Neue Westfälische Zeitung (Deutschland): Lebensgefährliche Meditation (Fotos)

Der Bielefelder Zhen Wang wurde in China gefoltert und erst jetzt in OWL operiert

(Minghui.de)

Neue Westfälische vom 27.11.07

Auf seine blauen Krücken gestützt bewegt sich Zhen Wang vorsichtig vorwärts. Zwei Hüftprothesen bekam er jetzt eingesetzt, obwohl der Bielefelder erst 31 Jahre alt ist. In einem Arbeitslager in China in dem er als Falun Gong-Anhänger inhaftiert war, hatten Mithäftlinge ihn gefoltert und einige Hüft- und Beckenknochen gebrochen, erzählt Wang. Dennoch habe er sehr viel Glück gehabt.

„Eine Freundin hat uns verraten”

Schmerzen beim Laufen hat Zhen Wang kaum noch, doch die Schmerzen der Erinnerung bleiben. Nie wieder will der Bielefelder nach China zurück, dorthin wo er an einem Apriltag 2003 in einem Arbeitslager von fünf Zellengenossen zusammengeschlagen wurde. Im Auftrag der Anstaltsleitung, denn als Bonus für „Umerziehungsmaßnahmen” erhielten Mithäftlinge Zigarretten oder Haftverkürzung, berichtet Wang. Er musste leiden weil er sich 1997 der Falun Gong-Bewegung angeschlossen hatte. Von der Meditationsbewegung versprach er sich Heilung. „Ich war oft krank. Meist nichts Schlimmes, aber mein Körper brauchte Kraft”, sagt Wang. Die gymnastischen Übungen „zur Kultivierung von Körper und Geist” halfen ihm. Als Falun Gong 1999 in China verboten wurde, meditierten Wang und seine Mutter in der Wohnung weiter. „Meine Mutter schrieb ihren besten Freundinnen, dass Falun Gong keine gefährliche Sekte ist. Eine von ihnen hat uns beim Geheimdienst verraten”, berichtet Wang. 2001 kamen beide in Arbeitslager. Dort musste der Student von 6 bis 22 Uhr in der Landwirtschaft arbeiten oder Steckdosen zusammenschrauben. „Ich habe auch Weihnachtsgeschenke für Deutschland zusammengesetzt die man jetzt überall kaufen kann”, erzählt Zhen Wang. Folter wie Schlafentzug und Schläge waren an der Tagesordnung. Dann, im April 2003 wurde er so heftig zusammengeschlagen, dass er sich in Hüften und Becken mehrere Knochen brach. „Als ich mich bei den Wärtern beschwerte, haben sie mich gepackt und in die Zelle zurück getragen.”

Später wurde sein Blut untersucht und ein EKG gemacht. Zhen Wang erfuhr erst später, warum. „Die Arbeitslager dienen zum Organhandel. Die Menschen werden ausgenommen und anschließend getötet”, erzählt Wang. Er selbst hat davon erst durch einen Untersuchungsbericht amerikanischer Anwälte erfahren und weiß heute, wie viel Glück er hatte. 2003 wurde Wang entlassen, weil er ein Schriftstück unterschrieb, das Falun Gong der Gehirnwäsche bezichtigte. Auch seine Mutter kam schließlich auf diese Weise frei.

Richtige Arbeit fand er in China nicht mehr. „Die Kollegen vertrauten mir nicht, die Nachbarn schauten komisch”, erzählt Wang. Er entschloss sich zur Ausreise und bekam einen Pass. „Ich weiß nicht, warum ich das Glück hatte und ob meine Familie die Polizei bestochen hatte, aber ich durfte gehen.”

Über Dresden und Hamburg kam er nach Bielefeld, wo er mit seiner Frau Anke lebt. Hier bekam er auch erstmals richtige medizinische Hilfe. „Die Ärzte fanden anfangs gar nicht heraus, warum Zhen plötzlich nicht mehr laufen konnte. Die Krankheitsbilder, die nur durch Folter entstehen, kennt hier niemand”, sagt Anke Wang.

„Wir wollten erst Heiraten, wenn mein Asylantrag durch ist. Ich war mir so sicher, dass ich hier bleiben darf”, sagt Wang. Doch obwohl ihm in China Haft und Folter drohen, wurde sein Asyl abgelehnt. Nur durch die Ehe kann er hierbleiben. Wang klagte gegen den Asylbescheid. Das Verfahren läuft noch. Er und seine Frau haben sich der Bielefelder Falun Gong Gruppe angeschlossen. Acht bis zehn Mitglieder meditieren dann einmal in der Woche in einem Park. Auch auf dem Hinterhof des Mehrfamilienhauses meditiert Zhen Wang im Sommer gern. Irritierte Blicke bleiben da nicht aus. Auch die kritischen Ansichten gegenüber der Bewegung kennen Zhen und Anke Wang. Und sie wehren sich dagegen. „Uns wird vorgeworfen, wir hätten politische Forderungen. Aber wir wehren uns nur gegen die Verfolgung”, sagt Anke Wang. Da in China jede öffentliche Äußerung politisch sei, könne man dort gar nicht unpolitisch sein. Auch die Bezeichnung als Sekte lassen beide nicht gelten. „Es gibt keine Mitgliedschaft, wir sind von niemandem abhängig”, betont Zhen Wang. Er richte sein Leben freiwillig nach der Philosophie des Falun Gong-Gründers Li Hongzhi aus. Wie es weitergeht weiß der Bielefelder noch nicht. Der Bauingenieur würde gern Maschinenbau studieren, doch dazu fehlt der jungen Familie das Geld. Zunächst soll Zhen Wang aber erst mal gesund werden. Zumindest fast.

Die Schmerzen im Rücken sind geblieben

„Die Schmerzen in Rücken und Schulter sind geblieben. Fußball- und Tennisspielen darf ich auch nicht mehr” sagt Zhen Wang. Beides hat er früher gern getan.

Falun Gong und die Verfolgung

Bevor die Kommunistische Partei (KP) mit der Verfolgung von Falun Gong begann, machten Millionen Chinesen jeden Morgen ihre Übungen in den Parks. Falun Gong ist eine meditative Bewegung mit vier körperlichen Übungen. Ziel ist die „Kultivierung von Körper und Geist”. Eine politische Orientierung gibt es genauso wenig wie ein religiöses Dogma. Gewünscht ist aber, das sich die Anhänger intensiv mit der Philosophie des Gründers Li Hongzhi und dem Buch Zhuan Falun beschäftigen, das die Prinzipien Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Toleranz lehrt.

In China jedoch ist es nicht üblich, sich nach einer Ideologie außerhalb der Lehren von Marx, Lenin und Mao zu richten. In Anbetracht der steigenden Zahl von Praktizierenden bekam die KP im Jahr 1999 Angst vor einem Kontrollverlust und erklärte Falun Gong zu einer „gefährlichen Sekte die es zu zerstören gilt”.

Hunderttausende von Praktizierenden wurden seitdem in Arbeitslagern eingepfercht und dort nicht selten zu Tode gefoltert. Vor einigen Jahren erfuhr die Weltöffentlichkeit auch, dass Falun Gong-Anhänger bei lebendigem Leib Organe für Transplantationen entnommen werden. Die Opfer werden danach getötet. Menschenrechtsoranisationen werfen Chinas Handelspartnern -auch Deutschland- ihre halbherzige Kritik an der Regierung vor. (das/hazl)


Quelle: http://de.clearharmony.net/articles/200712/40998.html

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