Die Neue Epoche (Deutschland): Des Menschseins würdig sein (Foto)

Dissident Harry Wu: Wandel durch Handel ist eine Illusion

(Minghui.de) Harry Wu, einer der bekanntesten chinesischen Menschenrechtler, traf dieser Tage in Berlin die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, Sprecherin für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Holger Haibach, stellvertretender Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses. Die beiden Bundestagsabgeordneten forderten Bundes-kanzlerin Angela Merkel auf, „bei ihrer China-Reise im Mai die Laogai-Lager gegenüber der chinesischen Staatsführung anzusprechen”.

In dem kleinen Cafe in Berlin-Kreuzberg tönt leise Musik. Harry Wu zeigt auf dem Bildschirm seines Notebooks ein Familienfoto. „Dies sind die Eltern von Yu Dongyue, das ist er selbst”, Harry Wu deutet auf einen jungen Mann. „Er ist ruiniert. Hat nur noch die Intelligenz eines Achtjährigen”, schüttelt Harry Wu den Kopf.

Yu Dongyue, viele Chinesen kennen den ehemaligen Journalisten einfach als den „Eierwerfer”. Er gehört zu den drei jungen Männern, die am 23. Mai 1989 bei der damaligen Studentenbewegung Eier und Farbe auf das Mao-Porträt auf dem Tiananmen-Platz in Peking warfen. Für diese „Sabotage” und seine weitere „konterrevolutionäre Propaganda” wurde Yu Dongyue zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Der ehemalige Kunstkritiker der Liuyang News kam im Februar dieses Jahres als ein gebrochener Mann aus der Haft. Laut Informationen aus dem Familienkreis hat er gerade wieder gelernt, Papa und Mama zu sagen.

Geheimnisse hinter den Mauern aufdecken

Im Vergleich zu Yu Dongyue hat Harry Wu noch Glück gehabt. Die politischen Bewegungen in China haben zwar seine Familie zerstört, konnten aber weder seinem Körper noch seinem Geist etwas anhaben. Ganz im Gegenteil, das Leiden von 19 Jahren Gefängnis hat seinen Willen so gestärkt, dass er seit seiner Freilassung in den 80er Jahren konsequent daran arbeitet, die Geheimnisse hinter den Mauern der chinesischen Arbeitslager aufzudecken.

Als 19-jähriger Geologie-Student war Harry Wu der Aufforderung des damaligen Parteivorsitzenden Mao Tse-Tung brav gefolgt, offen Kritik an dem kommunistischen System zu üben. Der junge Student fiel der landesweiten Kampagne von 1969 zum Opfer, in der jeder seine Meinung offen zum Ausdruck bringen sollte, was sich dann als eine von Mao gestellte Falle für große und kleine Systemkritiker erwies. Wu wurde als „konterrevolutionärer Rechtsabweichler” verhaftet und saß 19 Jahre lang ohne Urteilsspruch in Arbeitslagern. Während viele andere Häftlinge, an Folter oder an der harten Haftarbeit starben, hat Harry Wu überlebt.

„Mein Vater starb bei der Verfolgungswelle. Meine Mutter wurde zum Selbstmord getrieben. Mein jüngerer Bruder zu Tode geprügelt”. Der Sohn eines Bankers aus Shanghai ist inzwischen amerikanischer Staatsbürger und hat genügend Gründe, sich nicht mit der KP versöhnen zu wollen. „Jetzt bin ich frei. Wenn ich mich nicht dafür einsetze, die Wahrheit über das System der chinesischen Arbeitslager an die Öffentlichkeit zu bringen, fühle ich mich meines Menschseins nicht würdig”.

in Lebensziel

Sein Lebensziel gab er 1993 in einem von der Washington Post veröffentlichten Artikel bekannt: das chinesische Wort für Arbeitslagersystem - Laogai - soll, ebenso wie das russische Wort für Lagerhaft und die systematische Verfolgung von Andersdenkenden - Gulag - in jedes Lexikon aufgenommen werden.

„Laogai steht in China für die systematische Verfolgung von Andersdenkenden. Das Wort verbindet sich mit viel zu viel Tränen und Blut”, sagte der heute 69-Jährige.

2004 nahm das Oxford English Dictionary das Wort Laogai auf, anschließend fand das chinesische Wort für das brutale System der Umerziehung durch Arbeit Eingang in den deutschen Duden. Ein Teil des Lebensziels von Harry Wu ist damit erreicht.

Das Laogai-System

Das Laogai-System haben die chinesischen Kommunisten von ihrem russischen Nachbarn in der Stalin-Zeit übernommen. Laut Information der Laogai Research Foundation mit Hauptsitz in den USA, dem Harry Wu vorsteht, wurden im letzten Jahrhundert etwa 50 Millionen Menschen in Arbeitslager geschickt. „Die Hälfte davon ist verschwunden”.

Aus Imagegründen verwendet das KP-Regime in China seit den 90er Jahren das Wort Laogai in der Amtsprache nicht mehr. Arbeitslager werden jetzt offiziell als Gefängnis geführt. Wo früher „Rechtsabweichler” einsaßen, sind es heute hauptsächlich politische Dissidenten, Anhänger von Kirchen und der spirituellen Bewegung Falun Gong. Die genaue Anzahl der existierenden Arbeitslager bleibt unbekannt. Laut Wu befinden sich zur Zeit 6,8 Millionen Menschen in etwa 1100 chinesischen Arbeitslagern.

Gehirnwäsche und Zwangsarbeit seien die Hauptmethoden der sogenannten „Umerziehung durch Arbeit”. Um die Erfolgsquote und die damit verbundenen Prämien des Lagerpersonals zu sichern, sind mittelalterliche Foltermethoden an der Tagesordnung in China.

„Wandel durch Handel” ist Illusion

Nach fast 20 Jahren Lobby-Arbeit freut sich Harry Wu besonders darüber, dass der US- Kongress am 16. Dezember 2005 mit nur einer Gegenstimme in einer Resolution das Laogai-System in China verurteilt hat. Er arbeitet auch auf eine ähnliche Resolution in allen Europäischen Parlamenten hin und ebenso auf ein Gesetz gegen den Import von in Chinas Arbeitslagern hergestellten Waren.

Der Menschenrechtler mahnt die Politiker der westlichen Welt, die Illusion von „Wandel durch Handel” aufzugeben. Für ihn ist die Theorie, ein totalitäres Regime durch Geld zu verändern, genau so unrealistisch wie der Versuch, einen Tiger in einen Vegetarier zu verwandeln.

Am 16. März forderte die Vorsitzende der US-amerikanischen Menschenrechtsorganisation, Zentrum für Religionsfreiheit, vom US-Kongress bei einer Anhörung zu Menschenrechtsfragen die Untersuchung der Massenverhaftungsanlage in Sujiatun, unweit der chinesischen Provinzhauptstadt Shenyang, und der damit verbundenen illegalen Organentnahmen an Verhafteten.


Quelle: http://de.clearharmony.net/articles/200603/30390.html

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