Aus dem Gefängnis unseres Geistes heraustreten

(Minghui.de)

Ich erinnere mich daran, als ich zum ersten Mal das Gedicht „Sei nicht traurig” von Meister Li lernte:

Körper im Käfig gefangen, sei nicht traurig
Aufrichtige Gedanken, aufrichtiges Verhalten, das Fa ist da
Ruhig überlegen, wie viele eigensinnige Dinge noch da
Menschliches Herz abgelegt, Böses vernichtet sich selbst

(Sei nicht traurig, 13. Januar 2004, Hong Yin II, Li Hongzhi)

Ich dachte, dieses Gedicht wäre für die Praktizierenden geschrieben worden, die verhaftet und eingesperrt wurden. Heute habe ich ganz klar erkannt, dass dieses Gedicht für alle Dafa-Praktizierenden geschrieben wurde. Wenn vom „Gefängnis” die Rede ist, denken wir sofort an schwere Tore und dunkle Zellen, als Ergebnis von Betrachtungen, die durch unsere menschlichen fleischlichen Augen entstanden sind. Tatsache ist jedoch, dass es noch eine Art Gefängnis gibt, das sogar noch schrecklicher ist, und das ist das Gefängnis in unserem Kopf.

Ich erhielt Dafa während der intensiven Verfolgung im Jahre 1999. Während des Prozesses, dem Meister bei der Fa-Berichtigung zu folgen, hatte ich eine ziemlich milde Umgebung, auch wenn die Polizei zu meinem Haus kam, um mich zu suchen; Mitpraktizierende in meiner Umgebung verhaftet wurden und mich Vorgesetzte anschrieen oder fortjagten, weil sie die Wahrheit nicht kannten. Trotz der Verfolgung praktizierte ich immer weiter.

Jedes Mal wenn sich eine gefährliche Situation auftrat, schien ich nie in Gefahr zu sein. Der Meister gab mir Hinweise, die mir versicherten, dass wir, wenn wir einen großen aufrichtigen Weg gehen, nicht in Gefahr sind. Eigentlich geschah nie etwas wirklich Gefährliches. Ein Ereignis, das mich am meisten traf, war, als ein Mitpraktizierender verhaftet wurde, mit dem ich eng befreundet war, während ich am selben Tag von einem Vorgesetzten einen Drucker kostenfrei bekam. Ich wusste, dass mir der Meister damit einen Hinweis gegeben hatte, die drei Dinge weiterhin gut zu erledigen.

Ich hörte nie damit auf, die drei Dinge zu tun. Doch als mehr und mehr Praktizierende um mich herum verhaftet wurden, zögerte ich wegen des Eigensinns der Angst, zu viele Informationsmaterialien an andere Praktizierende um mich herum zu verteilen; noch wollte ich mit Praktizierenden in Kontakt bleiben, die bereits verfolgt wurden. Ich war immer darum besorgt, selbst darin verwickelt zu werden und benutzte stets die Ausrede, sehr beschäftigt zu sein, um meine Eigensinne der Angst und des Strebens nach Bequemlichkeit zu verdecken. Die Konsequenz davon war, dass die Ausreden zur Wirklichkeit wurden. Mein Arbeitspensum erhöhte sich dramatisch und es kam eine Hauptuntersuchung nach der anderen. Die Arbeitsmaterialien, über die wir höheren Abteilungen berichten mussten, wurden auch als fehlerhaft angesehen.

So kam es, dass ich keine Zeit mehr zum Fa-Lernen hatte und dazu noch mein Drucker zusammenbrach. Dadurch war ich nicht mehr in der Lage, Informationsmaterial für meinen eigenen Gebrauch herzustellen, geschweige denn, andere Praktizierende damit zu versorgen. Da ich nicht mehr genug Informationsmaterial für andere Praktizierende hatte, kamen natürlich immer weniger zu mir nach Hause. Dies führte konsequenterweise dazu, dass ich mich immer weniger mit Mitpraktizierenden austauschen konnte und so meine geistige Ebene nach unten fiel.

Dieser Zustand hielt für mehrere Monate an, doch bemerkte ich es nicht selbst. Ich begann und beendete jeden Tag mit einem riesigen Arbeitspensum. Ich hoffte immer, dass der nächste Tag besser sein würde, aber nach mehreren Monaten war das erhoffte „Morgen” lediglich eine Wiederholung des „Heute”. Ich fragte mich, warum ich nicht aus diesem Zustand heraustreten konnte.

Heute, als ich die Minghui/Clearwisdom Webseite besuchte und die Erfahrungsberichte von Mitpraktizierenden las, kam mir plötzlich ein Gedanke: „Warum kann ich nicht aus diesem Zustand heraustreten? ... Kann nicht heraustreten ... kann nicht heraustreten... ist der Zustand des nicht heraustreten Könnens nicht auch eine Form von Gefängnis?”

Ich war nicht offensichtlich in einem Gefängnis, welches das Böse arrangiert hatte und das mit menschlichen Augen sichtbar war, doch war ich anstelle dessen in einem Gefängnis, das durch meine Eigensinne errichtet worden war. Welches Gefängnis ist nun schrecklicher? Das Gefängnis im Kopf! Wenn wir die Eigensinne nicht beseitigen, werden diese Gefängnisse nicht verschwinden. Ich fand alle Arten von schlechten Gedanken in mir. Der erste war der Mangel, einen hundertprozentig reinen und unerschütterlichen Glauben an die Hinweise des Meisters zu haben, gefolgt von Angst, Bequemlichkeit, Eitelkeit, Neid, Geltungssucht, Ruhm und Eigennutz und der Schmeichelei. Jeder dieser Eigensinne existierte in verschiedenem Ausmaß und war versteckt. Am nächsten Tag schnitt ich einen roten Apfel auf, um ihn vor das Bild des Meisters zu legen, doch war das Innere des Apfels bereits faul. Dies war ein Hinweis des Meisters, dass sich alles in unserem Geist widerspiegelt, ob wir uns nun gut kultivieren oder nicht. Der Meister hofft für uns, dass wir uns gut kultivieren und reine und klare Falun Dafa-Jünger werden.

Nicht nur, dass ich mir selbst dieses „Gefängnis im Kopf” kreierte, sondern ich bemerkte, dass auch viele andere Praktizierende ähnliche Probleme hatten. Ganz gleich, ob wir diese oder jene Ausrede haben, bildet sie bereits die Wand, das Eisentor und die finstere Umgebung eines Gefängnisses, das uns davon abhält, nach vorne zu gehen. Dies hält uns davon ab, Lebewesen zu erretten, unsere eigene mächtige Tugend zu errichten, und hindert uns, unserer heiligen Verantwortung nachzukommen, die der Meister uns aufgetragen hat. Wie können wir Dafa-Jünger in der Zeit der Fa-Berichtigung werden? Mein eigenes Verständnis ist: Wenn wir die Arrangements der alten Mächte verneinen, werden weder unser Körper noch unser Geist eingesperrt sein. Dann können wir über die wahren Umstände der Verfolgung gut berichten und Lebewesen erretten. Doch wenn wir langsam und lustlos sind, benommen, und hin und her schwanken, sollten wir wirklich sorgfältig überprüfen, ob wir nicht „in einem Gefängnis dahindümpeln?”

26. Oktober 2006