Hamburger Abendblatt: Warum die UNO China nicht verurteilt

Genf - Russland führt Krieg in Tschetschenien. China unterdrückt die
Opposition. Und auch Simbabwes Regierung verstößt gegen Menschenrechte. Dennoch wurden diese Länder von der UNO-Menschenrechtskommission nicht verurteilt.

Nach rund sechs Wochen endete die Sitzung des Gremiums am Freitag in Genf. "Mehr und mehr etabliert sich in der Kommission ein Konsens des Schweigens", kommentiert die Organisation International Service for Human Rights das Treffen. Grobe Verletzungen der Menschenrechte kämen einfach nicht mehr zur Sprache. Rory Mungoven, Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, erklärt, wie der Konsens des Schweigens funktioniert: "Einschlägig bekannte Staaten decken sich gegenseitig. So brauchen sie eine Verurteilung nicht zu fürchten."

So stimmte China gegen eine Verurteilung Russlands und des autoritären Regimes von Simbabwes Präsidenten Robert Mugabe. Simbabwe wiederum votierte gegen die Verurteilung Russlands und Chinas. Russland sprach sich gegen eine Rüge Chinas und Simbabwes aus - und stellte sich mit China schützend vor das stalinistische Nordkorea. "Das Treiben war einfach skandalös", schimpfte ein europäischer Diplomat.

"Das Treiben war einfach skandalös" "Es geht auch um handfeste ökonomische Interessen", analysiert Loubna Freih von Human Rights Watch. "Die Chinesen etwa koppeln Gefolgschaft in der Menschenrechtsfrage mit lukrativen wirtschaftlichen Aufträgen." Zwar hätten die beiden Großmächte im Falle einer Verurteilung keine Sanktionen befürchten müssen. Aber der Gesichtsverlust vor der Weltöffentlichkeit wäre für die Herrscher im Kreml und Peking schwer erträglich gewesen, zumal beide zu den fünf ständigen UNO-Sicherheitsratsmitgliedern gehören. Auch eine andere Großmacht kam unbehelligt davon: Die USA. Kuba zog seinen Plan, den amerikanischen Erzfeind wegen des umstrittenen Gefangenenlagers auf Guantanamo anzuprangern, zurück. In dem Militärstützpunkt auf Kuba halten die US-Amerikaner mehr als 600 mutmaßliche Terroristen seit Jahren fest - ohne Anklage, ohne Anwälte. Was letztlich Havannas starken Mann Fidel Castro zur Aufgabe bewog, bleibt ungewiss. "Eins ist aber klar: Die Kommission schaut bei zu vielen groben Verletzungen der Menschenrechte einfach weg", analysiert Peter Splinter von Amnesty International. "Wenn das Gremium seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren will, muss es mit den Übeltätern härter ins Gericht gehen."

Quelle: http://www.clearharmony.de/articles/200404/16523.html

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