Leserbrief: China aus der Sicht eines Westlers

Ich habe ein paar Freunde aus dem Abendland. Die meisten von ihnen waren in China und haben großes Interesse an China. Ich stellte fest, dass ihre Gedanken klar und unkompliziert sind, ihre Gesinnung korrekt und sachlich ist.

Ein weißer amerikanischer Freund von mir hat in China Jahre lang gelebt und kann fließend Chinesisch sprechen. Ich fragte: „Ich habe den Eindruck, dass Sie gerne nochmals nach China fliegen möchten. Gefällt Ihnen China gut?” Ich war davon überzeugt, dass er mit Sicherheit „Ja, natürlich.” sagen würde, aber er antwortete: „Ehrlich gesagt, mir gefällt an China die Sprache, Kultur, Landschaft und die chinesischen Freunde, die ich kennen gelernt habe. Natürlich gibt es noch mehr, was mir an China gefällt, aber das ist alles nicht das, was die Chinesen ,mit China' bezeichnen. Da bemerkte ich, dass China, was vielen Chinesen bewusst ist, zur menschlichen Eitelkeit neigt und die politischen Einflüsse des Kommunismus und der Regierung noch da sind.” Es schien mir, dass er eine ehrliche Auffassung hatte, und ich fragte: „Warum haben Sie so eine Auffassung?” Offen und klar antwortete er: „Ich hatte mit vielen Chinesen Kontakt. Ich glaube, dass einige China nicht von ganzen Herzen lieben und deshalb kümmern sie sich nicht wirklich um die chinesische Kultur und die chinesischen Angelegenheiten. Dennoch haben sie ein starkes Bedürfnis, ,China' zu bewahren. Es ist ihnen sogar egal, auch wenn sie schlechte Sachen schützen. Bedeutet das in Wirklichkeit nicht, dass man auch das Schlechte mag und erhält? Das ist etwa so, als ob ich sage, dass ich Amerika mag, bedeutet aber nicht, dass ich gegenüber dem amerikanischen Präsidenten und der amerikanischen Regierung keine Kritik üben darf und alles, was sie tun, unbedingt richtig sein muss. Der amerikanische Präsident, die amerikanische Regierung und die USA haben keinen Begriff von Gleichheit. Wenn ich diese Ungerechtigkeit Amerikas gerne beseitigen möchte, mir aber in Wirklichkeit keine Gedanken darüber mache, wie schlechte Sachen verbessert werden können, darf ich auf keinen Fall sagen, dass ich Amerika von ganzem Herzen mag oder dass ich mein Vaterland liebe. Es wäre vielleicht viel treffender, dass ich mich selbst gerne habe, weil ich mich nur darum kümmere und etwas bewahre, was mit meinem eigenen Gefühl und eigener Eitelkeit zu tun hat.” Ich war über die Ansicht dieses Freundes, die mich mit vielen Chinesen verbindet, sehr erstaunt. Einerseits kümmern sich meine Landsleute nicht um die Angelegenheiten, die in China geschehen, andererseits haben sie ein starkes Gefühl vom Patriotismus. Als ich ihn nach einem konkreten Beispiel fragte, hat er mir zwei kleine Geschichten erzählt.

Die erste Geschichte: Ich war einmal bei einem chinesischen Freund zu Gast. Die Gastgeberin war gerade dabei, ein Formular auszufüllen, um ihr altes privates Auto an einen Chinesen zu verkaufen. Zufällig habe ich gehört, was ein Freund zu der Chinesin sagte: „Am besten schreibt man keinen Preis darauf, sondern notiert zu Hause selbst eine kleinere Summe, so bezahlt man weniger Steuern.” Ich fand, dieses Verhalten nicht ehrlich und für die gesunde Entwicklung der Gesellschaft nicht günstig und sagte deshalb: „Am besten macht man so etwas nicht, obwohl ich weiß, dass diese Dinge in China üblich sind, meine ich doch, dass dies geändert werden muss.” Der Chinese sagte in ernstem Ton zu mir:„Sie dürfen nichts Schlechtes über China sagen.” In Wirklichkeit habe ich nur etwas Ehrliches gesagt, obwohl ich beim Einkaufen von chinesischen Einzelhändlern oft betrogen wurde, als ich in China lebte und von Chinesen als ,Langnase' bezeichnet wurde. Obwohl ich weiß, dass Betrug und falsche Produkte oft auf dem Markt weit verbreitet sind, wurde dadurch meine Liebe zu China nicht beeinflusst. Im Stillen wünsche ich mir, dass die chinesische Bevölkerung so früh wie möglich - wie wir Amerikaner - die Freiheit und die Menschenrechte genießen können, dann wäre es gerecht für die Chinesen.

Die andere kleine Geschichte war folgende: Eines Tages habe ich einen chinesischen Studenten unterwegs kennen gelernt. Während wir den Weg gemeinsam weiter gingen, haben wir über verschiedenes geredet. Als wir bei den Falun Gong Praktizierenden vorbeikamen, die viele Bilder über die wahren Umstände der Verfolgung von Falun Gong ausstellten und ruhig ihre Übung machten, sagte mein neuer Freund, dass ihm das, was sie tun, nicht gefällt. Wenn sie uns Chinesen von hier keine Probleme machen, dann verlieren sie das Gesicht der Chinesen. Ich fragte, was für ein Problem den Chinesen gemacht wird? Er antwortete: „Die chinesische Regierung hat Falun Gong seit Langem verboten. Wenn wir mit ihnen Kontakt haben, würde uns die Regierung Schwierigkeiten machen. Es kann sein, dass unserer Zukunft geschadet wird.” Ich sagte: „Daran erkennt man, dass diejenigen, die euch wirklich Probleme bereiten, die chinesische Regierung ist, aber nicht die Falun Gong Praktizierenden. Warum werden sie beschuldigt? Man hat gesagt, dass die chinesische Regierung viele Familien, Firmen, Kreis- oder Stadtverwaltungen in China bestraft hat, weil es dort Falun Gong Praktizierende gibt. Deshalb hegen manche Menschen Hass gegen Falun Gong. Dafür habe ich kein Verständnis. Es ist ganz klar, dass die chinesische Regierung gesetzeswidrig gehandelt hat.” Anstatt auf meine Aussage direkt zu antworten, sagte der Student, dass Falun Gong Praktizierende das Gesicht der Chinesen verloren hätten. Ich verstand die Aussage nicht und sagte: „Das ist selbstverständlich, dass das Ansehen der Chinesen getrübt wurde, weil die chinesische Regierung ihre eigene Bevölkerung so grausam verfolgt. Es ist absolut nicht der Fall, dass durch das Aufdecken von Fakten das Ansehen von China getrübt wird. Falun Gong Praktizierende machen es nur deshalb, um die ungerechte Verfolgung so schnell wie möglich zu stoppen. Nach meiner Meinung ist gerade das ein Ausdruck dafür, dass sie sich um China kümmern und Verantwortung für China tragen. Wenn alle Chinesen so gehandelt hätten, würde der Tag früher kommen, an dem die chinesische Bevölkerung die Freiheit und die Menschenrechte genießen kann. Die Falun Gong Praktizierenden haben über zwei Jahre lang den Protest durchgehalten, außerdem ist alles voll und ganz in friedlicher Weise abgelaufen. Das ist nicht einfach, so etwas in die Tat umzusetzen. Ich bewundere sie sehr, weil sie einen starken Willen haben, völlig ruhig sind und keine Angst davor haben, dass ihnen die Regierung dabei Probleme macht. Das kann ein egoistischer oder dummer Mensch auf keinen Fall verstehen. Durch sie spüre ich, dass mein Verständnis gegenüber dem chinesischen Volk nicht so mehr undeutlich und unklar ist wie früher. Ich hoffe, dass China so früh wie möglich die Verfolgung gegen Falun Gong beendet, das wäre das Beste für China.

Nachdem ich die Auffassung und die beiden Geschichten des amerikanischen Freundes gehört hatte, war ich sehr berührt. Ich spürte, dass seine Liebe zu China ehrlich war. Im Gegensatz dazu beruht die Erhaltung von China bei vielen chinesischen Landsleuten jedoch auf der Basis der eigenen Interessen und der Eitelkeit. Viele Menschen machen in Wirklichkeit Sachen, die das staatliche Interesse schädigen, während sie behaupten, dass sie patriotisch seien. Wenn ein Mensch wegen des eigenen Ruhmes und Reichtums gegen sein Gewissen etwas sagt, so dass das Interesse der anderen geschädigt wird, Korruption oder Bestechung begeht, eine Übeltat mit Absicht übersieht, ist sein Patriotismus bereits verschwunden. Der Rest, was von ihm noch übrig geblieben ist, ist nur eine bloße Hülle und ein Werkzeug der Politik, das zum Attackieren der anderen dient.