Der Schiedsspruch des Revisionsgerichts von Hongkong bezüglich der Aufhebung der Verurteilung von Falun Gong-Praktizierenden
1. Das Recht, friedlich zu demonstrieren, ist ein Grundrecht, das vom Artikel 27 des Grundgesetzes geschützt wird. Es ist eng mit der Redefreiheit verbunden. Diese Rechte beinhalten natürlich auch die Freiheit, Ansichten zu vertreten, die andere unangenehm oder befremdlich finden oder die Amtspersonen kritisieren. Diese Freiheiten stellen das Herzstück des Regierungssystems von Hongkong dar, und die Gerichte sollten sie großzügig auslegen.
2. Die Berufungskläger waren Teil einer Gruppe von 16 Anhängern von Falun Gong, die am 14. März 2002 auf dem öffentlichen Gehsteig vor dem Verbindungsbüro der zentralen Volksregierung eine friedliche Demonstration veranstalteten. Die Demonstranten ignorierten Mahnungen der Polizei, sich von dem Ort zu entfernen. Das führte dazu, dass alle 16 [Demonstranten] verhaftet und wegen Blockierung eines öffentlichen Platzes verurteilt wurden. Ihr Verhalten nach der Überführung auf die Polizeiwache-West führte außerdem dazu, dass sie zusätzlich wegen absichtlicher Behinderung der Polizeibeamten bei der Ausübung ihres Dienstes angezeigt wurden. Zwei weitere [Demonstranten] wurden auch noch wegen tätlichem Angriff auf Polizeibeamte bei der Ausübung ihres Dienstes angezeigt.
3. Der Richter verurteilte die Angeklagten in allen Anklagepunkten. Das Berufungsgericht verwarf die Verurteilung wegen Blockierung eines öffentlichen Platzes, hielt allerdings die Urteile wegen absichtlicher Behinderung und tätlichem Angriff aufrecht. Das oberste Berufungsgericht verwarf diese bleibenden Verurteilungen.
4. Nicht jedes Blockieren eines öffentlichen Platzes (wie z.B. eines öffentlichen Gehweges) ist ein Vergehen. Das Gesetz fordert von Benutzern von öffentlichen Plätzen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Geben und Nehmen. Nur wenn die Behinderung eine unzumutbare Nutzung des öffentlichen Platzes ist, ist sie „von Gesetzes wegen unentschuldbar” und kann somit als Vergehen betrachtet werden. Unzumutbar hieße hier bezüglich des Umfangs, der Dauer, dem Ort und der Zeit, zu der es stattfindet, und dem Zweck, warum es stattfindet. Wenn die Behinderung von Menschen ausgeht, die ihr verfassungsmäßiges Demonstrationsrecht ausüben, muss der Bedeutung dieses Grundrechts bei der Entscheidung, ob die Behinderung unzumutbar war, hinreichendes Gewicht eingeräumt werden.
5. Bei der Zurückweisung des Urteils wegen Blockierung eines öffentlichen Platzes begründete das Berufungsgericht, dass die Polizei und der Richter die Frage der Unzumutbarkeit nicht ausreichend berücksichtigt hätten. Die geringfügige Behinderung, die durch diese kleine Demonstration verursacht worden war, kann nicht als unzumutbar bezeichnet werden und war somit kein Vergehen.
6. Da die Polizei die Demonstranten wegen des Verdachts auf Blockierung eines öffentlichen Platzes festgenommen hatte, musste das oberste Berufungsgericht die Auswirkung der Zurückweisung des Urteils auf die Rechtsgültigkeit der Festnahmen prüfen. Wenn die Festnahmen unrechtmäßig gewesen wären, dann hätten die Handlungen der Polizisten gegen die Demonstranten auf der Polizeiwache nicht bei der Ausübung ihres Dienstes stattgefunden. Somit könnten die Urteile wegen absichtlicher Behinderung und tätlichem Angriff auf Polizeibeamte bei der Ausübung ihres Dienstes nicht aufrecht erhalten werden.
7. Eine Person darf rechtmäßig ohne Haftbefehl verhaftet werden, wenn der Beamte (1.) die Person wirklich verdächtigt, ein Vergehen begangen zu haben, was mit Gefängnis bestraft wird; und (2.) er für diesen Verdacht ausreichende Gründe hat, wobei dabei alle rechtlichen Grundlagen zu dieser Art des Vergehens berücksichtigt werden müssen und die Informationen, die ihm zum Zeitpunkt der Verhaftung zur Verfügung stehen, mit einbezogen werden müssen.
8. In diesem Fall handelten die Polizisten, die die Verhaftung vornahmen, nach Informationen, die ihnen in Polizeibesprechungen vor der Verhaftungsaktion mitgeteilt worden waren, und auf Basis dessen, was sie vor Ort gesehen hatten. Das Gericht sagte, dass die Beamten keine ausreichenden Gründe für ihren Verdacht gehabt hätten, dass ein Vergehen wegen der Behinderung eines öffentlichen Platzes vorgelegen hätte. Bei der Polizeibesprechung war die rechtliche Grundlage nicht berücksichtigt worden, ob die Demonstranten bei der Ausübung ihres Grundrechts zu demonstrieren eine unzumutbare und somit gesetzlich unentschuldbare Behinderung verursachten. Vor Ort gab es keinen diesbezüglichen Anhaltspunkt. Daher war die Festnahme gesetzwidrig und darauf folgende Handlungen der Polizeibeamten in der Zeit, in der sie die Revisionskläger festhielten, fanden nicht bei der Ausübung ihres Dienstes statt.
9. Daher gibt das Gericht der Revisionsklage statt und lässt alle verbleibenden Anklagepunkte fallen. Es merkt an, dass es nicht die beteiligten Polizisten kritisiert. Sie meisterten eine schwierige Situation in einem Gebiet des Gesetzes, das gerade in der Entwicklung ist, ganz und gar mit Zurückhaltung und disziplinierter Professionalität.
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