Angesehener Rechtsanwalt stößt auf Ablehnung bei seiner Suche nach Gerechtigkeit für die Falun Gong Praktizierenden

(Clearwisdom.net) Herr Gao Zhisheng ist einer der zehn Rechtsanwälte, die das chinesische Justizministerium im Jahre 2001 geehrt hat. Er bearbeitete viele Fälle, die im ganzen Land Aufsehen erregten, wobei er ein Drittel dieser Anklagen kostenfrei für die Klienten bearbeitete, da die von ihm vertretenen Menschen es sich nicht leisten konnten, einen Rechtsanwalt zu nehmen. Einer seiner früheren Klienten war der Menschenrechtsbefürworter Ye Guozhu (1). Kürzlich übernahm Herr Gao Zhisheng den Fall des Falun Gong Praktizierenden Huang Wei aus der Stadt Shijiazhuang. Die Erfahrungen von Herrn Gao Zhisheng im Umgang mit diesen Anklagen bestätigt das Insiderwissen über das chinesische Rechtssystem im Zusammenhang mit Falun Gong.

Der Fall von Huang Wei

Herr Huang Wei, 36 Jahre alt, arbeitete als Vertreter für die Biomedical Engineering Company in Hebei. Er war unter seinen Familienmitgliedern, Nachbarn und Arbeitskollegen sehr beliebt. Seine Ehefrau Hao Qiuyan, 33 Jahre alt, hatte ihren Abschluss im Fachbereich Modedesign des Hebei Institute of Light Industry and Chemical Technology gemacht. Laut Hao Qiuyan begann Huang Wei im Frühling des Jahres 1995 mit dem Praktizieren von Falun Gong. Er profitierte enorm von dieser Lehre und war in der Lage, das Trinken, Rauchen und Spielen aufzugeben, sein Charakter verbesserte sich sehr. Jedoch wurde er Ende 1999, nachdem die Verfolgung von Falun Gong begonnen hatte, für „versuchte Appelle” und mehrere andere Beschuldigungen zu drei Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Ende 2002 wurde Huang Wei schließlich freigelassen und kehrte nach Hause zurück. Am Ende des Jahres 2003 baute er mit mehreren Falun Gong Praktizierenden, die ebenfalls ihre Arbeit aufgrund der Verfolgung verloren hatten, ein Geschäft auf. Das Geschäft umfasst den Verkauf von Medizin und Bekleidung. Außerdem mietete er in der Nähe des Wohnheims einer Traktorenfabrik eine Werkstatt und verwendete diese als Lagerraum.

Am 13. April 2004 wurde Huang Wei, gerade als er sein fünf Jahre altes Kind in den Kindergarten gebracht hatte, von vier Tätern ohne Vorlage eines Haftbefehls entführt. Zu den Tätern gehörten der ortsansässige Polizist Yang Yuliang der Polizeidienststelle Hedong und Li Guoqiang von der Polizeidienststelle des Bezirks Chang'an. Sie inhaftierten ihn unrechtmäßig, durchwühlten die Werkstatt und entwendeten außerdem Handelsware im Wert von 40.000 Yuan.

Herr Huang Wei erhielt am 38. Tag seiner Inhaftierung die Entlassungsbescheinigung. Jedoch wollten Wang Ping, Zhai Qingmin und andere Personen der Polizeidienststelle in Hedong ihn zur Polizeistation zurückbringen, um seine Inhaftierung fortzusetzen. Huang Wei bat sie, ihm den Haftbefehl zu zeigen, und Wang Ping antwortete: „Was für ein Unsinn! Wir befolgen kein Gesetz, wenn es sich um Falun Gong Praktizierende handelt!” Zhai Qingmin erklärte: „Wir sollten rechtmäßig vorgehen und dem Gesetz folgen, aber dann wären wir nicht in der Lage, irgendetwas gegen Falun Gong zu unternehmen!” Sie riefen einige Mitglieder des Sicherheitsteams herein, die Huang Wei Handschellen anlegten, ihn in ein Auto stießen und ihn in die Haftzelle der Polizeistation in Hedong brachten, wo sie ihn fünfzehn Tage lang festhielten. Am 4. Juni schickten sie Herrn Huang in das Zwangsarbeitslager in der Stadt Shijiazhuang. Während einer körperlichen Untersuchung wurde entdeckt, dass Huang Weis Elektrokardiogramm und sein Blutdruck nicht normal waren. Laut den Vorschriften sollte er nicht in einem Arbeitslager festgehalten werden, aber die Verantwortlichen des Arbeitslagers nahmen ihn dennoch auf.

Am selben Tag, nachdem er unrechtmäßig zu einer dreijährigen Haftstrafe in einem Zwangsarbeitslager verurteilt worden war, brachte man ihn in die 2. Abteilung des Zwangsarbeitslagers der Stadt Shijiazhuang und versetzte ihn später in die 3. Abteilung. Die Wachposten hielten ihn in Einzelhaft und verweigerten streng jegliche Information über seine Inhaftierung.

Während Huang Wei in dem Arbeitslager festgehalten wurde, schickte er einen Petitionsbrief an die zuständige Abteilung der Stadtverwaltung. Am 28. August begann Huang Wei einen Hungerstreik, nachdem er keine Antwort der Stadtverwaltung erhalten hatte, und schickte den Brief erneut ab. Am 18. Oktober, dem 52. Tag des Hungerstreiks, sandte die Rechtsvertretung der Stadtverwaltung Mitarbeiter, die sich mit Huang Wei treffen sollten. Danach appellierte Huang Wei bei dem Komitee für „Umerziehung durch Arbeit” der Provinz Hebei und bat um ein Überdenken seines Urteils. Aber es gab viele Schwierigkeiten.

Der Rechtsanwalt Gao Zhisheng traf sich mit Huang Wei im Arbeitslager

Nachdem der Rechtsanwalt Gao Zhisheng von dem Fall Huang Wei erfuhr, entschied er sich, etwas zu den Bemühungen gegen die Verfolgung beizutragen.

Am Morgen des 27. Dezember 2004 gingen Herr Gao Zhisheng und ein anderer Rechtsanwalt zum Zwangsarbeitslager der Stadt Shijiazhuang und baten darum, Huang Wei zu sehen. Die Verantwortlichen des Arbeitslagers sagten ihnen, dass Treffen mit anderen Häftlingen vereinbart werden könnten, jedoch Treffen mit Falun Gong Praktizierenden müssten zuvor vom Büro 610 genehmigt werden, bevor das übliche Verfahren der Verwaltung des Arbeitslagers beginnen könnte.

Herr Gao Zhisheng und seine Kollegen gaben in ihren Bemühungen nicht auf und gingen zwischen der Verwaltung des Büro 610, dem Arbeitslager und der juristischen Vertretung des Büro 610 hin und her.

Das Personal des Büro 610 war sehr arrogant und meinte zu ihnen: „Als Rechtsanwälte sollten sie es besser wissen! Warum sollte es für sie möglich sein, inhaftierte Falun Gong Praktizierende zu sehen?” Herr Gao Zhisheng erklärte: „Dieses Büro 610 ist im Ausland bekannt, weil sie wie die Gestapo außerhalb des Gesetzes operieren.” Das Personal des Büro 610 antwortete: „Wir wissen, dass wir einen schlechten Ruf haben, deshalb haben wir unseren Namen in '”Büro zur Stabilität'” geändert.

Herr Gao Zhisheng blieb hartnäckig, und nach mehr als drei Stunden Verhandlungen, einem ständigen Hin und Her und Warten auf die Zustimmung von Beamten verschiedener Dienstränge, gewährte die Verwaltung des Arbeitslagers schließlich Herrn Gao Zhisheng ein dreiminütiges Treffen mit Herrn Huang Wei.

Gao Zhishengs Eindrücke von Huang Wei und Huang Weis Aussage zu diesem Fall

Herr Gao Zhisheng beschreibt Herrn Huang Wei als sehr vernünftig. Er stellt fest: „Falun Gong Praktizierende wie Herr Huang Wei können alle Missverständnisse, die die Menschen über Falun Gong Praktizierende, über ihre Worte und ihr Verhalten haben, beseitigen.”

Herr Gao Zhisheng erfuhr von Huang Wei, dass er am 28. Juli einen Brief an die Stadtverwaltung geschickt hatte, um eine Wiederaufnahme seines Falles zu erbitten. Er hatte selbst nach einem Monat noch keine Antwort erhalten. Am 28. August begann Huang Wei mit einem Hungerstreik, um auf sich aufmerksam zu machen. Am 9. September sandte er zusätzlich einige „ergänzende Unterlagen» an die Regierung, in denen er festhielt, dass er als Kläger in einen Hungerstreik getreten wäre, um eine Antwort zu fordern. Bis zum Nachmittag des 18. Oktober erhielt er keine Reaktion auf sein Schreiben, bis ihn an diesem Tag Mitarbeiter des Rechtsbüros der Stadtverwaltung besuchten. Einer von ihnen hatte den Nachnamen Li. Sie erzählten Herrn Huang: „Wir haben seit vielen Jahren keine Überprüfung durchgeführt”. Und sie weigerten sich, Huang Wei eine schriftliche Stellungnahme zu geben. Sie wiesen ihn darauf hin, dass er an das Komitee „Erziehung durch Arbeit” in der Provinz Hebei appellieren sollte, obwohl der rechtmäßig letzte Termin zur Überprüfung seines Falles schon verstrichen war.

Herr Gao Zhisheng bestätigte nach seinem Treffen mit Huang Wei, dass Huang Wei überhaupt nicht in der Lage gewesen war zu appellieren, als er im Jahre 1999 zu Zwangsarbeit verurteilt wurde. Er hatte den qualvollen Preis zu zahlen, jedes Mal mit seinen Appellen einen Hungerstreik beginnen zu müssen, um seinen Fall voranzubringen.

Herr Gao erfuhr, dass Huang Wei am 13. April 2004 nach 38 Tagen Inhaftierung von der Polizei in eine Haftzelle gebracht worden war, wo sie ihn für weitere 15 Tage festhielten. Der Grund war, dass sie nicht wegen willkürlicher Verlängerung der Haft angeklagt werden wollten. Sie erklärten ihm nicht, weshalb sie ihn verlegt hatten. Zwei Beamte, die sich weigerten, ihren Namen zu nennen, verhörten Huang Wei. Als Huang Wei die Beamten nach ihrem Namen und ihrer Dienststelle befragte, antworteten sie: „Wir verhören sie und nicht anders herum.”

Da die Beamten alles völlig anders dokumentierten, als wie die Vernehmung tatsächlich verlief, weigerte sich Huang, die Notizen zu unterschreiben. Hung Wei erschrak, als einer der Beamte in Ruhe mit Huang Weis Namen unterschrieb und in seiner Anwesenheit seinen Fingerabdruck auf die Unterschrift drückte.

Huang Wei vermutete, dass die Protokolle des Verhörs als Beweis gegen ihn verwendet wurden, um das Urteil zu bestätigen. Am 3. Juni wurde Huang Wei wieder zu drei Jahren Zwangsarbeit verurteilt und am folgenden Tag in das Zwangsarbeitslager der Stadt Shijiazhuang gebracht. Von diesem Zeitpunkt an musste er Hungerstreiks antreten, um auf diesem Wege zu erreichen, dass er, so wie es das Gesetz vorsieht, das Bürgerrecht zum Appellieren erhält und um die Stadtverwaltung dazu zu bewegen, seinen Fall neu zu überdenken.

Klage abgelehnt; Richter behauptete, dass beide, das Gericht und das Gesetz, der kommunistischen Partei gehören

Bevor Herr Gao Zhisheng in die Stadt Shijiazhuang zurückging, bereitete er eine Anklage vor, die bei dem Verwaltungsgericht eingereicht wurde. In der Anklage wird die Stadtverwaltung von Shijiazhuang beschuldigt, es unterlassen zu haben, auf Huang Weis Appell zu antworten. Gao Zhisheng bat den Angeklagten, von der Stadtverwaltung zu fordern, dem Gesetz zu folgen und ihre Entscheidung (Nr. 0000152) durch das Komitee der „Umerziehung durch Arbeit” gegen Herrn Huang Wei zu revidieren und zusätzlich die entstandenen Kosten für den Rechtsstreit zu tragen.

Am Nachmittag des 27. Dezember 2004 nahm Herr Gao Zhisheng die Dokumente, die er für die Anklage vorbereitet hatte, mit zum Landgericht in der Stadt Shijiazhuang, aber das Gericht weigerte sich, sie anzunehmen.

Am 28. Dezember um 8.30 Uhr morgens ging Herr Gao erneut zum Landgericht, um die Klage einzureichen, aber sie wurde abermals abgelehnt. Ein Richter des Verwaltungsgerichts des Landgerichts traf sich mit Herrn Gao Zhisheng und sagte ihm, dass die Klage beim Xinhua Bezirksgericht einzureichen sei. Um 9.20 Uhr am Morgen desselben Tages ging Herr Gao Zhisheng zum Xinhua Bezirksgericht in der Stadt Shijiazhuang. Ein Richter mit dem Namen Miao sagte ihm, nachdem er die Dokumente durchgelesen hatte: „Wir haben die Anordnung von höherer Stelle erhalten, dass wir keine Fälle von Falun Gong Praktizierenden akzeptieren und keine Rechtsmittel zur Verfügung stellen dürfen.” Als Herr Gao Zhisheng ihn nach entsprechenden rechtmäßigen Bestimmungen fragte, antwortete der Richter, dass diese Regeln von „oben” kämen und dass sie nur die Anweisungen befolgen würden. Er bat Herrn Gao, nochmals mit dem betreffenden Richter des ursprünglichen Gerichts zu sprechen.

Die Beamtinnen an dem Gericht zur Eröffnung von Anklagen erklärten nach dem Lesen des Protokolls und anderer Informationen, dass man sich nicht mit Rechtsfällen, bei denen Falun Gong Praktizierende beteiligt wären, befassen würde und keine Rechtsmittel zur Verfügung gestellt würden, da die Zentralregierung bezüglich Falun Gong entsprechende Dokumente verfasst hätte.

Herr Gao Zhisheng sagte: „Ob ein Rechtsfall akzeptiert wird oder nicht, sollte aufgrund des Gesetzes entschieden werden; falls ein Dokument der Regierung dem Gesetz widerspricht, sollte dieses Dokument als unrechtmäßig betrachtet werden und wäre daher nicht gültig.”

Ein junger Beamte rief: „Wenn Sie glauben, dass das Dokument der Regierung keine Gültigkeit hat, dann wenden sie sich an den Nationalen Volkskongress und bitten ihn, das Gesetz zu ändern!” Gerade in diesem Augenblick kam ein Richter herein, den die Beamtinnen als Leiter des Gerichtes ansprachen, und sagte zu Herrn Gao Zhisheng: „Sie sind wahrscheinlich kein Mitglied der kommunistischen Partei. Wissen Sie denn nicht, dass Rechtsanwälte diese Art von Fällen nicht übernehmen dürfen? Das Gerichtswesen gehört der kommunistischen Partei, und die Partei macht die Gesetze. Seitdem die Zentralregierung uns nicht erlaubt, Anklagen von Falun Gong Praktizierenden anzunehmen, handeln wir danach. Sie können hingehen, wohin sie wollen, und die Anklage überall einreichen.”

Herr Gao Zhisheng schrieb an den Nationalen Volkskongress und erkundigte sich danach, ob Falun Gong Praktizierende die Rechte chinesischer Bürger hätten

Herr Gao Zhisheng war besorgt, dass das Gericht sich offen weigerte, das Gesetz zu befolgen. Am 31. Dezember 2004 schrieb er einen Brief an den Nationalen Volkskongress, einem Organ, das unter der Kontrolle der kommunistischen Partei in China steht, und fragte: „Sind Falun Gong Praktizierende keine chinesischen Bürger? Sind sie nicht von der Verfassung geschützt? Sollten sie nicht die Rechte von chinesischen Bürgern genießen?”

In seinem offenen Brief stellte Herr Gao Zhisheng mit großer Besorgnis fest: „Bis heute durften die Ehefrau von Huang Wei und sein Kind ihn nicht besuchen. Dies ist ein staatlicher, offenkundiger Verstoß gegen das Gesetz. Noch entmutigender ist die Tatsache, dass jene Straftäter, die gegen die Gesetze des Landes verstoßen, genau die Personen sind, die dem Gesetz Geltung verschaffen und die Durchführung der Gesetze schützen sollen. Die Ausführenden des Rechtssystems betrachten die brutalen Gesetzesverstöße als ein gerechtfertigtes Vorkommnis und sie betrachten die Aufrechterhaltung des Rechts nicht länger als etwas, für das sie die Verantwortung tragen. Sie sind ein Beispiel für die andauernde Zerstörung der Gerechtigkeit und der Zivilisation und für die Schaffung von Rechten, auf deren Grundlage sie ihre Macht ausüben; wessen Bedürfnissen dienen sie?”

(1) Im Mai 2003 verloren der Pekinger Bürger Ye Guozhu und seine Großfamilie aus drei Generationen ihr Zuhause und ihr Eigentum durch eine Zwangsräumung. Sie erhielten niemals einen Cent von dem Bauunternehmer oder der Regierung. Bis jetzt besteht die Regierung darauf, Herrn Ye Guozhu und seiner Familie einen Ausgleich gezahlt zu haben. Ye Guozhu und seine Familie wurden zur Obdachlosigkeit gezwungen. Er war gezwungen, gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Sohn auf den Straßen zu betteln, während er gleichzeitig bei verschiedenen Ebenen der Regierung appellierte. Sie wurden verhaftet und inhaftiert. Sie appellierten erneut und wurden wieder festgenommen und ins Gefängnis gesteckt.

Herr Ye Guozhu sagte dem Reporter, dass er niemals gesehen oder davon gehört hätte, dass die Regierung irgendeinen der Problemfälle gelöst hätte, für die man appelliert hatte. Er erkannte, dass das Appellieren erfolglos war. So entschloss er sich, ein Menschenrechtsaktivist zu werden. Er versuchte mehrmals, eine Parade mit 10.000 Menschen zu organisieren, aber die Polizei verweigerte entweder die Genehmigung oder setzten ihn unter Hausarrest. Am 24. August 2004 gingen er und einhundert weitere appellierende Bürger zur Hauptsicherheitsabteilung der Pekinger Polizei und forderten eine Genehmigung für eine Parade von 10.000 Menschen am 18. September 2003. Drei Tage später wurde er festgenommen wegen „Verdacht der Störung der öffentlichen Sicherheit", und später nahm man ihn fest mit der Beschuldigung der „Störung der sozialen Ordnung."