Lieber Mitpraktizierender, wo bist du?

(Minghui.de) Als ich im Herbst 2004 als Köchin für Dutzende von Arbeitern in der Fabrik eines Mitpraktizierenden namens Zhao (Deckname) arbeitete, habe ich Xiang Wen (Deckname), einen aus der Inneren Mongolei kommenden Praktizierenden, kennen gelernt. Xiang Wen war über 30 Jahre alt. Nachdem er sich geweigert hatte, Falun Gong aufzugeben, wurde er ins Gefängnis geworfen. Sein staatlicher Arbeitnehmer hatte ihm gekündigt. Da er nach der Entlassung aus dem Gefängnis weiterhin Falun Gong praktizierte, verließ ihn seine Frau mit dem Kind. Sein Schwager verriet ihn wegen seiner festen Überzeugung von Falun Gong bei der Polizei. Als die Polizei ankam, war er zufällig nicht zu Hause. Dank der Hilfe des Meisters gelang es ihm, der Festnahme zu entgehen. Seitdem ist er gezwungen, Heim und Hof zu verlassen und obdachlos zu leben. So ist Xiang Wen hierher gekommen.

Obwohl Xiang Wen alles Lebensnotwendige verlor, sah man in seinem Gesicht keine Traurigkeit. Stattdessen lächelte er immer, weil das wertvolle Dafa in seinem Herzen lag. Der gutaussehende Mann war schlicht und ehrlich; deshalb war er bei allen Mitarbeitern gern gesehen. Da ich zwei Jahre älter bin als er, nannte er mich Schwester Wang. Um einer Festnahme auszuweichen, war ich einmal gezwungen, von einem Stockwerk hinunterzuspringen, wobei ich mir ein Bein brach. Während der Genesungszeit half Xiang Wen mir immer beim Einkaufen. Er trug die Lebensmittel zum 8. Stock hinauf und brachte die Müllsäcke runter. Manchmal war der Abwasserkanal in der Küche verstopft, dann half er mir sofort, das Problem zu lösen. Ab und zu ging er auch auf Dienstreise, um die Produkte der Firma auszuliefern.

Auf seinen Wunsch hin finanzierte der Geschäftsführer Zhao ihm einen Computerkurs. In der Freizeit machten Xiang Wen und ich zusammen die Übungen. Nach dem Fa-Lernen tauschten wir uns oft aus. Damals war Winteranfang. Tagsüber bereiteten wir handgeschriebene Aufkleber vor und Hunderte von Informationen über die Verfolgung von Falun Gong, um sie oft abends in der Stadt zu verteilen. Unter dem Schutz des Meisters ist es uns mehrmals gelungen, der Gefahr zu entkommen.

Kurz vor dem traditionellen chinesischen Neujahrsfest wollte Xiang Wen nach Hause gehen, um seinen todkranken Vater und seine Mutter zu besuchen. Beim Abschied sagte er, dass er nach drei Wochen wieder zurückkehren werde. Aber es sind bereits zwei Jahre vergangen, und ich habe ihn nie wieder gesehen.

Wie ich hörte, soll er bei seiner Rückkehr von der Polizei entführt worden sein. Genaueres war nicht bekannt. Danach verließ auch ich die Fabrik. Ich las auf der Webseite ständig Nachrichten aus seiner Heimat, in der Hoffnung, etwas von ihm zu hören. Aber jedes Mal wurde ich enttäuscht. Vor einigen Tagen erfuhr ich von einem Mitpraktizierenden, dass Xiang Wen einmal zurückgekommen und wieder weggegangen sei. Eines Tages begegnete ich einer Köchin aus Zhaos Fabrik, die auch Falun Gong praktizierte. Da sie später in diese Fabrik gekommen war, wusste sie nicht, dass ich vorher engen Kontakt mit Xiang Wen gehabt hatte. Sie sagte mir, dass Xiang Wen einige Monate lang in dieser Stadt gewesen sei. Als sie ihn das erste Mal sah, spürte sie in ihrem Herzen ein starkes Gefühl der Vertrautheit. Nachdem sie sich weiter erkundigt hatte, erfuhr sie, dass Xiang Wen tatsächlich ein Mitpraktizierender war. Wahrscheinlich war er im Gefängnis gestrauchelt und ging nun den anderen Praktizierenden aus dem Weg. Er tauschte sich nicht mit ihnen aus und sagte, dass er nicht mehr Falun Gong lerne. Im Gegensatz dazu redete er oft und freundlich mit den Mitarbeitern in der Fabrik. Man sagte, dass sein Vater bereits gestorben sei. Sein in dieser Stadt arbeitender Bruder kam bei einem Unfall ums Leben; so kam er, um die Trauerangelegenheiten zu erledigen. Mit der Urne seines Bruders kehrte er wieder in seine Heimat zurück.

Als ich das hörte, schwieg ich eine Zeit lang. Ich konnte verstehen, dass Xiang Wen aufgrund seines Fehlers den Mitpraktizierenden aus dem Weg ging und mich nicht kontaktierte. Aber es gab außer Zhao noch einige Mitpraktizierende, die wussten, dass ich mit Xiang Wen eine gute Beziehung gehabt hatte. Obwohl sie die Lage Xiang Wens vor Augen hatten, ließen sie ihn einfach so gehen, ohne mich zu informieren. Als eine ihm vertraute Mitpraktizierende hätte ich mit ihm reden können. Es wäre sehr leicht gewesen, mich zu erreichen. Es war mir unangenehm. Ich denke, dass wir keine Verantwortung für ihn getragen haben. Alle wissen, dass zahlreiche Lebewesen in seiner Welt ruiniert werden, wenn ein Dafa-Jünger ruiniert wird. Nun befindet sich gleich neben uns ein Mitpraktizierender, der vorher Tag und Nacht mit uns zusammenlebte, in einer solchen Gefahr und trotzdem bleiben wir teilnahmslos. Ist das dem Mitpraktizierenden gegenüber nicht dumpf und gewissenlos?

Ich ging zu Zhao, um nach der Adresse von Xiang Wen zu fragen. Zhao war einige Jahre jünger als Xiang Wen und glaubte fest an Dafa. Um der Verfolgung zu entgehen, sprang er einmal aus dem 5. Stock herunter und war danach behindert. Aufgrund der Verfolgung konnte er unmöglich nach Hause gehen. Es war nicht leicht, sich hier in einer fremden Stadt allein um die Fabrik zu kümmern. Er hatte viele Projekte finanziert, um Dafa zu bestätigen. Außerdem bot er Mitpraktizierenden viel Hilfe an. Als ich ihn in der Werkshalle sah, sagte ich: „Wie konnte Xiang Wen so verwirrt sein ... ” Sobald er den Name hörte, konnte er seine Wut nicht zügeln. Er unterbrach mich empört: „Er ist nicht verwirrt. Er spielt nur so verwirrt!” Ich hatte keine Lust, mir seine Vorwürfe weiter anzuhören, und wechselte ein paar Worte mit einigen bekannten Mitarbeitern. Vor ihnen wollte ich nicht mehr mit Zhao über Xiang Wen diskutieren. Es machte keinen Sinn, ihn nun zu fragen, warum er mich nicht früher über Xiang Wens Lage informiert hatte. Nachdem ich die Handynummer von Xiang Wen aufgeschrieben hatte, verließ ich die Fabrik. Danach dachte ich: „Wie konnten sich Praktizierende, die sich so benahmen, noch mit Xiang Wen austauschen? Wie konnte ein Praktizierender, der einmal einen Fehler begangen hatte, den Mitpraktizierenden aus dem Weg gehen?”

Beim Abschied sagte Xiang Wen zu der Köchin, dass er nicht mehr zurückkommen würde. Alles, was er nicht mitgenommen habe, solle sie beliebig handhaben. Beim Ausräumen seiner Sachen entdeckte sie eine Tasche, in der ein paar Kleidungstücke lagen, die sie später Mitarbeitern schenkte. Es befand sich noch etwas in der Tasche. Als sie es herausholte, konnte sie feststellen: Es waren ein paar Dafa-Bücher. Ohne eine bestimmte Absicht schlug sie eines der Bücher auf und sah das Foto des Meisters. Sie war sprachlos, weil auf dem Gesicht des Meisters deutlich zwei Reihen Tränen zu sehen waren. Ohne darüber nachzudenken, nahm sie an, dass das Buch feucht sei. Aber das war es nicht. Als sie das Buch einfach einer Mitarbeiterin neben ihr weitergab, die gerade angefangen hatte, Falun Gong zu praktizieren, hörte sie das Mädchen ausrufen: „Der Meister weint!”

Xiang Wen hatte gesagt, dass er nie mehr zurückkommen würde. Ich dachte, der Grund läge darin, weil diese Stadt ihn traurig machte. Nicht nur, weil sein Bruder in dieser Stadt ums Leben gekommen war, sondern auch, weil die Mitpraktizierenden ihn kalt behandelten. Sie waren nicht barmherzig. Ich dachte, dass er vielleicht gehofft hatte, dass mich die Mitpraktizierenden informiert hätten. Vielleicht würde er sich über ein Treffen mit mir gefreut haben, obwohl er nicht nach mir gefragt hatte. Er ist so lange hier geblieben. Wartete er auf mich? Er verließ diese Stadt mit einem gebrochenen Herzen. Ich dachte, die Tränen des Meisters würden nicht nur Xiang Wen gelten, der einmal gestrauchelt war und sich nun herumtrieb, sondern vielmehr unserer Apathie und Unbarmherzigkeit dem Mitpraktizierenden gegenüber, der hinter uns zurückblieb.

Als ich zurückkam, überlegte ich mehrmals, wie ich mit Xiang Wen am Telefon reden sollte. Ich musste aufpassen, dass ich ihm sein bereits zerbrochenes Herz nicht noch einmal verletzte. Seine Familie wurde auseinandergerissen; zwei wichtige Familienmitglieder waren verstorben; seine Frau und sein Kind verließen ihn; sein Lebensunterhalt war problematisch; auf den Weg der Kultivierung ist er gestrauchelt. Solche Schwierigkeiten hatte er erlebt! Kurz vor dem Mondfest (15. August nach dem Mondkalender) entschied ich mich, ihn an dem Feiertag anzurufen. Ich wollte ihn zu diesem schönen Familienfest beglückwünschen, in der Hoffnung, dass es ihn beeindrucken und er später darüber nachdenken würde. So habe ich ihn den ganzen Tag angerufen, konnte ihn aber nicht erreichen. Mir wurde mitgeteilt, dass er entweder das Handy ausgeschaltet habe oder nicht erreichbar sei. Ich konnte mich noch gut erinnern, dass Xiang Wen mir mal gesagt hatte, dass es um seine Wohnung herum dichte Wälder gebe. Als er 1998 das Dafa erhalten habe, hätte er zwei bis drei Stunden fahren müssen, um die Mitpraktizierenden in seiner Gegend sehen zu können. Es gäbe da wirklich nur wenige Praktizierende. Seit der Verfolgung war die Lage dort auch besonders schlimm. Dieses Mondfest verbrachte ich mit Unruhe im Herzen. Bis jetzt, wo ich nun diesen Bericht schreibe, ist es mir noch nicht gelungen, Xiang Wen zu erreichen.

Als ich das Buch „Zhuan Falun” aufschlug, sah ich das Kapitel „Menschen mit großer Grundbefähigung” (Lektion 9). Dies erinnerte mich an Zehntausende von Mitpraktizierenden, die aufgrund ihres Festhaltens an der Wahrheit alles in ihrem menschlichen Leben verloren haben. Die auf der ganzen Welt verstreuten Praktizierenden gingen auf ihrem Weg zu Gottheiten, um Lebewesen zu erretten. Was sie erlebt haben, ist viel schwieriger als das, was dem Mann widerfuhr, den der Meister im Buch als Beispiel nennt. Wo sind die Menschen mit großer Grundbefähigung? Meiner Meinung nach sind sie unter den Dafa-Jüngern! Sie sind gerade die Mitpraktizierenden, die sich neben uns befinden. Ich werde den Mitpraktizierenden, die gestrauchelt sind, sagen: „Seid nicht über euch selbst enttäuscht und lasst den Mut nicht sinken. Wir sollen aufstehen, falls wir hinstürzen, weil wir Dafa-Jünger sind!”

Dem Meister folgend gehen wir auf dem brillantesten Weg zu Gottheiten. Obwohl wir auf diesem Weg mühsam voranschreiten, wird dieser neuartige Weg von den Dafa-Jüngern mit ihrem Leben und ihrem starken Willen aufgezeigt! Die Praktizierenden, die über sich selbst enttäuscht sind, sollen wissen, dass der uns erlösende barmherzige Meister, der bereits viel zu viel für uns gelitten hat, um uns weint!

Der Meister schätzt jeden Schüler und hofft, dass er so schnell wie möglich aufstehen und zu Dafa zurückkehren kann. Ich erinnere mich an einen Traum, den ich kurz nach dem Erhalt des Dafa hatte. In diesem Traum sah ich mit erhobenem Kopf den Meister im Himmel. Er sagte zu mir: „Ihr seid Perlen, die ich vorher in das Meer verstreut habe. Nun werde ich euch zurücksammeln.” Seine barmherzige Stimme hallte im ganzen Kosmos wider.

Ich hoffe, dass es unter uns Dafa-Jüngern mehr Verständnis und Barmherzigkeit gibt. Wir sollen uns gegenseitig respektieren. Wir sollen daran denken, dass zahlreiche Praktizierende neben uns außergewöhnliche Lebewesen sind, die Mut gefasst haben und mit tausend Malen Samara durch zahlreiche Ebenen herunterkommen sind, um das Dafa zu erhalten. Selbst wenn einer Fehler auf dem Weg der Kultivierung begangen hat, betrachtet der Meister ihn anders. Geschweige denn wir? Wenn wir sehen, dass ein Praktizierender neben uns auf den Boden gestürzt ist, sollen wir ihm beim Aufstehen helfen. Geht das über unsere Kraft, müssen wir versuchen, Hilfe bei Mitpraktizierenden zu holen. Auf jeden Fall dürfen wir nicht nur Kritik an ihm üben, ihn sogar mit anderen Augen betrachten bzw. verachten. So schieben wir ihn nach unten, anstatt ihn nach oben zu ziehen, worüber sich die alten Mächte freuen. Sie wollen gerade die Dafa-Jünger herunterziehen und ruinieren. Ich hoffe, dass wir die Schicksalsverbindung zwischen uns Mitpraktizierenden schätzen.

Ich habe immer das Gefühl, dass Xiang Wen Dafa nicht wirklich verlassen hat. Er ist nur etwas deprimiert. Ich hoffe, ihn wiederzusehen. Ich hoffe, dass sich Praktizierende in der Stadt Qiqihaer mehr um Xiang Wen kümmern werden, weil er nicht weit davon entfernt wohnt. Ich hoffe, dass wir alle mehr für die Praktizierenden, die auf dem Weg der Kultivierung gestrauchelt sind, sorgen und ihnen intensivere Unterstützung bieten. In der Tat haben es viele Praktizierende gut gemacht. Ich selbst war leider nicht so. Als Xiang Wen bei uns war, habe ich mich nicht um sein Leben gekümmert. Stattdessen half er mir, einer örtlichen Praktizierenden, bei der Arbeit und der Lebensbewältigung. Lasst uns erneut anfangen und es besser tun, worüber sich der Meister freuen wird.