16 Einwohner wegen ihres Glaubens angeklagt, Anwälte dürfen sie vor Gericht nicht vertreten (Provinz Jilin)

(Minghui.org) Sechzehn Einwohner der Stadt Changchun in der Provinz Jilin standen am 28. September 2020 wegen ihres Glaubens an Falun Dafa [1] vor dem Gericht des Landkreises Lishu. Die Richterin verbot den Anwälten und Familienangehörigen, sie vor Gericht zu verteidigen, und unterbrach die Praktizierenden häufig, als sie zu ihrer eigenen Verteidigung aussagten. Zwei Familienangehörige der Praktizierenden wurden mitten im Prozess aus dem Gerichtssaal entfernt.

2019: Festnahmen im Zuge einer Polizeirazzia

Die sechzehn Praktizierenden waren am 15. August 2019 von über 100 Beamten bei einer Polizeirazzia verhaftet worden. Weitere achtzehn Praktizierende wurden am selben Tag verhaftet, aber kurz darauf wieder freigelassen.

Von der Gruppe der sechzehn Praktizierenden wurden Li Changkun (m), 76, und Zhou Liping (w), 62, später gegen Kaution freigelassen. Die anderen vierzehn Praktizierenden blieben im Untersuchungsgefängnis der Stadt Siping inhaftiert.

Bei den vierzehn Praktizierenden handelte es sich um die Herren Hou Hongqing, 49; Han Jianping, 58; Jiang Tao, 46; Tan Qiucheng, 44; die Frauen Zhang Shaoping, 51; Cui Guixian, 56; Liu Dongying (die Mutter von Cuis Schwiegersohn), 55; und sieben Mitglieder einer Großfamilie (Meng Xiangqi, 37, sein Vater Meng Fanjun, 59, seine Schwiegermutter Fu Guihua, 55, seine Schwägerin Yu Jianli, 30, ihr Ehemann Wang Dongli, 40, und Wangs Vater Wang Kemin , 69, und Mutter Wang Fengzhi, 69).

Die Praktizierenden wurden später nach Paragraph 300 wegen „Untergrabung der Strafverfolgung durch eine Sekte“ angeklagt. Dieser Paragraph wird von den chinesischen Gerichten standardmäßig verwendet, um die Praktizierenden hinter Gitter zu bringen.

Schikanen gegen die Verteidiger

Han Jianpings Familie und sein Anwalt gingen Anfang Dezember 2019 in die Haftanstalt und wollten ihn sehen, doch wurden sie draußen aufgehalten. Der Sicherheitsbeamte sagte, dass die Staatssicherheitsabteilung eine spezielle Anordnung herausgegeben habe. Diese verlange, dass Anwälte sich registrieren lassen und eine Genehmigung für die Vertretung von Falun-Dafa-Praktizierenden beibringen müssten – und zwar von ihren lokalen Justizbehörden sowie von denen der Stadt Siping und den Anwaltskammern. Die Anwälte müssten auch die Erlaubnis von Wang Mingshan, dem Leiter der Staatssicherheitsabteilung in Lishu, einholen. Erst dann dürften sie ihre Falun Dafa praktizierenden Klienten besuchen. Auch müssten Beamte der Staatssicherheitsabteilung bei dem Treffen zwischen Anwalt und Klient anwesend sein.

Da der Anwalt und Hans Familie an diesem Tag nicht in der Lage waren, alle Anforderungen zu erfüllen, verließen die Haftanstalt.

Anwaltsvollmacht abgelehnt

Hans Anwalt meldete sich später erfolgreich bei den örtlichen Justizbehörden und den Anwaltskammern der Stadt Siping an und erhielt eine Genehmigung. Doch die Anwälte der anderen Praktizierenden hatten nicht so viel Glück. Ihre örtlichen Justizbüros weigerten sich, solche rechtswidrigen Genehmigungsanträge zu erstellen. Kein Gesetz schreibe vor, dass sie involviert sein müssten, wenn Anwälte ihre Mandanten rechtlich vertreten wollten.

Die Anwälte äußerten gegenüber Richter Cui Ren ihre Bedenken über die unangemessenen Forderungen bezüglich ihrer rechtlichen Vertretung. Der Richter sagte: „Es ist das Komitee für Politik und Recht [eine außergerichtliche Behörde, die mit der Überwachung der Verfolgung beauftragt ist], das die Entscheidung trifft.“ Er sagte auch: „Wenn Sie glauben, dass ich gegen das Gesetz verstoßen habe, können Sie gerne eine Beschwerde gegen mich einreichen, wo immer Sie wollen.“ Richter Cui beschuldigte einen der Anwälte, ihn belästigt zu haben, als dieser ihn anrief.

Mehrere Anwälte reichten bei der Staatsanwaltschaft des Bezirks Lishu Beschwerden gegen Richter Cui ein, jedoch ohne Erfolg.

Schikanen gegen die Familienangehörigen

Als die Familienangehörigen der Praktizierenden ebenfalls beantragten, sie vor Gericht zu vertreten, lehnte Cui die Anträge zunächst ab, forderte sie aber später auf, sich bei der örtlichen Justizbehörde anzumelden. Auch sollten sie eine Genehmigung des Komitees für Politik und Recht einholen. Aber als die Familien der Praktizierenden zur Justizbehörde gingen, wurde ihnen gesagt, dass sie nichts bei ihnen einreichen müssten, um ihre Angehörigen vor Gericht zu vertreten, da sie keine professionellen Anwälte seien.

Obwohl die Familien der Praktizierenden die Antwort der Justizbehörde an Richter Cui weitergaben, bestand er darauf, dass sie sich bei der Justizbehörde registrieren ließen.

Die Familien der Praktizierenden reichten bei der Staatsanwaltschaft des Bezirks Lishu auch eine Beschwerde gegen Richter Cui ein. Staatsanwalt Zhu, der den Anruf entgegennahm, sagte, er habe mit dem Richter gesprochen und sei mit ihm übereingekommen, dass sie sich bei der Justizbehörde registrieren lassen sollten. Als die Familien der Praktizierenden sagten, die Justizbehörde habe ihnen gesagt, sie bräuchten das nicht zu tun, legte Staatsanwalt Zhu auf. Als sie ihn später erneut anriefen sagte er, er habe bereits auf ihre Beschwerde geantwortet.

Die Familien der Praktizierenden reichten daraufhin bei einer übergeordneten Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen den Richter ein, nur um zu erfahren, dass sie dazu nicht befugt seien. Wenn der Richter tatsächlich seine Pflicht vernachlässigt habe, dann müsse stattdessen sein Vorgesetzter den Vorfall an die höheren Stellen melden.

Am 24. September, vier Tage vor der Anhörung der Praktizierenden, erhielt Hans Anwalt, der als Einziger alle erforderlichen Registrierungen erfolgreich abgeschlossen hatte, einen Anruf vom Bezirksgericht Lishu. Er wurde gebeten zu kommen, um die Fallakte seines Mandanten zu überprüfen.

Am 27. September, einen Tag vor der Anhörung, reichte Hans Anwalt seine Stellungnahme zur Verteidigung ein, wie es vom Gericht verlangt worden war.

Massiver Behinderung der Arbeit eines Anwalts durch die Polizei

Am 28. September, dem Tag der Anhörung, erhielt Hans Anwalt einen Anruf vom Gericht, während er noch im Zug nach Siping saß. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Behörden am Vortag beschlossen hätten, seine Befugnis zur Vertretung von Han auszusetzen, da sie festgestellt hätten, dass der Anwalt 2014 „unangemessene Kommentare [über das chinesische kommunistische Regime] geschrieben hatte.“

Als der Zug in Siping angekommen war, hielten sieben Beamte der Justizbehörde Siping den Anwalt fest. Sie zeigten ihm das formelle Schreiben, mit dem er seine Vertretung aufgeben sollte. Sie erlaubten ihm jedoch nicht, einen Ausdruck oder ein Foto davon zu machen. Die Beamten kauften eine Rückfahrkarte für den Anwalt und begleiteten ihn zurück nach Shenyang, wo er arbeitet. Sie stellten sicher, dass er in Shenyang aus dem Zug stieg, bevor sie zurück nach Siping fuhren.

Weitere Behinderung der Arbeit der Anwälte

Am 28. September kamen drei weitere Anwälte von Praktizierenden, die die erforderlichen Registrierungen nicht abgeschlossen hatten, am Gerichtstag dennoch nach Siping. Ihnen folgten Beamte, die sich in Autos ohne Nummernschilder vor ihren Hotels aufhielten, und sie überwachten.

In der Zwischenzeit erhielten auch diese Anwälte Anrufe von Beamten in Siping und wurden aufgefordert, ihre Vertretungen zurückzuziehen. Die Behörden in Siping übten auch Druck auf die Anwälte in ihren eigenen lokalen Justizbehörden aus, um sie aufzuhalten und zum Schweigen zu bringen. Die Anwälte wurden auf dem Weg zum Gericht gezwungen, sich von den Fällen zurückzuziehen.

Familien werden gehindert, an der Anhörung teilzunehmen

Am 28. September gegen 8:00 Uhr morgens parkten Polizeiautos vor dem Gerichtsgebäude und blockierten den Verkehr. Mehrere Beamte auf Motorrädern patrouillierten die Gegend. Polizisten kontrollierten die Ausweise aller Passanten. Jedes Familienmitglied der Praktizierenden wurde von Polizisten zu einer Ecke in der Nähe des Gerichtsgebäudes gebracht. Dort wurden sie fotografiert und ihre Identitäten und Familienbeziehungen wurden durch die Polizeidatenbank bestätigt.

Als ein Familienangehöriger ein Foto des Anhörungszettels vor dem Gerichtsgebäude machte, kam ein Beamter vorbei, löschte das Foto vom Telefon und riss den Zettel ab.

Richter Cui hatte ursprünglich gesagt, dass bis zu zwei Personen aus der Familie jedes Praktizierenden an der Anhörung teilnehmen könnten, beschränkte aber später die Teilnahme auf eine Person pro Familie. Das Gericht sperrte außerdem mehrere Familien der Praktizierenden von der Teilnahme an der Anhörung aus, mit der Ausrede, sie hätten sich nicht vorher angemeldet. Die Familienangehörigen sagten jedoch, dass sie das Gericht vor der Anhörung kontaktiert hätten. Ihnen war gesagt worden, dass sie teilnehmen könnten, solange sie ihre Ausweise und ein Dokument vorweisen könnten, das ihre familiäre Beziehung zu den Praktizierenden beweisen würde.

Diejenigen, die an der Anhörung teilnehmen durften, wurden äußerst strengen Sicherheitskontrollen unterzogen. Ein Gerichtsbeamter sagte, dass die Behörden den Fall sehr ernst nehmen würden und sie es nicht wagten, irgendwelche Fehler zu machen.

Beim Betreten des Gerichtssaals wurde jedes Familienmitglied der Praktizierenden zu einem vorher zugewiesenen Platz gebracht, umgeben von Polizisten. Als Wang Mingshan, der Leiter der Staatssicherheitsabteilung in Lishu, von einem Familienmitglied eines Praktizierenden erkannt wurde, verließ er schnell den Gerichtssaal.

Eine neue Richterin tritt auf den Plan – sie unterbricht die eigene Verteidigung der Praktizierenden

Richter Cui hatte die Fälle der Praktizierenden vor der Anhörung bearbeitet. Danach wurde Richterin Li Nan ohne Wissen der Praktizierenden, deren Anwälte oder Familien mit der Leitung der Anhörung beauftragt. Die Familien der Praktizierenden hatten Richterin Li zuvor kontaktiert, aber sie hatte ihnen versichert, dass sie nicht zuständig sei und hatte sie an Richter Cui verwiesen.

Alle sechzehn Praktizierenden trugen Schutzkleidung und waren mit Handschellen und Fußfesseln gefesselt. Sie verlangten, von ihren eigenen Anwälten vor Gericht vertreten zu werden und dass diese auf nicht schuldig plädierten. Richterin Li unterbrach die Verhandlung für zehn Minuten und nahm sie dann wieder auf.

Staatsanwalt Wang Zhe las die Anklageschriften der Praktizierenden vor, die alle identisch waren, bis auf die Anzahl der Beweise, die gegen sie vorlagen. Darunter waren Falun-Dafa-Materialien oder Akten und Artikel, die sie auf der Website Minghui.org über ihre frühere Verfolgung eingereicht hatten. Mehrere Praktizierende baten den Staatsanwalt, die Videodateien vor Gericht abzuspielen oder die von ihnen beschlagnahmten Materialien vorzulesen, was ihnen jedoch verweigert wurde.

Einige Praktizierende sagten, sie hätten nie Artikel auf Minghui.org veröffentlicht. Staatsanwalt Wang sagte, er habe Dokumente von der Internetpolizei in Siping, zeigte sie aber nicht.

Richterin Li unterbrach häufig die Aussage jedes Praktizierenden, die sich selbst verteidigten. Sie erlaubte den Praktizierenden nicht, Argumente über die fehlende Rechtsgrundlage der Anklagen gegen sie vorzubringen. Auch durften sie ihr oder dem Staatsanwalt keine Fragen zu den Beweisen oder Anklagen stellen. Sie versuchte, die Praktizierenden dazu zu bringen, ihre Verteidigungsschrift einzureichen, anstatt sie vor Gericht zu verlesen.

Knappe Selbstverteidigung der Praktizierenden; Forderungen der Angehörigen führen zu Verweis aus dem Gerichtssaal

Fu Guihua sagte in ihrer Verteidigungsrede, dass viele ihrer Beschwerden verschwunden seien, seitdem sie Falun Dafa praktiziere. Sie habe ihren Groll losgelassen und sei rücksichtsvoller geworden. Han sagte aus, dass durch das Praktizieren von Falun Dafa seine Beinverletzungen geheilt worden seien. Jiang Tao sagte, dass er sowohl körperlich als auch geistig vom Praktizieren von Falun Dafa profitiert habe. Hou Hongqing (m) sagte, dass Falun Dafa gut ist. Zhang Shaoping (w) sagte, dass die Praktizierenden in den letzten 21 Jahren nicht nur für sich selbst auf die Verfolgung aufmerksam gemacht hätten, sondern auch, um die Täter daran zu hindern, weiterhin Verbrechen an gesetzestreuen Praktizierenden zu begehen.

Cui Guixian Tochter, Qi Hongli, protestierte vor Gericht und forderte, dass die Praktizierenden von ihren Anwälten verteidigt werden. Han Jianpings Tochter, Han Xue, sagte, dass die Polizei sie als Zeugin gegen ihren Vater aufgeführt habe, ihr aber nie Fragen gestellt habe und dass die Anklagen alle falsch seien. Beide wurden aus dem Gerichtssaal entfernt.

Die Anhörung dauerte von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr. Der Richter vertagte sie, ohne Urteile zu verkünden.

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[1] Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine buddhistische Selbstkultivierungsmethode. Sie wurde von Meister Li Hongzhi im Jahr 1992 in China eingeführt und hat sich rasant verbreitet. Viele Menschen konnten durch die Angleichung an die Prinzipien dieser Praktik – Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht – ihre Moral und ihre Gesundheit verbessern. Praktizierende dieses Kultivierungsweges werden seit dem 20. Juli 1999 auf Geheiß des damaligen Parteichefs Jiang Zemin in China verfolgt. Er ist der Hauptverantwortliche für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Falun-Dafa-Praktizierenden.