Zweimal wegen derselben Sache angeklagt – Dozentin ein Jahrzehnt inhaftiert – Teil I

(Minghui.org) Es ist Frühherbst 2019. Frische Morgenluft liegt über Shenyang, der Hauptstadt der Provinz Liaoning im Nordosten Chinas. Ein paar Menschen haben sich in einem Vorort versammelt. Sie warten in Grüppchen vor dem Frauengefängnis Liaoning.

Das schwere Metalltor öffnet sich und die gebrechliche Gestalt einer Frau tritt heraus. Sie unterstützt mit einer Hand ihren bandagierten Arm und hält inne, um jede der Gruppen zu betrachten. Ihre Augen treffen auf einen gleichaltrigen Mann – ihren Ehemann.

Bei dieser Frau handelt es sich um Liu Ronghua, eine 56-jährige ehemalige außerordentliche Professorin aus Dalian, einer anderen Stadt in derselben Provinz. Wegen ihres Glaubens an Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht – den Grundprinzipien der spirituellen Kultivierungsmethode Falun Dafa – ist sie seit 2009 inhaftiert und schonungslos gefoltert worden.

In dem Jahrzehnt, das Liu in den Gefängnissen des chinesischen kommunistischen Regimes verbracht hat, ist ihr Haar noch mehr ergraut und tiefere Falten zeichnen ihr Gesicht – aber ihre Augen zeugen von einem festeren Glauben.

Die über 30-jährige Liu Ronghua im Jahr 1998

Liu war früher Lehrerin und Privatdozentin an der Dalian Ocean University. Als die Kommunistische Partei Chinas im Jahr 1999 die Verfolgung von Falun-Dafa-Praktizierenden einleitete, wurde Liu wegen ihres Glaubens zur Zielscheibe der Behörden. In den Jahren 2001 und 2002 musste sie Zwangsarbeit in dem berüchtigten Zwangsarbeitslager Masanjia leisten. Ihren Glauben konnte das nicht erschüttern. Liu verlor ihre Anstellung als Lehrkraft und ihr Mann ließ sich unter dem Druck der Behörden scheiden.

2009 wurde Liu wegen ihres Glaubens abermals verhaftet. Erneut brachte man sie ins Zwangsarbeitslager Masanjia, wo sie zwei Jahre verbringen musste. Als ihre Familie die Tage bis zu ihrer Freilassung im September 2011 zählte, erhielten sie eine schockierende Nachricht: Liu war einige Tage zuvor aus Masanjia weggebracht worden und stand vor Gericht. Trotz des Protests und der Beschwerde ihrer Familie und trotz der Bemühungen, einen Strafverteidiger zu beauftragen, wurde Liu wegen derselben Anklagepunkte ohne rechtliche Grundlage zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Lius unbeugsamer Glaube, ihre gute Bildung und ihr Einfluss auf andere Falun-Dafa-Praktizierende hatten bei den Behörden für Aufmerksamkeit gesorgt. Sie betrachteten Liu als „harte Nuss“ und unterzogen sie in Masanjia und im Frauengefängnis Liaoning intensiver Gehirnwäsche und Folter.

Nach dem Alptraum eines Jahrzehnts ist Liu seit dem 22. September 2019 wieder mit ihrer Familie vereint.

Wie Liu begann, Falun Dafa zu praktizieren

1992 macht Liu ihren Masterabschluss in Erziehungswissenschaften an der Mathematischen Fakultät der Pädagogischen Universität Liaoning. Damit erreichte sie den höchsten erreichbaren akademischen Grad in China auf diesem Gebiet zur damaligen Zeit. Nach ihrem Abschluss wurde Liu Lehrbeauftragte an der Dalian Ocean University (früher Dalian Fisheries College). Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Ihre Arbeiten wurden in der China-Enzyklopädie, einer im Bildungswesen angesehenen Zeitschrift, veröffentlicht.

Lius Mutter, die durch das Praktizieren von Falun Dafa wieder gesund geworden war, führte ihre Tochter 1996 in diese Praktik ein. Liu war berührt von den tiefgründigen Prinzipien, die im Zhuan Falun (dem Hauptbuch von Falun Dafa) gelehrt werden – und begann, sich danach zu kultivieren.

Als Liu zum ersten Mal im Sommer 1998 die Falun-Dafa-Übungen praktizierte, spürte sie die Drehung des Falun (Gebotsrad) zwischen ihren Armen und den Augenbrauen. Nachdem sie eine Weile praktiziert hatte, war ihre Migräne, unter der sie seit der Jugend gelitten hatte, ebenso verschwunden wie andere Beschwerden, beispielsweise zu niedriger Blutdruck und Schwindelgefühl. Lius Körper war gereinigt und fühlte sich leicht an. Bei allem, was sie tat, orientierte sie sich an dem Maßstab von Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht. Sie entwickelte sich zu einer freundlicheren Person, was auch der Familie sehr zugute kam.

Liu brachte ihrem kleinen Sohn bei, nach den Prinzipien Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht, zu leben. Eines Tages kam ihr Sohn aus der Vorschule nach Hause und erzählte Liu, dass ein Mitschüler ihn geschlagen hatte. „Tat es weh? Hast du zurückgeschlagen?“, fragte sie. Ihr Sohn antwortete: „Ich schlage nicht zurück, wenn ich geschlagen werde und schimpfe nicht, wenn ich beschimpft werde. Nur wenn ich meine Moral schätze, kann meine Energie wachsen.“

Als Professorin war Liu fleißig und eine große Bereicherung für die Universität. Ihr Dekan sagte einmal: „Ihre Vorlesungen sind die besten unserer Fakultät.“

Doch dann änderte sich für Hunderttausende Falun-Dafa-Praktizierende in China über Nacht die Situation. Im Juli 1999 begann das kommunistische Regime eine grausame Verfolgung.

Für die Wahrheit ins Zwangsarbeitslager gesperrt

Am 25. April 2001 wurde Liu mitten in einem Vortrag unterbrochen und aufgefordert, sich mit dem Polizisten Lin Hai und anderen Personen von der Polizeiwache Heishijiao in Dalian zu treffen. Liu wurde gefragt, was sie über die Selbstverbrennung auf dem Platz des Himmlischen Friedens – eine der wichtigsten Propagandamaßnahmen, die das kommunistische Regime zur Dämonisierung von Falun Dafa inszeniert hatte – denke. Sie antwortete: „Ein wahrer Kultivierender, der den Anforderungen von Falun Dafa folgt, wird sich niemals selbst verbrennen.“

Die Polizei war jedoch nicht an der Wahrheit interessiert. Liu wurde auf der Stelle verhaftet. Obwohl sie sich weigerte, die Haftdokumente zu unterschreiben, versah die Universitätsverwaltung die Papiere mit dem offiziellen Stempel der Fakultät und schickte Liu in Strafhaft. Ihr Mann war damals auf Geschäftsreise. Der fünfjährige Sohn blieb allein zurück.

Zwei Monate lang wurde Liu in der Haftanstalt Yaojia festgehalten und musste ein Jahr lang Zwangsarbeit leisten. Im Juni 2001 brachte man sie in das berüchtigte Zwangsarbeitslager Masanjia. Auf dem Weg dorthin wurde Liu Zeugin, wie ein Praktizierender bei einem Fluchtversuch erwischt wurde. Lin Hai und andere Polizisten schubsten den Praktizierenden zu Boden und traten auf seinen Kopf.

Gescheiterte Versuche der „Umerziehung“

Gleich nach ihrer Ankunft wurde Liu von Su Jin, der Leiterin des Zwangsarbeitslagers, als Hauptzielscheibe auf die Liste der „Umerziehung“ gesetzt. Zuerst nahm man ihr das ganze Bargeld weg. Dann wurden einige frühere Praktizierende, die erfolgreich „umerzogen“ waren – die also auf ihren Glauben an Falun Dafa verzichtet hatten – darauf angesetzt, Liu rund um die Uhr zu überwachen. Vom Aufstehen um fünf Uhr morgens bis Mitternacht wurde sie gezwungen, auf einem kleinen Hocker zu sitzen. Sie musste zuhören, wie die ehemaligen „Mitpraktizierenden“ die Lügen des kommunistischen Regimes wiederholten und Falun Dafa verleumdeten.

Als die Leiterin Su bemerkte, dass Liu nach einigen Wochen intensiver Gehirnwäsche immer noch nicht nachgab, forderte sie einen „Umerziehungs“-Experten aus einer anderen Provinz an. Aber auch dessen Bemühungen schlugen fehl. Im Anschluss arbeitete die Leiterin des Arbeitslagers mit Niu Hong, einer Person vom Ministerium für Luft- und Raumfahrtindustrie zusammen, um Liu umzuerziehen.

Als sämtliche Versuche gescheitert waren und Liu weiterhin an ihrer Überzeugung festhielt, sperrten die Verantwortlichen sie in Isolationshaft – eine der vielen Gehirnwäsche- und Foltermethoden, die in Masanjia angewandt wurden, um Falun-Dafa-Praktizierende von ihrem Glauben abzubringen.

(Fortsetzung folgt)

Frühere Berichte:

Falun Gong-Praktizierende Liu Ronghua, Lehrerin aus der Stadt Dalian, im Yaojia Internierungslager der Stadt Dalian inhaftiert (Foto)

Frau Liu Ronghua zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt (Foto)

Masanjia Labor Camp Uses “Stretching Torture” and Forced Drug Injections to Persecute Practitioners

Dafa Practitioner Liu Ronghua Endures Two Years in Forced Labor Camp, Now Facing Additional Prison Sentence

Guards Abuse Practitioners in Masanjia Forced Labor Camp in Liaoning Province

Hochschullehrerin illegal vor Gericht gestellt, Freunde und Familie protestieren

Ehemalige Professorin Liu Ronghua ungesetzlich verurteilt, Eltern verklagen Polizei und Staatsanwalt der Stadt Dalian

Nach zwei Jahren Haft im Zwangsarbeitslager wurde Frau Liu Ronghua zu weiteren zehn Jahren Gefängnis verurteilt

Lehrbeauftragte der Universität unrechtmäßig zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, ihre Mutter legt Berufung ein (Foto)

Polizei verfolgt talentierte Praktizierende und verurteilt sie zu zusätzlichen Gefängnisstrafen, während sie noch im Zwangsarbeitslager sind


[1] Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine buddhistische Selbstkultivierungsmethode. Sie wurde von Meister Li Hongzhi im Jahr 1992 in China eingeführt und hat sich rasant verbreitet. Viele Menschen konnten durch die Angleichung an die Prinzipien dieser Praktik – Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht – ihre Moral und ihre Gesundheit verbessern. Praktizierende dieses Kultivierungsweges werden seit dem 20. Juli 1999 auf Geheiß des damaligen Parteichefs Jiang Zemin in China verfolgt. Er ist der Hauptverantwortliche für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Falun-Dafa-Praktizierenden.