschickt. Am ersten Tag im Arbeitslager wurden wir gezwungen, sehr lange zu hocken und danach Paradeschritt zu üben. Beim „Training” wurden wir gezwungen, lange auf einem Bein zu stehen. Wenn unsere Körper schwankten oder wir es nicht mehr aushalten konnten und das andere Bein niederließen, beschimpfte uns die Polizei mit Drohungen von noch mehr Strafen. Beim Abendessen gab es nur Dampfbrot und eingelegtes Gemüse. In der Nacht wurde uns der Schlaf entzogen. Jede Falun Gong Praktizierende wurde von einer Polizistin und zwei Umerziehungshelferinnen begleitet, die versuchten, sie umzuerziehen. Die Hauptaufgabe des Arbeitslagers gegenüber Falun Gong Praktizierenden ist, sie umzuerziehen.

Am nächsten Morgen brachte die Polizei mich und andere Praktizierende, die mit mir zusammen gekommen waren, darunter Xue Baoling, Zhang Liqian, Xu Yinqiu, Zhao Guomin, Zhang Cuihua usw., zum „Trockenraum” und hat uns mit einer körperlichen Strafe belegt. Die Polizistinnen Du Jingbin, Song Lili, Huo Xiuyun, Gao Yanfei waren anwesend. Zuerst wurden wir gezwungen, 500 Kniebeugungen zu machen. Niemand von uns konnte das schaffen. Wir haben nur 100 gemacht. Als wir 70 bis 80 gemacht haben, hatten wir alle ein brennendes Gefühl im Oberschenkel und es tat uns sehr weh. Dann wurden wir gezwungen, Liegestütze zu machen und „Schubkarren zu schieben” (zwei Personen bilden eine Gruppe. Die vordere stützt den Körper mit zwei Armen auf dem Boden. Die hintere Person hebt die Beine der vorderen und schiebt nach vorne.). Wir mussten auch immer wieder aus der Rückenlage aufsitzen und wieder in die Rückenlage fallen und mit einem Bein stehen. Am Nachmittag mussten wir auch noch Erde herausgraben.

Als dieser Tag vergangen war, haben manche Praktizierende große Blutblasen am Hintern bekommen. Niemand konnte mehr normal laufen. Beim Treppen hinaufgehen musste man sich zuerst zur Seite neigen und dann ein Bein mit der Kraft des ganzen Körpers nach oben schleppen. Bei jeder Mahlzeit ächzten wir, weil wir den unteren Arm mit der Kraft der Schulter und der anderen Körperteile auf den Tisch hieven mussten. Am schwierigsten war auf die Toilette zu gehen. Beide Beine waren so schwer und schmerzend dass wir gar keine Kraft hatten zu hocken und wieder aufzustehen. Man musste sich mit beiden Händen auf der Seite abstützen und dann den Körper langsam niederlassen. Danach wieder die Seiten fassen um den Körper mit ganzer Kraft nach oben zu ziehen. Manchmal halfen wir uns gegenseitig. Die Drogenabhängigen überwachten, ob wir miteinander gesprochen haben. Sie beschimpften uns oft grundlos.

Ich habe gesehen dass Zhang Liqian in eine Einzelzelle gegenüber dem Raum der 9. Gruppe (die sogenannte 10. Gruppe) eingesperrt wurde, weil sie sich nicht umerziehen ließ. Sie wurde von den Drogen-Gefangenen und Umerziehungshelferinnen Tag und Nacht überwacht. Sie wurde 30 bis 40 Tage lang zum Hocken gezwungen, wobei ihr der Schlaf entzogen wurde. Sie durfte die Haare nicht waschen und nicht duschen. Alle paar Tage durfte sie auf die Toilette. Mehrmals hat sie Stuhlgang in die Hose gemacht und uriniert. Um die unheimlichen Schmerzen in den Beinen zu lindern, hat sie sich mit den Fäusten gegen den Boden gestützt, so dass ihre Handgelenken blau und schwarz wurden. Eine Drogen-Gefangene namens Huang Ping war homosexuell. Dies war der Polizei auch bekannt. Die Polizei schickte sie mit Absicht zu Zhang Liqian in der Nacht, um sie zu überwachen. Huang Ping hat sie sexuell belästigt.

An einem Nachmittag wurde Zhang zum Waschraum gebracht. Wir haben zwei entsetzliche Schreie gehört. Sofort verboten die Polizei und die Drogenabhängigen uns aus dem Zimmer hinauszugehen. Erst viel später erfuhren wir, dass eine Umerziehungshelferin namens Li Yanfeng (sie war Lehrerin der Tianzhu Grundschule im Stadtgebiet Shunyi, Beijing, in der Nähe vom Beijinger Flughafen) Zhang Liqian in die Rippen auf der rechten Seite getreten hat, so dass Zhang vor Schmerzen geschrieen hat. Li Yanfeng äusserte die Idee, Zhangs Mund mit einem Waschlappen zu verstopfen, ihr die Hände zusammen zu binden, und sie dann weiter zu schlagen. Zhang hat das gehört und aus Schreck zum zweiten Mal geschrieen.

Später brachte die Polizei sie zweimal zum „Tuanju Gebäude”, um sie weiter zu foltern. Das ist ein isoliertes Gebäude, in dem die Polizei Falun Gong Praktizierende oft grausam folterte. Die meiste Zeit bekam Zhang zu den drei Mahlzeiten jeden Tag nur Dampfbrot aus Mais und eingelegtes Gemüse. Die drogensüchtigen Gefangenen, die sie überwachten, nahmen ihr stets einen Teil ihres eingelegten Gemüses weg. In der ersten Hälfte des Monats August 2003 war die Haftzeit von Zhang abgelaufen. Aber gerade in der Nacht vor diesem Termin wurde sie von der Polizei im Arbeitslager und Mitarbeitern des Büro 610 gekidnappt. Frau Zhangs Verbleib ist bislang unbekannt.

Zhang Yijie, etwa 50 Jahre alt, mit Universitätsabschluss, war stellvertretende Leiterin einer Abteilung des Ministeriums für Außenhandel. Ihr Mann war Diplomat in osteuropäischen Ländern. Sie hat einen Sohn und eine Tochter, die schon erwachsen sind und die Universität besucht haben. 2000 wurde sie ins Arbeitslager gesteckt. Da sie es ablehnte, auf Falun Gong zu verzichten, und die ganze Zeit über an ihrem Glauben an „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht” festhielt, wurde sie von den Polizistinnen unter der Leitung von Jiao Xuexian und Huai Chunhong grausam gefoltert. Ihr wurde der Schlaf entzogen. Harte Schläge und Folter mit Elektroschocks waren an der Tagesordnung. Ihr wurde mehrere Tage lang das Essen, Trinken und der Toilettengang verboten. Niemand, außer denjenigen die sie überwachten, durfte Kontakt mit ihr haben. Das Fenster der Einzelzelle, wo sie eingesperrt war, wurde mit Zeitungspapier beklebt und der Vorhang war immer zugezogen. Aber das alles konnte sie nicht bewegen. Auch die Polizei musste zum Schluss zugeben: „Wir können mit ihr nichts mehr machen.”

Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass sie erst nach zwei Uhr in der Nacht schlafen durfte. Auch beim Toilettengang wurde sie von bestimmten Drogen-Gefangenen begleitet. Als ich sie gesehen habe, sah sie sehr bedrückt aus. Sie hatte einen starren Blick. Ihre Ausdrucksfähigkeit ist abgeschwächt worden. Ihre ganze Stimmung war äußerst bedrückt. Jedoch war sie schlank und wohlgestaltet. Von hinten sah sie wie eine Frau mit 18, 19 Jahren aus. Ihre Gesichtshaut war fein und hell und ohne Falten, wie jemand über 20. Zwei Monate vor dem Entlassungstermin wurde ihre Haftzeit von der Polizei verlängert. Sie wurde anschließend zu der sogenannten „Konzentrationsgruppe” geschickt, wo sie verstärkt gefoltert wurde. Ende August 2003 habe ich sie nochmals aus einer großen Entfernung gesehen. Ihr Rücken war sehr bucklig. Sie lief mit gebeugtem Rücken. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Ihre Augen konnten sich gar nicht auf einen Punkt konzentrieren. Sie sah so aus wie eine über 60-jährige. Zur Zeit sitzt sie immer noch im Beijinger Frauenarbeitslager mit einer unbefristeten Haftzeit.

Lang Dongyue, Bäuerin des Stadtgebiets Yanqing, Beijing, hatte von Kindheit an Schuppenflechte am ganzen Körper und Asthma. Über dutzende von Jahre hatte sie alle möglichen Heilmethoden ausprobiert, ohne Erfolg. Auch wenn sie nur zehn Minuten liegend hätte schlafen können, wäre sie schon glücklich gewesen. Sie konnte gar keine Feld- und Hausarbeit machen. Nachdem sie anfing Falun Gong zu praktizieren, waren die Krankheiten und Schmerzen nach einer sehr kurzen Zeit verschwunden, ohne dass sie ein Cent dafür bezahlt hatte. Als die chinesische Regierung anfing, Falun Gong zu unterdrücken, ging sie zum Petitionsbüro. Sie wollte dort ihre eigenen Erlebnisse erzählen. Im Untersuchungsgefängnis hörte die Polizei ihr nicht nur nicht zu, sondern sie hängten sie auch noch am Korbständer auf, wobei sie auf ihre Fußsohlen eineinhalb Stunden lang mit Elektroschocks traktierten. Die Polizei sagte, dass die zum Tode verurteilten Gefangenen dies höchstens eine Stunde aushalten können. Im Arbeitslager mobilisierte die Polizei mehrmals über zehn wegen Drogendelikten inhaftierte Gefangene, einschließlich Homosexueller, um in dem Raum der „10. Gruppe” auf sie einzuprügeln. Sie wurde dort auch sexuell belästigt. Später wurde ihr das Essen verboten und der Schlaf entzogen. Sie durfte nicht sitzen, sondern nur stehen. Sie wurde so gequält dass sie todmüde war. Beim Stehen verlor sie das Bewusstsein und stürzte auf den Boden. Die Polizei ließ die Drogen-Gefangenen sie hoch ziehen, wobei sie Frau Lang willkürlich beschimpften, schlugen und traten. An einem Morgen ging eine Polizistin namens Huo Xiuyun, gleich nachdem sie zur Arbeit gekommen war, zu der Einzelzelle, wo Lang eingesperrt war. Sie beleidigte sie und gab ihr Ohrfeigen. Gleich nachdem sie aus der Tür hinausging, trat sie auf einen Nagel, so dass sie vier, fünf Tage lang hinkend gehen musste. Von da an, sobald sie den Namen Lang Dongyue hörte, zeigte sie eine abscheuliche Grimasse und böse Blicke. Sie hasste Frau Lang bis ins Mark. Kurz vor Langs Entlassungstermin wurde sie zum zur Konzentrationsabteilung geschickt. Frau Langs Haftstrafe wurde unbefristet verlängert.

Liu Fangfang, Ärztin, stammt aus einer Kaderfamilie. Weil sie eine Widerrufserklärung* unterzeichnet hatte, wurde sie von der 3. Einheit in die 6. Einheit verlegt, in der hauptsächlich Drogensüchtige eingesperrt waren. Ich habe gehört, dass ihr der Schlaf entzogen wurde. Sie wurde gezwungen, bewegungslos zu stehen. Um sie noch grausamer zu foltern, hat die Polizei viele Schüsseln Wasser neben ihr aufgestellt. Als sie vor extremer Müdigkeit umgefallen war, stürzte sie ins Wasser. Danach ließ die Polizei sie mit nassen Kleidern sechs Tage und sechs Nächte lang dort stehen. Ihre Haftzeit wurde um weitere sechs Monate bis zum 04.10.2003 verlängert.

Angesichts von solchen unmenschlichen Folterungen, Misshandlungen und Demütigungen können manche Praktizierende nicht durchhalten, sie gaben dann gegen ihren eigenen Willen ihre Unterschrift der Umerziehung.

Die Polizisten wissen ganz genau, dass viele Praktizierende nicht wirklich auf das Praktizieren von Falun Gong verzichtet haben, deshalb trauen sie keinem von uns. Sie zwingen die Praktizierenden nach Abgabe der Unterschrift der „Umerziehung”, die Mitpraktizierenden durch Schlagen und Beschimpfung umzuerziehen und Falun Gong zu verleumden. Dies sehen sie dann als Beweis an, dass diese Praktizierenden gründlich umerzogen sind. (Anm. d. Red.: Falun Gong ist eine buddhistische Meditationsschule bei der Gewaltlosigkeit ein wichtiger Grundsatz ist. Selbst wenn Praktizierende geschlagen werden, schlagen sie nicht zurück.)

Im Sommer 2002 gab es in der 3. Einheit im Frauenarbeitslager (wo auch ich mich befand) etwa 120 Gefangene. 70 bis 80 Falun Gong Praktizierende haben eine Widerruferklärung** beim Wachpersonal abgegeben, das hat das „Amt für Umerziehung durch Arbeit” erschüttert. Das Amt für Umerziehung durch Arbeit schickte den Leiter der Umerziehungsabteilung Xu Kaixuan zu unserer Einheit, der mir persönlich sagte, dass die Regierung jedes Jahr für die Verfolgung von Falun Gong mehr als hundert Millionen Yuan ausgibt.

2003 haben mehr als 20 der 32 Falun Gong Praktizierenden in der 3. Einheit auch eine Wideruferklärung” geschrieben. Dies hat das „Amt für Umerziehung durch Arbeit” nochmals erschüttert. Diesmal hat die Polizei diese Praktizierenden in vier Gruppen eingeteilt und grausam gefoltert. Liu Fangfang, Zhang Shurui und ich bildeten die vierte Gruppe. Mitte August 2003 wurden wir alle in Einzelzellen gesteckt. Ich war in dem 9. Raum, Liu Fangfang im 10. Raum. Ich habe gesehen dass sie gezwungen wurde, in der Ecke auf einem Plastikkindersitz zu sitzen. 24 Stunden täglich musste sie der Polizei und den Umerzogenen zuhören und durfte nicht schlafen. Am Ende August 2003 wurde sie im Geheimen zur Konzentrationsabteilung geschickt, ohne jegliche rechtliche Grundlage. Man weiß nicht, ob sie noch lebt.

Chen Lifang, etwa 30, wurde von der Polizei gezwungen, mehr als 30 Tage lang, mit dem Gesicht zur Wand gekehrt zu stehen, so dass sie nicht mehr bei klarem Bewusstsein war. Manchmal bewegten sich unkontrollierbar ihre Hände. Die Polizei behauptete jedoch, ihre Hände hätten sich wegen ihres Praktizierens von Falun Gong unwillkürlich bewegt und sie wäre verrückt geworden, so verleumdeten sie Falun Gong. Die Polizei ließ die drogensüchtigen Gefangenen auf sie einschlagen. Einmal wurde sie so schlimm verprügelt, dass sich große blaue und schwarze Blutergüsse unter der Haut von der Hüfte an bis zu den Oberschenkeln bildeten. In einer Nacht zog die Polizistin Huai Chunhong sie zum Waschraum. Sie befahl den drogensüchtigen Gefangenen, sie mit mehr als 20 Schüsseln kaltem Wassers zu begießen. Sie zitterte vor Kälte. Zwei Monate vor ihrem Entlassungstermin wurde sie von der Polizistin namens Jin zur Konzentrationsabteilung geschickt und dort noch schlimmer gefoltert. Danach hatte die Polizistin Jin einen Stern mehr auf ihrer Schulterklappe.

Wegen des starken Druckes der internationalen Gemeinschaft wurde ich Foltermethoden ausgesetzt, die scheinbar nicht grausam aber eigentlich ebenfalls sehr schlimm waren.
Mitte Juni 2003 sollten viele Gefangene im Untersuchungsgefängnis oder in der Sammel- und Verteilstelle verlegt werden. Aber wegen SARS hatte jeder Ort Angst, die SARS- Infektion zu bekommen, daher nahm keine Stelle neue Gefangene an. Es gab nach dem Höhepunkt von SARS zu viele Gefangene in dem Untersuchungsgefängnis bzw. der Sammel- und Verteilstelle. Daher musste unser Arbeitslager mehr Plätze für die neuen Häftlinge frei machen. Sie trafen die Entscheidung zu einer Maßnahme von Fristreduzierung, damit die Gefangenen, die eigentlich Ende Januar 2004 entlassen werden sollten, vorzeitig entlassen werden konnten. Aber Falun Gong Praktizierende durften trotzdem nur eine Fristreduzierung bekommen, wenn sie sich umerziehen lassen und auf das Praktizieren verzichteten. Sie verlangten mit diesem Angebot von Fristreduzierung eine Unterschrift unter die Umerziehungserklärung zu geben. Aber ich wollte die Kultivierung nicht aufgeben. Deswegen habe ich die Strafminderung mit Entschiedenheit abgelehnt. Nachdem ich das abgelehnt hatte, bat sie andere Polizistinnen und eine Umerzogene Huang Ling (über 30, sie war Dozentin an einer Universität bei der Maschinenbaufakultät) mich zu überreden, einen Antrag zu stellen. Da im ganzen Arbeitslager zwei Falun Gong Praktizierende Liu Fangfang und ich die Strafminderung (Anm. d. Red.: gegen die Aufgabe des Glaubens) abgelehnt hatten, haben die Polizistin Jiao und andere Polizistinnen des Arbeitslagers vor ihrem Vorgesetzten das Gesicht verloren. Deshalb haben sie uns bis ins Mark gehasst.

Jiao schickte mich sofort zur Feldarbeit, wo ich schwere körperliche Arbeit zu verrichten hatte. Morgens musste ich früh aufstehen, normalerweise standen wir 20 Minuten vor 6 auf. Manchmal wurde nur ich geweckt für die Feldarbeit, wenn es draussen noch dunkel war. Nach der Arbeit kam ich zurück zum Frühstück. Manchmal frühstückte ich erst um 8 oder 9 Uhr. Nach dem Frühstück arbeitete ich weiter im Feld. Nachmittags musste ich weiter arbeiten. Nach dem Abendessen musste ich auch noch ein bis zwei Stunden arbeiten. Einmal legte ich mich am Mittag ins Bett. Ich war äußerst müde und die Knie und Oberschenkel schmerzten sehr und waren so schwer wie Steine. Als ich mich zur Seite drehen wollte, konnte ich meine Beine noch nicht einmal bewegen.

Als ich einmal mit einem kleinen Handwagen das von uns geerntete Gemüse in die Kantine transportierte, wurde meine Sehne an der Ferse durch den Wagen verletzt. Sofort strömte das Blut heraus. Vor Schmerzen konnte ich meinen Fuß nicht mehr auf den Boden setzen. Alle Polizistinnen, die mich überwachten, haben es gesehen. Aber keine hat was gesagt oder getan. Eine Gefangene aus einer anderen Einheit, die damals in der Kantine arbeitete, konnte dabei nicht mehr untätig zusehen. Sie gab mir einen Verband. Sechs Tage lang hinkte ich. Während dieser sechs Tage traf ich jeden Tag die Polizistin Nie, die mich bei der Feldarbeit überwachte. Jedes Mal sagte sie mir mit einem netten Lächeln: „Ich möchte dich wirklich zum Arzt des Arbeitslagers begleiten, aber ich bin einfach zu beschäftigt.” Während dieser sechs Tage hatte keine Polizistin nach meiner Wunde gefragt oder etwas unternommen.

Ich habe einmal gerechnet. Am Vormittag habe ich alleine etwa 350 Kg Gemüse geerntet und transportiert. Nach dem Abendessen hat die ganze Gruppe mit 40 Menschen insgesamt 700 kg geerntet. Durch diese versteckte und hinterlistige Methode quälten sie mich.

Unsere Gemüse wurden nicht nur der Kantine der Gefangenen sondern auch der Kantine der Polizistinnen geliefert. Sie wurden auch noch draußen auf dem Markt verkauft. Allein für den Winter 2003 sollten wir 50 000 kg Chinakohl ernten. Die Gefangenen unsere Einheit mussten 15 000 kg ernten. Zu dieser Zeit gab es im ganzen Arbeitslager nur 400 bis 500 Gefangene.

Am 12.08.2003 kam mein Vater mich besuchen. Davor wurde ich in eine Einzelzelle gesperrt. Bei der Besuchszeit waren sechs bis acht Polizistinnen um mich. Darunter waren die Chefin des Lagers Zhu Xiaoli und die Polizistin Jiao Xuexian (Leiterin der 3. Einheit). Eine andere Polizistin trug eine Videokamera auf der Schulter um den ganzen Besuchsprozess aufzunehmen. Ich sagte meinem Vater, wie meine Krankheiten durch das Praktizieren von Falun Gong geheilt wurden, und dass wir aus tiefstem Herzen gute Menschen sein wollen und gut für die Gesellschaft sind. Wir hätten die Ungerechtigkeiten, die uns widerfahren waren, auf friedliche Weise bekannt gemacht, so verstoßen wir gegen kein Gesetz. Hingegen habe ich im Untersuchungsgefängnis und Arbeitslager mit eigenen Augen immer wieder gesehen wie die Polizisten im Namen des Gesetzes gegen Gesetze verstoßen haben.

Was ich damals nur ahnte, war Folgendes: Wegen der vielen erfolgreichen Rettungsaktionen in Deutschland und Israel taten die Polizisten so, als seien sie nett zu mir, in Wirklichkeit aber wurde ich intensiver überwacht. Das zeigte sich besonders daran, dass die Polizisten bei der Besuchszeit die ganze Zeit über neben mir und meinem Vater standen oder sogar uns gegenüber saßen und uns anstarrten, ohne den Blick auch nur einen Moment von uns abzuwenden.

Ich möchte noch eines hinzufügen, wie nämlich die Polizisten Theater vor den ausländischen Medien gespielt haben. Einmal war ein amerikanischer Journalist bei uns, der überall hinschauen durfte. Vorher zwang man uns, überall gut sauber zu machen. Ihm war es sogar erlaubt, mit einer damaligen Praktizierenden zu sprechen. Sie war früher eine Dozentin an einer Universität für das Fach Englisch. Der Amerikaner sagte ihr in Englisch, jetzt könne sie etwas sagen, die anderen würden sie nicht verstehen. Doch nachher hat die Praktizierende nur das in Englisch gesagt, was die Polizistin ihr erlaubt hatte. Deshalb hat der Journalist einen positiven Bericht über das Arbeitslager geschrieben. Die Dozentin hat dafür eine Strafreduzierung um drei Monate bekommen. Normalerweise ist für Falun Gong-Praktizierende eine Strafreduzierung von zwei Monaten möglich.

Am 27. oder 28.11.2003 hat unsere Abteilung ausländische Besucher bekommen. Schon ein paar Wochen zuvor mussten wir immer wieder sauber machen. Der Chef der Behörde für Arbeitslager kam dann auch in unsere Abteilung. Danach wurden zwei schöne Pflanzen in unsere Halle gebracht. Auf die Glastüren einer jeden Gruppe kamen dann auch weisse gestickte Vorhänge. Es sah alle sehr sauber, sehr rein und sehr weiblich aus. Die Besucher konnten aber nicht dahinter blicken. An diesem Vormittag bekamen wir sogar Spielkarten. Einer der Praktizierenden fragte, was für ein Tag heute sei. Ob heute ein Feiertag sei. Zum Mittag bekamen wir Sojabohnenquark mit Gemüse. Ich sagte an diesem Tag zu einer Polizistin, wir hätten zum ersten Mal im Jahr etwas gutes bekommen. Ich wollte sie deshalb fragen, ob wir den Ausländern dafür dankbar sein sollten. Am nächsten Vormittag nach dem Besuch waren die Pflanzen weg. Nachmittags waren dann die Vorhänge weg.

Die Hauptaufgabe unserer Einheit war, Pullover zu stricken. Jede bekam eine Quote zugeteilt. Weil sich die Augen lange Zeit auf die Pullover konzentrierten, ermüdeten die Augen sehr rasch. Wenn ich beim Mittag- und Abendessen den mir gegenüber sitzenden Menschen zuschaute, sah ich ihre Augen, Nase und Mund sogar doppelt. Ich habe ein Mal gemerkt, dass wir in diesen Tag ab 4 Minuten nach 6 angefangen und am Abend um halb 10 die Arbeit erst beendet hatten. Dies wiederholte sich jeden Tag, das heißt, dass wir täglich mehr als 12 Std. arbeiten mussten. Alle Pullover, Handschuhe, Schals waren für den Export bestimmt. Aber es stand nichts über das Frauenarbeitslager von Beijing drauf. Jede Einheit hatte eine Leiterin, die zuständig für die Produktion war. In unserer Einheit war es Huo Xiuyun. Im Arbeitslager war eine stellvertretende Leiterin für die Produktion zuständig. Jede Einheit musste jedes Jahr einen bestimmten Umsatz von so und so viel zehntausend Yuan machen. Bei Überstunden mussten wir in der Nacht arbeiten, früher aufstehen und hatten keine Mittagspause. Von einer Praktizierenden, die im Xinan Arbeitslager gewesen war, habe ich gehört, dass die Polizei die Gefangenen gezwungen hatte, die Nacht durchzuarbeiten. Am zweiten Tag mussten sie ohne sich auszuruhen weiter arbeiten.

Nach der Freilassung vom 4. Januar bis 28. September 2004

An dem Tag meiner Freilassung den 4. Januar 2004 kamen der Chef des Straßenkomitees, ein Polizist des Polizeireviers meines Wohnsitzes und ein Familienangehöriger und mein Vater, zum Arbeitslager. Sie mussten auf einer Vereinbarung zur Hilfe bei der Umerziehung unterschreiben, die ich auch unterschreiben musste. Als ich nach der Freilassung bei meinen Eltern zu Hause angekommen war, wurden wir vom dem Büro 610 und dem Straßenkomitee mehrmals angerufen. Unser Telefon wurde streng überwacht. Einmal hat meine Mutter die klare Stimme eines Dritten im Telefon gehört. Dabei hatte sie gerade mit ihrer Schwester gesprochen. Wenn wir Anrufe aus dem Ausland bekamen, gab es in der Leitung immer Geräusche.

Schaden, der meiner Familie zugefügt wurde

Nachdem ich festgenommen wurde, haben meine Eltern (geboren 1931) sehr darunter gelitten. Kurz danach erlitten sie beide erneut eine Herzattacke. Das Mädchen, das bei ihnen Hausarbeit machte, wollte nicht mehr kommen, als sie hörte, dass jemand aus unserer Familie festgenommen wurde und die Wohnung durchsucht wurde.

Meine Mutter bekam viele Krankheiten und musste das Bett hüten. Sie konnte nicht mehr für sich selbst sorgen. Als mein Vater einmal Medikamente für meine Mutter kaufte, wollte meine Mutter ein Glas Wasser auf dem Nachttisch in die Hand nehmen. Dabei fiel sie aus dem Bett auf den Boden. Sie stieß mit der linken Schläfe gegen die Ecke des Tisches. Sofort fing es an zu bluten. Sie lag bei klarem Bewusstsein auf dem Boden, aber die Arme und Beine versagten ihr den Dienst. Sie konnte weder sitzen noch aufstehen. Erst als mein Vater ein, zwei Stunden später zurückkam, hat er sie gefunden und ihr hoch geholfen. An diesem Abend hat mein Vater erneut eine Herzattacke erlitten.

Das Büro 610 mobilisierte die ehemaligen Arbeitskollegen meiner Eltern und unsere Nachbarn, um bei meinen Eltern Falun Gong zu verleumden, damit sie großen Druck auf mich ausüben, Falun Gong nicht zu praktizieren. Mein Bruder in Israel bekam von der chinesischen Botschaft wegen seines Praktizierens von Falun Gong kein Visum für China, so dass er nicht nach China zurückkehren und meine Eltern besuchen konnte. Wenn meine Eltern nur daran dachten, dass sie ihren Sohn bereits fünf Jahre nicht mehr gesehen hatten und ihre Tochter im Arbeitslager unter Folter leidet, konnten sie ihre Tränen nicht zurückhalten. Mein anderer Bruder, der in Beijing arbeitete, musste sich sowohl um seine eigene Arbeit und Familie kümmern, als auch jeden Tag meine Eltern zwei oder drei mal anrufen oder besuchen. Er war sowohl seelisch als auch körperlich am Ende. In den ersten drei Monaten meiner Haftzeit wurden die grauen Haare meines Vaters ganz weiß. Als ich freigelassen wurde und wieder bei meinen Eltern war, sah ich dass meine Mutter sehr bedrückt und körperlich sehr schwach war. Sie hatte einen starren Blick. Sie hatte so viel geweint, dass sie mich nicht mehr klar sehen konnte. Sie war seelisch beinahe völlig ruiniert. Nachdem ich wieder zuhause war, bekam ich ab und zu Anrufe von dem Büro 610, vom Polizeirevier und Straßenkomitee. Unser Telefon wurde immer abgehört. Internationale Anrufe wurden oft von Lärm gestört, manchmal wurde die Verbindung sogar unterbrochen.


Quelle: http://de.clearharmony.net/articles/200411/20718.html

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