Gesetz oder Spielregel der Macht? Die Welt beobachtet, wie Singapur sich verhält

(Minghui.de) Am 28. Juli fand in einem Gericht in Singapur ein Verfahren wegen einer so genannten „gesetzwidrigen Versammlung von Falun Gong-Praktizierenden» statt. Mehr als zehn Falun Gong-Praktizierende verteidigen im Gerichtssaal ihre Unschuld. Ein Reporter der Minghui - Webseite führte nachfolgendes Interview mit der Menschenrechtsanwältin Terri Marsh.

Dr. Marsh: Die Festnahme der neun Falun Gong-Praktizierenden in Singapur, ist ein weiteres Beispiel für den Mangel an Gesetzgebung in diesem Land. Die Festnahme und die vorliegenden Anklagepunkte sagen nur wenig über das Verhalten der Festgenommenen aus, aber sehr viel über diejenigen, die verantwortlich für diese Festnahmen sind.

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass ein praktikables Rechtssystem immer auf einer Rechtsstaatlichkeit beruht. Ronald Dworkin, Professor in Oxford für Jura und Rechtswissenschaft, erläutert in A Matter of Principle (Harvard University Press, Cambridge MA, 1985): „Eine Rechtsprechung erfordert eine richterliche Instanz innerhalb der Regierung, die unabhängig von der Legislative und Exekutive fungiert; eine Reihe angemessener Prozessrechte, die nicht nur die Aufsicht des gerichtlichen Prozesses selbst beinhalten, das Recht auf einen fairen Prozess und dass Recht die Ankläger ins Kreuzverhör zu nehmen, sondern auch das Recht für die individuellen Bürger auf eine Reihe von Regeln, die klarzustellen, welches Verhalten rechtmäßig und welches gesetzwidrig ist. Ohne eine solche Reihe von Regeln ist das Rechtssystem nur ein Werkzeug für jene, die an der Macht sind und diese damit aufrechterhalten wollen.”

Natürlich wissen alle Rechtsanwälte, dass genaue Parameter für rechtmäßiges oder gesetzwidriges Verhalten niemals eindeutig in einem Gesetzbuch oder im Strafgesetzbuch stehen können. Die Entscheidungskriterien für erlaubtes und unzulässiges Verhalten basieren darauf, wie das Gesetzbuch vom Staat interpretiert und angewendet wird. Wenn beispielsweise Bürger einer „Nation A» mit ihren Hunden auf öffentlichen Gehwegen und allgemein in der Öffentlichkeit spazieren gehen, und es keine gesetzliche Regelung existiert, die dieses untersagt, wäre es der Zusammenbruch der Gesetzgebung, eine Gruppe oder Klasse von Menschen zu benachteiligen und gefangen zu nehmen, wegen eines Verhaltens, das der Staat als rechtens ansieht und erlaubt. Dieselbe Analyse trifft natürlich auf die Wahrheitserklärung wegen der Verfolgung von Falun Gong in China zu bzw. auf das Verteilen von Flyern auf öffentlichen Plätzen, sofern dies nicht ausdrücklich durch die Gesetze in Singapur untersagt ist.

Das Verhalten der Regierung in Singapur entspricht nicht diesem Muster und versagt kläglich bei dem Test ihrer „Rechtsgrundsätze”. Durch die kürzlich geschehene Festnahme von Bürgern in Singapur, hat Singapur dasselbe Verhalten wie die Diktatur in China offenbart, indem das Recht dazu benutzt wird, die Macht aufrecht zu erhalten und zu kontrollieren. Das vorgeworfene Verhalten geschah vor neun Monaten und es waren keinerlei Anzeichen einer Vorwarnung erkennbar und es gab keinerlei Untersuchungen oder irgendein anderes Indiz darüber, dass ihr Verhalten als gesetzwidrig und als nicht erlaubt einzustufen gewesen wäre.

Natürlich sind in China diese Vorgehensweisen noch krasser, wie es in einem Rundschreiben vom 14. Januar 2000 durch das oberste Gericht des Volkes und dem obersten Staatsanwalt veröffentlicht wurde, mit dem Titel: „Vorschläge bezüglich der Behandlung von kriminellen Fällen durch Falun Gong.” Abschnitt 5 des Regierungsberichts stellt klar heraus, dass die einbezogenen Abteilungen der Verfolgung und Rechtssprechung „bei Falun Gong-Fällen, Meinungen austauschen und miteinander zusammenarbeiten müssen, [durch ihre] vorzeitige Übereinstimmung von Tatsachen, Zeugen und Beschuldigungen.”

In China kennt der Richter das Gerichtsurteil und das Strafmaß noch bevor ein Falun Gong-Praktizierender vor ihm erscheint. Wegen der kürzlich erfolgten Festnahmen unschuldiger Falun Gong-Praktizierender in Singapur und der grundlosen Verurteilung von anderen im Vorfeld, ist es doch mehr als wahrscheinlich, dass die neun Bürger aus Singapur bereits ihres Rechtes beraubt wurden, als unschuldig angesehen zu werden, bis die Schuld bewiesen ist, wie auch anderer ihnen zustehender Prozessrechte. Eine Verurteilung, die nicht auf zweifelsfreien Beweisen, Tatsachen und bestehenden Gesetzen beruht, wäre in einem amerikanischen Gericht völlig unvorstellbar.

Wir haben die Beobachtung gemacht, dass es zwingend erforderlich ist, diesen Fall als einen Zusammenbruch des Rechtssystems von Singapur zu betrachten und nicht als einen Fehler oder Versehen (geschweige denn eine Straftat) der neun Bürger aus Singapur.