Zehnjährige Verfolgung: Frau Shige Chang aus Changchun

(Minghui.de) Frau Shige Chang, Falun Gong-Praktizierende aus Changchun, hat während der letzten zehn Jahre Verfolgung von Falun Gong unzählige Male unmenschliche Verfolgung ertragen. Sie musste ihre Familie verlassen und lebt nun heimatlos, indem sie von Ort zu Ort zieht, um einer weiteren Verfolgung zu entgehen. Es folgt ihr Bericht zu den letzten zehn Jahren.

Eingesperrt

Es begann in den Abendstunden des 30. September 1999. Ich hielt ein kurzes Schläfchen, als jemand an die Tür klopfte. Mein Mann öffnete. Der für Einwohnerregistrierung zuständige Beamte trat ein und forderte mich auf, mich zur örtlichen Polizeiwache für eine Befragung zu begeben. Als ich dort ankam, wurde ich gefragt, ob ich Falun Gong weiter praktizieren wolle. In dem Fall würde man mich ins Gefängnis sperren. Ein Beamter brachte die Haftunterlagen und wollte, dass ich sie unterzeichnete. Unter der Überschrift „Haftgrund” las ich „Störung der öffentlichen Ordnung”. Ich fragte: „Wie habe ich die öffentliche Ordnung damit gestört, dass ich zu Hause ein Schläfchen hielt?”Der Beamte antwortete: „Nun, wieso praktizieren Sie Falun Gong? Wenn Sie damit aufhören, lassen wir Sie sofort gehen. Wenn Sie die Unterschrift verweigern, müssen wir Sie zur Überwachung nach Balibao bringen.”

Ich weigerte mich zu unterschreiben. Also wurde ich in das 8-Meilen-Fort gebracht. Dort waren bereits 100 Praktizierende inhaftiert. Innerhalb von zwei Tagen wurden es 500 Praktizierende. Bald darauf begannen wir mit einem Hungerstreik, um gegen die unrechtmäßige Inhaftierung der Falun Gong-Praktizierenden zu protestieren.

Nach einigen Tagen wurden wir zu unserer jeweils zuständigen Polizeibehörde gebracht. Sieben oder acht Lernende und ich brachte man in das Gästehaus des Filmunternehmens in Changchun. Alle in meiner Familie, die davon hörten, fuhren dorthin, also meine Eltern, meine Schwester und ihr Ehemann, die Schwiegereltern und mein Ehemann mit unserem 6-jährigen Sohn. Die Beamten übten Druck auf sie aus, damit sie mich davon überzeugten, eine Verzichtserklärung auf Falun Gong zu unterschreiben. Meine Familie fiel vor mir auf die Knie. Ein Beamter ermutigte meinen Ehemann, mich zu schlagen, und sagte: „Wieso wollen Sie eine solche Frau behalten? Es wäre für Sie besser, sich von ihr scheiden zu lassen.”In unserer Ehe hatte sich mein Ehemann nie mit mir gestritten oder Hand an mich gelegt. In dieser Situation aber folgte er, und um mich vor dem Arbeitslager zu bewahren, den Worten des Beamten. Er schlug mich vom Schlafplatz bis zum Boden und wieder zurück ans Bett. Ein junger Beamter konnte das nicht mit ansehen und zerrte meinen Ehemann fort. Traurig und mit gebrochenem Herzen sprach mein Mann zu den Beamten: „Ich sehe keine Möglichkeit, sie zu überzeugen. Sie würde eher sterben, als das Dokument unterzeichnen. Ich könnte vom Gebäude springen; würden Sie sie dann gehen lassen?”Mein Herz schmerzte angesichts dieser Worte. Mein Ehemann war in die Ecke getrieben und wollte sein Leben für meine Freiheit opfern. Deshalb nahm ich den Stift und schrieb: „Ich höre mit der Praxis auf”, schrieb das Wort „Praxis”jedoch absichtlich falsch.

Ich kam frei. Durch den Hungerstreik war ich ziemlich schwach und körperlich und geistig ausgelaugt. Bevor ich mich erholt hatte, meldete sich die Sicherheitsabteilung meines Arbeitsplatzes und erwartete mein sofortiges Erscheinen. Mein Ehemann musste ein Taxi rufen, um mich dorthin zu begleiten. Erneut übte man Druck auf meinen Ehemann aus. Man sagte, wenn ich nicht mit dem Praktizieren aufhören würde, würde das nicht nur auf die Arbeit meines Mannes Einfluss haben, sondern auch auf die Bildung unseres Kindes. Mit anderen Worten sollte die Praxis des Falun Gong sogar meinen weiter entfernten Verwandten schaden. Man erwartete von meinem Ehemann, dass er mich streng überwachte, sie über mein Verbleiben informierte und mich, wann auch immer man mich sehen wollte, zu ihnen brachte. Sollte er das nicht einhalten, würde ich entlassen. Wenn meine Familie mich nicht streng genug überwachte und ich entkam, würde sie dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Appelle führen ins Gefängnis

Ich fuhr am 15. Oktober 1999 nach Peking, um dort für Falun Gong zu appellieren. Ein uniformierter Mann empfing uns und ich erklärte ihm den Grund meines Appells. Beim Gehen traten zwei Männer ein. Sie legten mich in Handschellen mit den Worten, ich hätte das Gesetz verletzt. Ich wies sie darauf hin: ”Jeder Einwohner hat das Recht zu appellieren.”Die Antwort darauf lautete: „Nicht, wenn Sie Falun Gong praktizieren.”

Am darauf folgenden Tag wurde ich nach Changchun zurückgeschickt. Niemand, auch nicht meine Familie, wusste, wo ich mich befand. Das Gerücht, dass all diejenigen, die nach Peking zum Appellieren gefahren waren, in die große nördliche Einöde geschickt würden, um dort Sand zu sieben, bis sie sterben, machte meinen Mann verrückt. In Sorge um meinen Verbleib blieb er die ganze Nacht wach. Schließlich verbeugte er sich weinend mit unserem Kind im Arm in alle vier Richtungen unseres Zimmers und betete: „Lieber Gott, bitte lass meine Frau heil und unversehrt heimkehren.”

Ich wurde am 19. Oktober zur örtlichen Polizeiwache überführt. Man verlegte mich gegen 22:00 in das Haftgefängnis Teibei. Es waren ungefähr 40 Leute in einem kleinen Raum, kleiner als 15 qm, eingesperrt. Mit zwei darin stehenden Betten, dem Bad und dem Fußboden war der Raum ganz voll. Um sich hinzulegen, musste man die Füße einer anderen Person auf der Brust platzieren. Es gab keinen Platz, um sich herum zu drehen, wir waren wie Sardinen in einer Dose verpackt. Sobald jemand hustete, übertrug sich die Vibration auf alle anderen im Raum. Die schwache Belüftung führte bei einigen zu einer ekzemartigen Krankheit mit kleinen juckenden Pusteln. Durch die vielen Menschen im Raum war es unmöglich, umher zu laufen oder aufzustehen. Ich saß die meiste Zeit. Nach einer Woche konnte ich kaum mehr gehen.

Um uns „umzuerziehen”, ermutigte das Wachpersonal kriminelle Straftäter, uns zu schlagen. Wir traten in einen Hungerstreik, um uns dagegen zu wehren. Sie legten uns in schwere Fußfesseln und Handschellen und banden diese zusammen. In dieser Position mussten wir tagelang verharren. Beim Gehen mussten wir uns mit dem Kopf vornüberbeugen. Wir mussten uns an jemanden anderen wenden, der uns fütterte oder im Bad half. Sogar beim Schlafen waren unsere Hände und Füße zusammengebunden. Es war ziemlich schmerzhaft, für eine so lange Zeit in der gleichen Position zu verharren.

Die Aufsichtspersonen begannen, die Kriminellen zu bestrafen, um ihren Hass gegenüber Falun Gong anzustacheln. Ihnen fielen immer wieder neue Dinge ein, um uns zu foltern. Während der kältesten Jahreszeit in Nordchina lag die Temperatur unter 20°C. Man ließ erst Wasser auf den Boden und zwang uns, barfuß darauf zu sitzen, meist den ganzen Tag. Viele wurden deshalb krank. Das Essen war unbeschreiblich schlecht. Brötchen waren nur halb gebacken, aber noch essbar. Mittags war es am schlimmsten, das Essen war wie Schlamm mit Fliegen, ein paar ungeschälte Kartoffelscheiben mit Gemüseblättern. Ein Topf für die gesamte Gruppe; aufgeteilt auf 40 Personen hatte jeder ein bisschen matschige Suppe. Hatte man darauf keinen Appetit, konnte man für 15 Yuan ein eigenes Essen kaufen, sonst wäre man verhungert. Die Kosten für Hygieneartikel lagen 10-mal höher als der Normalpreis und die Menge war begrenzt, auch wenn man Geld hatte. Ich wurde 31 Tage lang in dieser Hölle festgehalten. Als ich dann schließlich zur Polizei zurückgeschickt wurde, sah ich meinen Sohn, als ich aus dem Auto kam, am Eingang warten. Er kam schnell zu mir, nahm meine Hand und hielt sie wortlos fest. Ihn in einem solch jungen Alter unter solch einem Schmerz zu sehen, ging mir zu Herzen.

Mit mehreren Praktizierenden fuhr ich mit einem Brief, der die wahren Hintergründe von Falun Gong aufklärte, am 02. Februar 2000 nach Zhongnanhai zur föderalen Petitionsstelle. Wir übergaben den Brief dem Wachmann am Eingang. Ein Mann, der wie ein Offizier aussah, nahm uns mit zur nahe gelegenen Polizei. Von dort wurden wir in die Verbindungsstelle von Changchun in Peking gebracht und am darauf folgenden Tag zurück nach Changchun. 15 Tage lang inhaftierte man uns Falun Gong-Praktizierende unrechtmäßig im Haftgefängnis von Daguang. Im Grunde war das Gefängnis zur Verfolgung von Falun Gong errichtet worden.

Am 11. Mai des gleichen Jahres wurde ich erneut auf dem Marktplatz festgenommen und für weitere 15 Tage im Haftgefängnis von Daguang festgehalten. Unterdessen gab es in meiner Firma eine Versammlung der Arbeitnehmervertreter. Jemand verlas zu Beginn meinen so genannten ”Kriminalbericht”, danach stimmten die meisten der Anwesenden für meine Entlassung. Es gab einige Falun Gong-Praktizierende in meiner Firma, also wusste man, dass Falun Gong gut war. Ein Nicht-Praktizierender stimmte strikt gegen meine Entlassung; seine Haltung brachte ihm einen schnellen Jobwechsel ein.

Ein Leben unterwegs

Die lokalen Beamten schikanierten meine Familie und meine Schwiegermutter fortwährend. Der körperliche Zustand meiner Schwiegermutter hat sich nach der im Jahre 1999 beginnenden Verfolgung von Falun Gong stetig verschlechtert. Von einem gesunden Menschen wurde sie zu jemandem, der sich nicht mehr um sich selbst kümmern konnte. Durch die Verfolgung haben alle meine Familienangehörigen das Praktizieren aufgegeben.

Immer wenn ein so genannter „sensibler” Termin näher rückte, musste ich mein Heim verlassen und mich für eine Weile im Untergrund aufhalten. Während ich zu Hause war, befolgte meine Familie, damit ich vor der Polizei verborgen blieb, die Taktik, „kein Licht oder Fernsehen”über Nacht einzuschalten. Unser Sohn konnte seine Hausaufgaben nicht erledigen und keiner traute sich, laut zu sprechen. Später kaufte ich lichtundurchlässige Vorhänge. Sie hielten das Licht von innen ab und unsere Wohnräume sahen von außen völlig dunkel aus. Man konnte von draußen nicht sehen, ob jemand drinnen war. Im Winter taten die Vorhänge einen hervorragenden Dienst, waren im Sommer jedoch sehr unbequem zu handhaben, da sie auch die frische Luft davon abhielten, ins Haus zu strömen. Da wir alle Fenster und Türen geschlossen hielten, war es nachts so heiß, dass keiner schlafen konnte. Wir drei (mein Ehemann, unser Sohn und ich) litten gemeinsam. Doch solange ich nicht verfolgt wurde, waren sie bereit, alles, das notwendig war, zu ertragen.

Am 05. März 2002 brachten Falun Gong-Praktizierende in Changchun erfolgreich die Videos zur Aufklärung der inszenierten Selbstverbrennung auf dem Platz des Himmlischen Friedens unter die Menschen. Viele schauten sich das Video an, wodurch vieles der Verbrechen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) an die Öffentlichkeit gebracht wurde. Daraufhin wurden von der Zentralregierung ab diesem Zeitpunkt die massiven Inhaftierungen von Falun Gong-Praktizierenden in Changchun forciert. Alleine in einer Nacht wurden 1000 Praktizierende inhaftiert. Bei uns wurde eine Nacht später an die Tür geklopft. Da alles dunkel war, nahm man an, dass niemand da war, und ging. Am nächsten Tag fanden wir heraus, dass die örtliche Polizei geklopft hatte.

Ich war gezwungen, mich auf einem Stahlmarkt fern der Stadt zu verstecken. Ohne Heizgelegenheit machte ich mir nachts selber Feuer. Auch mit Decken und weiteren Lagen wachte ich durch die Kälte nachts auf. Um zum außen liegenden Waschraum zu kommen, musste ich sehr weit laufen. Ich musste mich komplett verschleiern, damit mich niemand erkannte. Wenn am Ende des Tages die Arbeiter nach Hause fuhren, war ich ziemlich allein auf dem Markt. Es war in der pechschwarzen Dunkelheit schon unheimlich, wenn der Wind durch die Metallregale fuhr und wilde Hunde in der Einöde heulten. Zuweilen hörte ich mitten in der Nacht Polizeisirenen. Ich erwachte auch aus Träumen, wo mich die Polizei fast ergriff. Nach ungefähr einem Jahr unter diesen Umständen kehrte ich nach Hause zurück. Die Wohnräume verließ ich dann sechs Monate lang nicht ein einziges Mal.

Am 09. Mai 2007 wurde ich erneut festgenommen und für ein Jahr ins Arbeitslager geschickt.

Am 08. Juni 2009 bekamen wir einen Anruf des Leiters der nachbarschaftlichen Vereinigung, dass ich mich bei einer Umerziehungsstelle registrieren lassen sollte. Wenn ich die Registrierung nicht vornehmen ließ, sollte ich eine schriftliche Stellungnahme, dass ich von Falun Gong abschwören würde, überbringen. Es gab keine anderen Alternativen. Um zu überleben und meine Familie zu schützen, verließ ich sie erneut.

Meine Erlebnisse sind nur die Spitze des Eisbergs. Ich kann von Glück sagen, dass ich ihnen entkam und noch immer lebe. Jeder Falun Gong-Praktizierende in China musste auf die eine oder andere Weise Verfolgung ertragen. Da es ein kosmisches Gesetz ist, dass auf Gutes Gutes folgt und auf Übles Übles, bin ich festen Glaubens, das die KPCh bald ihre Vergeltung erfährt.