Leitartikel der Zeitung Boston Globe: Flache Erde, verworrenes Web

(Minghui.de) Am Vorabend des neuen Jahres sperrte die Firma Microsoft die Webseite des Regimekritikers und Journalisten Zhao Jing. Seine Kritik bezüglich den von Seiten der Regierung veranlassten Entlassungen von Redakteuren einer fortschrittlichen Zeitung in Peking, die er unter dem Pseudonym „Michael An Ti” veröffentlichte, verärgerte das chinesische Regime. Microsoft rechtfertigte die Schließung von Zhangs Webseite damit, dass sie chinesisches Recht respektiere. Doch können amerikanische Technologiefirmen, die in Übersee Geschäfte machen wollen, nicht auf eine ethische Art und Weise operieren, solange sie das Gastland dabei unterstützen die Menschenrechte zu unterdrücken.

Das gewaltige, unbändige Internet wird wahrscheinlich eine größere Bedrohung für repressive Regierungen sein - ob dies nun in China, Burma oder Singapur geschieht - als demokratische Demonstrationen oder Streiks. Schon mehr als 100 Millionen Chinesen benutzen das Internet, um direkt Informationen zu verbreiten, welche die Regierung lieber unterdrücken würde. Im November war beispielsweise das Web die Unterstützungsplattform und ein Verstärker der öffentlichen Wut darüber, wie die Regierung den Benzol-Chemieunfall in der Stadt Harbin herunterspielte.

Die Regierung versuchte dagegen mittels hoch entwickelter Software, die Webseiten blockieren kann, auf denen so genannte „verbotene Sprachen” d.h. Wörter wie „Tibet”, „Tiananmen” oder „Falun Gong” auftauchen, anzugehen und bekämpfte dadurch Feuer mit Feuer. Der Konzern Cisco Systems wurde bereits scharf kritisiert, weil er solche Filtersoftware an China verkauft hatte. Auch andere amerikanische Firmen wie beispielsweise das Internetportal Yahoo, Google News, Sun Microsystems etc., machen sich bei dieser Zensur durch das chinesische Regime auf die eine oder andere Art und Weise zu Mitkomplizen.

Rebecca MacKinnon, ein Mitglied des „Harvard's Berkman Zentrums” für Internet und Gesellschaft und ehemalige Büroleiterin der CNN in Peking sagte, dass Technologieunternehmen freiwillig breite Industriestandards entwickeln sollten, um in Ländern wie etwa China operieren zu können und dadurch eine geschlossene Front gegen Funktionäre bilden können, die versuchen Informationen zu kontrollieren. Sie erwarte zwar nicht, dass amerikanische Technologieunternehmen sich vom größten Markt der Welt abwenden; die Prinzipien würden dennoch auf dem Spiel stehen, gerade in China. „Wir müssen wissen, wo die Technologie steht, wenn es dazu kommt, dass das Recht des Benutzers gegenüber der Forderung einer Regierung auf dem Spiel steht.”

Die Interessensgruppe „Reporter ohne Grenzen” reicht nun eine Petition an den Kongress und die Regierung ein, mit der Aufforderung, Anstrengungen zu unternehmen, damit freiwillige Richtlinien eingeführt werden. So könnten die Technologieunternehmungen sich diesen anschließen oder erschwerende Gesetze für ihre internationalen Geschäfte riskieren. Kongressanhörungen wurden bereits festgelegt und es reicht nicht mehr aus, dass sich solche Unternehmen darauf berufen, dass sich repressive Gesellschaften alleine durch deren Anwesenheit öffnen würden.

Bis jetzt ist das Image der Hoch-Technologie noch eher freundlich: relativ unverschmutzt, bietet anständige Anstellungsbedingungen und fühlt sich der Gesellschaft gegenüber verantwortlich. Doch dies mag sich nun ändern.

Seit dem Wochenende ist An Ti wieder zurück auf dem Internet und veröffentlichte seine Tagebuchnotizen über einen amerikanischen Host (Webseitenanbieter). In China ist dies jedoch weiterhin nicht möglich, lediglich durch E-Mail. „Es ist sehr hart ein freier Chinese zu sein”, schrieb er seinen Anhängern. „Schreckliche Große Mauer, schreckliches Microsoft.”

Original am 18.01.2006 erschienen.