Wie ich das Nach-Innen-Schauen verstehe

(Minghui.de) Gestern ging ich zu einer Praktizierenden. Da ich nicht sicher war, ob sie zu Hause war, ging ich nicht sofort zur Tür, sondern klopfte ans Fenster und drückte mein Ohr fest daran, um zu warten, ob jemand antworten würde. Da hörte ich eine Mitpraktizierende sagen: „Wie viele Gerichte gibt es in der Familie von Xiao Yi bei einer Mahlzeit?” Sie sprach über mich! Die Praktizierenden hatten anscheinend mein Klopfen nicht gehört und sprachen weiter laut über mich, ich konnte es draußen sehr gut hören. Eine andere Praktizierende antwortete: „Neulich ging ich zu ihr, um das Fa zu lernen. Sie aßen gerade zu Abend und hatten ...” Da hörte ich auch noch die Stimme einer weiteren Praktizierenden. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich nicht auf diese Art zuhören sollte; es war nicht richtig, die Gespräche von anderen Menschen auf diese Art zu belauschen. Ich trat ein und begrüßte sie alle fröhlich. Sie waren verlegen und sagten: „Es tut uns leid, ärgere dich nur nicht!” Ich antwortete: „Ich muss in mir selbst nachschauen, wie kann ich mich über andere Menschen ärgern?”

Ich dachte daran, was uns der Meister über das Nach-Innen-Schauen gelehrt hat, wenn uns etwas begegnet. Ich dachte: „Warum sollte ich das hören? Wie konnte es sich dabei um einen Zufall handeln? Welche Einsicht sollte mir das bringen?” Ich entdeckte durch diesen Vorfall mehrere Eigensinne und möchte die anderen wissen lassen, wie ich das sehe.

Als ich sie belauschte, war mein erster Gedanke: „Sie reden über mich. Mal hören, was sie über mich sagen!” Das zeigte meinen Eigensinn für Dienstbeflissenheit, Neugier und Neid. Dann erkannte ich plötzlich, dass ich die Unterhaltung anderer Mensche nicht belauschen sollte. Dieser Gedanke stimmte mich sofort nachsichtiger.

Als ich später meine Gedanken prüfte, fand ich heraus, dass auch ich mit anderen Praktizierenden über Dinge getratscht hatte, die gar nichts mit unserer Kultivierung zu tun hatten. Auch wenn ich keine schlechten Gefühle hatte, sprach ich hinter ihrem Rücken über sie und verschwendete dadurch kostbare Zeit, die wir zur Errettung von Menschen benötigen. Es erschreckte mich, als mir klar wurde, dass es so war und dass das ziemlich oft geschah. War dieser Vorfall nicht ein Hinweis des Meisters für mich?

In der Vergangenheit hatte ich die Wichtigkeit der Kultivierung des Mundes erkannt, weil ich oft deswegen missverstanden worden war, was unnötige Trennungen und Unstimmigkeiten unter den anderen hervorrief. Ich hatte jedoch den Grund für diese Schwierigkeiten nicht herausfinden können und mich deshalb entschlossen, meine Redeweise zu verbessern. Die Verbesserung kam nur langsam voran, sodass ich von Zeit zu Zeit immer noch missverstanden wurde. Die anderen verdrehten gelegentlich meine Worte in genau das Gegenteil dessen, was ich meinte. Einige fügten sogar Dinge hinzu, sodass eine ganz andere Geschichte entstand. Ich dachte, ich müsste nachsichtiger werden und mich nicht selbst richtig stellen; ich dachte, mich auf diese Weise zu kultivieren.

Da diese Art der Kultivierung nicht ehrlich war, sondern eigentlich um Selbstschutz handelte, um nicht missverstanden zu werden und das Gesicht zu wahren, erhöhte sich meine Xinxing nicht und meine Kultivierungsebene auch nicht. Die alten Mächte zogen daraus ihren Vorteil und schufen Trennungen zwischen den Praktizierenden.

Mir wurde wirklich bewusst, dass man seine Ausdrucksweise nicht verbessern kann, ehe man nicht seine Denkweise verändert hat. Wenn ich eine Zeit damit zubrachte, die drei Dinge wirklich zu tun, all die Bedürfnisse nach Selbstdarstellung aufgab, dazu den Neid, Groll und die Übertreibung und mit weniger menschlichen Ansichten über die Angelegenheiten des Fa sprechen würde, dann würden die anderen Menschen mich nicht mehr länger missverstehen.

Das wurde mir klar, als ich mich bewusst anstrengte, um meine Sprache zu kultivieren, jedoch keinen großen Erfolg damit hatte. Ich sprach nicht auf der Grundlage des Fa, da es mir an Gelassenheit fehlte und ich an meinen menschlichen Ansichten festhielt. Hingegen handelte ich sehr gut, wenn ich ein heiteres Gemüt hatte. Dadurch wurde mir klar, dass die Kultivierung des Geistes das Wichtigste ist.

Trotz alledem merkte ich, dass da noch Eigensinne vorhanden waren, die ich noch nicht ausgegraben hatte. Die Umgebung in meiner Familie ist viel besser als die anderer Mitpraktizierender, von denen einige beschlossen hatten, von zu Hause fort zu gehen, um einer weiteren Verfolgung zu entkommen und die ein ärmliches Leben führten. Bei meinen gegenwärtigen Lebensumständen führe ich ein verhältnismäßig einfaches Leben und achte nicht sehr auf die Dinge des täglichen Lebens. Vor ein paar Jahren führte ich ein Geschäft und da ich allerlei Eigensinne nicht aufgegeben hatte, genoss ich ein bequemes Leben. Im Laufe meiner Kultivierung habe ich viele meiner Untugenden aufgegeben, es vielleicht jedoch immer noch nicht gut genug gemacht.

Welche anderen Schwierigkeiten hatte ich noch? Ich dachte darüber nach, als mir plötzlich ein paar Worte in den Sinn kamen: „Du behandelst deine Mitpraktizierenden mit menschlichen Gefühlen! Du setzt voraus, dass andere sich bezüglich ihres Fa-Verständnisses auf der gleichen Ebene befinden wie du!” Plötzlich verstand ich, wo meine Schwierigkeiten lagen. Warum machte ich immer wieder die gleichen Fehler?

Die Praktizierende, die ich oben erwähnt habe, hatte sich kürzlich unserer Fa-Lerngruppe angeschlossen. Sie hat ihre Familie verloren, nachdem sie mehrfach verfolgt worden war und war von Ort zu Ort gewandert. Da sie kein Einkommen hatte, wollte ich ihr helfen, damit sie ein wenig besser leben konnte. Ich wollte eine Arbeit für sie finden. Später erzählten mir andere Menschen, dass diese Praktizierende mit elektrischen Nadeln geschockt worden wäre, was ihr Schwierigkeiten in den Unterbeinen verursache und dass sie immer noch an den Nebenwirkungen der Folterung zu leiden hätte. Manchmal zuckten ihre Beine. Sie wollte keine Arbeit annehmen, da die Arbeit ihr die Zeit zum Lernen und Bestätigen des Fa wegnehmen würde. Sie wollte lieber so ein hartes Leben führen als eine Arbeit annehmen. Und ich hatte geglaubt, dass sie zu faul sei zum Arbeiten und deshalb so ein hartes Leben führen müsste.

Es ist ja nicht verkehrt, Mitpraktizierenden zu helfen, aber unsere Motive müssen die Bedürfnisse der anderen mit berücksichtigen; das bestimmt die Art und Weise, wie man hilft. Wir müssen uns auf der Basis des Fa austauschen und nicht weil wir annehmen, dass andere Unrecht haben oder zu großen Wert auf die Dinge des täglichen Lebens legen.

Jeder Praktizierende geht seinen eigenen Kultivierungsweg, woran uns der Meister häufig erinnert. Der Meister erinnert uns auch daran, dass sich alle Praktizierenden auf verschiedenen Ebenen befinden und das Fa unterschiedlich verstehen, sich also in unterschiedlichen Kultivierungszuständen und auf verschiedenen Ebenen befinden. Niemand kann einen anderen zwingen, irgendeinen bestimmten Zustand zu haben. Wie könnten wir erwarten, dass jeder gleich ist?

Ich begann langsam zu verstehen, warum es mir so oft nicht gelungen war, die Hindernisse zwischen mir und den anderen Praktizierenden zu durchbrechen. Ich hing zu sehr an dem, was ich verstand, wovon ich glaubte, dass es richtig sei und von dem ich hoffte, dass es die anderen verstehen würden. Das ist eine starke Ich-Bezogenheit. Ich verstand wirklich, dass meine dickköpfigen Ansichten zu den vielen Konflikten beigetragen hatten, die mir in der Vergangenheit begegnet waren.

Außerdem dachte ich, dass die Wurzel für die anhaltenden Missverständnisse unter den Praktizierenden darin besteht, dass beide Seiten an ihren Eigensinnen festhalten und beide versuchen, sich selbst zu schützen. Sie scheinen unfähig zu sein, die Kultivierungswege der anderen - die Art und Weise anderer, das Fa zu bestätigen - zu begreifen. Sie glauben, dass das, was sie selbst verstanden haben, richtig ist. Wenn das passiert, zieht das Böse seinen Vorteil aus solch einer starken Ich-Bezogenheit, um die Eigensinne beider Seiten zu verstärken und was wir sehen, sind in unseren Augen die Untugenden der anderen, die vom Bösen vergrößert wurden. Dann meinen wir, dass das, was der andere tut, sehr gefährlich sei und dass das, was wir selbst tun, das Fa beschützen würde. Mit solch einer Einstellung schauen wir noch weniger nach innen und das Böse verstärkt unsere Ich-Bezogenheit. Das Ergebnis ist eine Verstärkung des Zwiespalts.

Tatsächlich, wenn einer durch die Kultivierung sein eigenes Selbst wirklich aufgeben kann, wenn man den guten Seiten des anderen Praktizierenden mehr Aufmerksamkeit schenkt, ihm genau zuhört sowie über seine Worte auf der Basis des Fa nachdenkt und sie auf dieser Basis beurteilt, dann werden wir erkennen, dass seine Worte Sinn haben und das Problem direkt betreffen.

Das Obige ist ein Teil meines Verständnisses. Sagt mir bitte, wenn etwas nicht in Ordnung ist.

27. September 2008