Financial Times Deutschland, 02.07.2003: Hongkonger demonstrieren für ihre Freiheitsrechte
Am sechsten Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China haben in der ehemaligen britischen Kronkolonie bis zu 200.000 Menschen gegen ein geplantes Gesetz zur nationalen Sicherheit demonstriert. Die Befürchtungen sind groß.
Viele Hongkonger befürchten, dass die Bestimmungen ihre Bürgerrechte beschneiden und die Abgrenzung der Sonderverwaltungszone zur Zentralregierung in Peking verwischen. Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao, der zu den Jubiläumsfeiern in der Sonderverwaltungszone war, reiste kurz vor Beginn der Proteste wieder ab - nicht ohne den Hongkongern vorher zu versichern, dass ihre "Freiheiten und Rechte nach dem Gesetz" nicht beeinträchtigt würden.
Unmutsbekundungen sind für die Regierung in Peking peinlich - will sie doch der Welt das unter dem Namen "Ein Land, zwei Systeme" bekannte Hongkonger Regierungssystem als Erfolgsmodell präsentieren. Seit den Protesten gegen die Niederschlagung der Demokratiebewegung in Peking 1989 waren in Hongkong nicht mehr so viele Menschen auf die Straße gegangen.
Verwaltungschef in der Kritik
Die Aufregung um das Sicherheitsgesetz ist nur ein Symptom für die Unzufriedenheit der Hongkonger mit dem von Peking eingesetzten Verwaltungschef Tung Chee-hwa. "Die Leute haben die Nase voll von Tung", sagte die oppositionelle Abgeordnete Emily Lau, eine der Koordinatorinnen der Proteste, der FTD. "Er macht einen schlechten Job." Hongkong ist derzeit auch wirtschaftlich angeschlagen, die Arbeitslosigkeit liegt bei über acht Prozent.
In ihrem Versuch, sich neu zu positionieren, heben die Hongkonger Behörden Rechtssicherheit und Transparenz als die Stärken der Stadt hervor. Doch genau diese Qualitäten sehen die Kritiker der Gesetze jetzt gefährdet.
Der Gesetzentwurf beherrscht die Debatte in Hongkong seit dem vergangenen Herbst. Bürgerrechtler und Kirchen befürchten, dass die Bestimmungen zu Landesverrat, Volksverhetzung, Umsturz und Abspaltung Hongkongs Sonderrechte in Frage stellen. Der Hongkonger Journalistenverband sieht die Gefahr, dass unter den "Verrat von Staatsgeheimnissen" auch Informationen über chinesische Staatsunternehmen fallen könnten, ebenso wie Nachrichten über Unabhängigkeitsbestrebungen in Taiwan oder Tibet. Eine andere Befürchtung lautet, dass das Verbot von Gruppen wie Falun Gong von China auf Hongkong ausgedehnt werden könnte.
Internationale Ablehnung
Die Hongkonger Verwaltung verteidigt sich mit dem Hinweis auf Artikel 23 der Hongkonger Verfassung, die Großbritannien und China vor der Übergabe ausgehandelt hatten. Darin ist die Verwaltung zur Ausarbeitung nationaler Sicherheitsgesetze verpflichtet. Der Hongkonger Generalstaatsanwalt Bob Allcock hat geltend gemacht, dass die alten, auf Großbritannien bezogenen, Gesetze strenger gewesen seien.
Zu Pekings Missfallen haben jetzt die Regierungen der USA und Großbritanniens, aber auch die EU und Kanada die Sicherheitsgesetze kritisiert. Zuvor hatte sich bereits der US-Generalkonsul in Hongkong, James Keith, in die Debatte eingeschaltet. Er fragte, warum man bei der Verwirklichung der Verfassungsvorgaben den Sicherheitsgesetzen den Vorrang vor der Einführung des allgemeinen Wahlrechts gegeben habe.
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