Singapur: Interview mit einer Praktizierenden, die an einem Klageverfahren beteiligt ist: Warum Lee Kuan Yew vorladen?

(Minghui.de) Im Hohen Gericht von Singapur ist für den 12. Januar 2007 eine Anhörung angesetzt, die den Antrag der Falun Gong-Praktizierenden Dr. Wang Yuyi auf Vorladung von Lee Kuan Yew und anderen Beamten behandelt, die an einem Fall von Falun Gong-Praktizierenden beteiligt waren. Es fand zwischen den zwei Parteien des Anklagefalls ein Streitgespräch statt, ob Lee an dem Fall beteiligt sei oder nicht. Wenn der Richter entscheidet, dass Lee und die anderen Beamten beteiligt waren, wird er die Entscheidung des untergeordneten Gerichts aufheben und fordern, dass Lee und andere Beamte in der Gerichtsverhandlung aussagen, die für den 22. Januar angesetzt wurde.

Am 23. Oktober 2005 verteilten einige Falun Gong-Praktizierende auf belebten Straßen Flyer über den Austritt aus der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Neun Monate später wurden sechs Falun Gong-Praktizierende während des Staatsbesuchs von Li Lanqing in Singapur plötzlich wegen „Versammlung ohne Genehmigung” angeklagt. Die beteiligten Falun Gong-Praktizierenden und mehrere Juristen in Singapur sind der Meinung, dass dies eine lächerliche Anklage ist. Der Drahtzieher dahinter ist höchstwahrscheinlich Lee Kuan Yew, der Ratgeber des Ministers.

Um die wahren Umstände aufzudecken, ihre Reputation wiederherzustellen und die Anklage zum Kippen zu bringen, stellte die Angeklagte Dr. Wang Yuyi schon früh den Antrag, dass das Gericht Lee Kuan Yew vorladen solle. Doch ihr Antrag wurde vom untergeordneten Gericht abgelehnt. Frau Wang denkt, dass das untergeordnete Gericht ihren Antrag nicht einmal in Erwägung zog. Ihr Recht als Angeklagte wurde ihr versagt und so appelliert sie beim Hohen Gericht. Es folgt ein Interview mit Frau Dr. Wang.

Reporter: Hallo, Frau Dr. Wang! Ihr Antrag auf Vorladung von Lee Kuan Yew und anderen hat in den vergangenen Monaten bei vielen Menschen Unruhe und viele Reaktionen ausgelöst. Haben Sie damit gerechnet, als Sie den Antrag einreichten?

Wang: Es ist ganz normal, dass die Parteien einer Anklage während des Verfahrens Zeugen vorladen. Das ist normalerweise ein ganz einfacher Prozess. Warum meine Vorladung besondere Besorgnis auslöste, liegt möglicherweise daran, dass ich eine Person in einer besonderen Stellung vorlade. Ich merkte das in der Verhandlung am 28. Juli. Es war am späten Nachmittag und schon ziemlich dunkel im Gerichtssaal. Es war also nicht genügend Zeit vorhanden, sodass jeder die höchstmögliche Aufmerksamkeit bekommen konnte. Als ich jedoch sagte, dass ich Lee Kuan Yew vorladen würde, entstand eine Unruhe im Gerichtssaal. Viele drehten sich um und schauten mich überrascht an.

Einige sagten mir nachher, dass es großartig sei, Lee vorzuladen. Einige dachten, dass ich sie absichtlich herausgefordert und erniedrigt hätte, so als ob es eine Erniedrigung sei, ihn als gewöhnlichen Menschen zu behandeln. Das macht keinen Sinn. Wenn jemand denkt, dass wir wegen der besonderen Stellung von Lee so oder so handeln sollten, dann würde das bedeuten, dass wir ihm ein spezielles Privileg einräumen. Doch das würde mein Recht als gewöhnliche Angeklagte beschneiden und wäre uns gegenüber unfair.

Reporter: Warum wollen Sie diese Personen als Zeugen vorladen?

Wang: Weil ich mich verteidigen muss. Ich weiß, dass die anderen Falun Gong-Praktizierenden und ich unschuldig sind; Falun Gong-Praktizierende würden nichts Widerrechtliches machen. Ich bin entschlossen, die Verschwörung hinter dem Ganzen aufzudecken, damit die Anklage aufgehoben wird. Doch ich brauche dazu Zeugen und Beweise. Der Staatsanwalt stellte keine Zeugen zur Verfügung, die ich befragen könnte. So muss ich darüber nachdenken, Zeugen vorzuladen. Wir werden durch den Dialog mit diesen Zeugen sehen können, wie die Anordnung Ebene um Ebene nach unten weitergereicht wurde.

Reporter: Sind Sie sicher, dass das die richtige Vorgehensweise ist? Haben Sie einen Anwalt konsultiert?

Wang: Nein, habe ich nicht. Wegen meiner Auslandsreise brauchte ich am 28. Juli nicht vor Gericht zu erscheinen. Ich erfuhr, dass das Gericht während meiner Reise eine Änderung vorgenommen hatte. Daher eilte ich sofort nach meiner Rückkehr ins Gericht. Ich hatte gar keine Zeit, einen Anwalt aufzusuchen oder darüber viel mit den anderen beteiligten Falun Gong-Praktizierenden zu reden.

Wir waren elf Personen, die in einer Reihe standen und während der Verhandlung abwechselnd mit der Richterin sprechen konnten. Ich hörte, wie Frau Ng Chye Huay die Polizisten als Zeugen berief. Ich war inspiriert und dachte: „Gut, am 23. Oktober gab es auch einige Polizisten vor Ort. Sie können meine Zeugen sein.” Als zweiter Gedanke kam mir in den Sinn, dass diese auch nur ausführende Organe waren. Sie würden nicht viel erklären können. Ich sollte also ihre Chefs vorladen. Doch als ich darüber nachdachte, dachte ich natürlich auch, dass Lee Kuan Yew der tatsächliche Entscheidungsträger sei. Als ich an der Reihe war, verkündete ich der Richterin ihre Namen. Ich weiß, dass das eine ganz legitime Vorgehensweise ist.

Reporter: Auf Ihrer Liste haben Sie weder den ehemaligen Premierminister Lee Hsien Loong noch den derzeitigen Premierminister Singapurs Goh Chok Tong aufgeführt.

Wang: Ja genau, das habe ich nicht gemacht. In den vergangenen Jahren, in denen Falun Gong unfair behandelt wurde, tragen sie die Verantwortung, da sie hochrangige Regierungsbeamte sind. Andererseits waren mir keine Berichte über Aussagen bekannt, die sie in der Öffentlichkeit über Falun Gong gemacht hatten. Ich kenne ihre Haltung gegenüber Falun Gong nicht und weiß auch nicht, wie sie zu diesem Fall stehen. Die oben genannten Zeugen waren jedoch alle an dem Fall beteiligt.

Reporter: Warum weigerte sich dann die Richterin des untergeordneten Gerichts, Ihre Zeugen vorzuladen? Was hatte sie für einen Grund?

Wang: Sie sagte, dass diese Zeugen nicht am Tatort gewesen seien und daher mit diesem Fall nichts zu tun hätten.

Reporter: Wie erklären Sie sich das vom Gesetz her?

Wang: Vom Gesetz her ist es so, dass eine Person, die sich am Ort des Geschehens aufhält, mit dem Verbrechensfall zu tun hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jemand, der nicht am Ort des Geschehens ist, nichts mit dem Fall zu tun hat. Anders ausgedrückt kann jemand verschiedene Verbindungen zu einem Fall haben und am Ort des Geschehens befindet sich nur eine der Verbindungen dieser Person.

Reporter: Warum wusste die Richterin dies nicht? Warum nannte sie das als Begründung für ihre Weigerung, Ihrem Antrag auf Vorladung nachzukommen, wenn sie es weiß?

Wang: Ich denke, dass sie keine bessere Begründung finden konnte. Sie fragte mich damals: „War Lee Kuan Yew an dem Tag des Vorfalls an dem Ort des Geschehens?” Ich antwortete, „Nein” und fragte sie: „Wenn ein Zeuge etwas mit einem Fall zu tun hat, muss er dann unbedingt auch am Ort des Geschehens präsent gewesen sein?” Sie antwortete: „Nicht notwendigerweise.” Dies zeigt, dass sie sich ganz klar auskennt.

Doch in ihrem Verhandlungsprotokoll war dieses Gespräch nicht zu finden. Ich wies bei meiner Berufung daraufhin. Diese Auslassung war absichtlich erfolgt, da die Richterin ständig in ihren Entscheidungen als Grund angab: „Vorzuladender Zeuge war nicht am Ort des Geschehens und steht mit dem Fall nicht in Verbindung”.

Reporter: Haben Sie darüber hinaus noch andere Gedanken, warum sich die Richterin weigerte?

Wang: Das Recht auf Vorladung von Zeugen in einer Strafsache ist eine ernsthafte Angelegenheit. Der Richter hat die Verantwortung, meine Rechte zu schützen und muss zumindest meine Anträge auf Vorladung sorgfältig in Betracht ziehen. Diese Richterin wollte dies jedoch nicht tun und ich war enttäuscht. Doch ihre Weigerung bestärkte meine Gründe zur Vorladung von Lee.

Reporter: Es scheint, dass sie der Art und Weise, wie Singapur mit Falun Gong umgeht, nicht zustimmen. Haben Sie mit ihnen darüber gesprochen, um Meinungen auszutauschen?

Wang: In den vergangenen Jahren nahmen wir sehr oft Kontakt mit der Polizei auf und die höchste Ebene, bei der wir vorsprechen konnten, war der Vizedirektor des Büros zur Überwachung von Falun Gong. Viele Polizisten, Ermittler und sogar einige Beamten wissen ganz genau über die Hintergründe der Verfolgung Bescheid. Viele von ihnen waren versetzt worden und es hieß, dass sie sich nicht gerne an dem Plan des Ministeriums für Innere Angelegenheiten beteiligen wollten. Doch es gibt noch immer viele Polizisten und Beamte, die die Anordnungen von hohen Ebenen in dieser Angelegenheit ausführen.

Beamte auf noch höheren Ebenen konnten wir nicht erreichen. Schon jahrelang stellten Falun Gong-Praktizierende viele Male Anträge und schrieben unzählige Briefe. Sie bekamen jedoch keine Antwort. Ein Grund für die Vorladung von Lee Kuan Yew ist der, dass ich eine Chance habe, ihn von Angesicht zu Angesicht zu fragen, warum er Falun Gong-Praktizierende unfair behandelt und was er wirklich denkt.

Reporter: Herzlichen Dank für das Interview.

Wang: Danke