Er hebt nie wieder seinen Gürtel zum Schlagen (Bild)

Im April 2002 wurde ich mit einigen Praktizierenden von Polizisten entführt und vorläufig in einem unterirdischen Durchgang der Polizeiwache festgehalten.

Schwaches Licht beleuchtete das verzerrte, böse Gesicht der Polizisten. Sie fragten einen nach dem anderen nach ihrem Namen. Keiner von uns wollte ihnen gehorchen. Die Polizisten zogen ihre breiten Ledergürtel ab und schlugen auf einen in einer Ecke sitzenden jungen Praktizierenden ein. Ich rannte ohne zu zögern zu ihm hinüber und schützte seinen Kopf. Die Gürtelschläge fielen wie dichte Regentropfen auf meine Arme und den Kopf. Während sie schlugen, schrie einer von ihnen: „Geh weg, welche Beziehung hat er zu dir, sodass du ihn beschützt?”

Ich erwiderte ernst: „Er ist mein Bruder. Leg deinen Gürtel weg, sonst wirst du es bereuen!”

Aber sie schwangen weiter mit ihren Gürteln. In diesem Moment kam eine kleine Gestalt von der anderen Seite des Durchgangs aus dem Tageslicht heraus auf uns zu. Er ging und rief: „Papa!” während er beim Gehen etwas aus der Hosentasche holte, was er dann in den Mund steckte. Zufrieden kaute er und kam zu uns heran.

Der Arm mit dem Gürtel blieb in der Luft stehen. Der Polizist drehte sich kurz um und sah seinen Sohn an, der gerade konzentriert etwas in der Tiefe seiner Tasche suchte und deshalb das Körpergewicht zu einer Seite neigte. Ein leichtes Lächeln erschien auf der abscheulichen Fratze.

Er grüßte seinen Sohn kurz und schwang dann seinen Gürtel wieder hoch. Ich ließ den jungen Praktizierenden los und stand langsam auf. Der Sohn des Polizisten war ca. 6 oder 7 Jahr alt. Ich sah ihn an. Er suchte immer noch in seiner Hosentasche und naschte genüsslich. Ich wunderte mich, dass sich so ein kleines Kind so „ruhig” die grausame Folterszene anzugucken wagte.

„Bring das Kind weg!”, sagte ich zu dem Vater, der wieder seinen Gürtel schwang. Er hielt inne, sagte aber gleich, mit etwas Stolz: „Mach dir nur keine Gedanken. Unsere Kinder sind mit solchen Szenen vertraut und bekommen keinen Schreck.”

Mir tat er in diesem Moment sehr leid. Ich sagte also trotzdem in bestimmtem Ton zu ihm: „Bring das Kind weg! Wenn er in absehbarer Zukunft erfährt, dass du heute gnadenlos die besten, gutherzigsten Menschen der Welt schlägst, wird er dich schmähen. Du würdest deine Vaterwürde für immer verlieren!”

Er starrte mich sprachlos an. Im unterirdischen Durchgang herrschte Totenstille. Die Mittäter schauten ihn auch an.

Nach einer Weile faltete er seinen Gürtel zusammen und band ihn wieder um die Taille. Mit hängendem Kopf nahm er die kleine Hand seines Sohnes und ging nach draußen. Nach ein paar Schritten hielt er an und beugte sich zu dem Kind nieder. Er sprach zu seinem Sohn, mit einer Stimme, die jeder wahrnehmen konnte: „Sag auf Wiedersehen zur Tante, sag Dankeschön zur Tante.”

Das Kind drehte sich zu mir um und hob die kleine Hand hoch. Mit kindlicher Stimme sagte er: „Danke, Tante. Auf Wiedersehen, Tante.”

Alle schauten ihnen nach. Kurz bevor sie das Ende des Gangs erreichten, winkte der Mann, der gerade seinen Gürtel wieder umgebunden hatte, uns mit seiner rechten Hand zu. Dann gingen sie zum Eingang, der noch hell war.

Etwas später erfuhr ich, dass er ein „berühmter” Schläger war. Seit diesem Vorfall sah ihn niemand je wieder einen Menschen schlagen.