So wie wir waren – Teil VII

(Minghui.org) 

Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V, Teil VI

Li Li stammte aus der Provinz Heilongjiang. Sie hatte ein schweres Leben: 1992 verlor sie ihre Mutter durch eine unbekannte Krankheit und 1994 ihren Bruder durch einen Gehirntumor. Sie heiratete 1981 und war die meiste Zeit in ihrer Ehe häuslicher Gewalt ausgesetzt. Ihr Mann hatte außereheliche Affären, ließ sich schließlich 1996 von ihr scheiden und heiratete bald darauf die Witwe ihres verstorbenen Bruders.

Trotz der Entbehrungen und des gebrochenen Herzens hielt Li an den Grundsätzen von Falun Dafa fest – an Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht. Sogar ihr ehemaliger Ehemann beschützte sie, als die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) 1999 mit der Verfolgung von Falun Dafa begann. Ein Fernsehreporter, ein Freund von ihm, wollte ihn interviewen und ihn dazu bringen, Falun Dafa für das Zerbrechen seiner Ehe mit Li verantwortlich zu machen. Er lehnte diese Bitte seines Freundes entschieden ab. Als Li wegen ihres Glaubens inhaftiert war, bewahrte er ihre Falun-Dafa-Bücher an einem sicheren Ort auf. Nach ihrer Freilassung war sie gezwungen, von zu Hause wegzuziehen, um weitere Verhaftungen zu vermeiden. Daraufhin kümmerte er sich gut um den gemeinsamen Sohn.

Li starb später an den Folgen der Verfolgung durch die Kommunistische Partei Chinas. Diese zehnteilige Serie ist ihr persönlicher Bericht über ihre Geschichte.

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Obwohl ich Elend und Unglück erlebte, blieb ich fröhlich und war freundlich zu denen, die mich schlecht behandelten.

VII. Teil: Dafa gab mir Kraft

Kurz nach dem chinesischen Neujahrsfest 1994 erreichte mich ein Brief, in dem mir mitgeteilt wurde, dass der Krebs meines Bruders wieder ausgebrochen sei. Die Ärzte entfernten nur einen kleinen Teil des Tumors in seinem Kopf. Wenn sie auch nur ein Stück zu viel entfernten, würde er die Operation nicht überleben.

Ich nahm den Zug nach Harbin zur Fachklinik für Onkologie, um mich um meinen Bruder zu kümmern. Dort angekommen sagten die Ärzte, sie könnten keine weitere Operation durchführen, da das Risiko zu hoch sei. So stimmte meine Familie zu, mit der konservativen Krebsbehandlung fortzufahren. In meiner Tasche hatte ich das erste Buch von Meister Li, Falun Gong – Der Weg zur Vollendung, das bereits veröffentlicht worden war. Ein anderer Praktizierender gab mir ein Buch über ein anderes Qigong und bat mich, es mitzunehmen, falls es meinem Bruder helfen könnte.

Nach zwei großen Operationen war mein Bruder bereits entstellt. Durch die Einnahme von Hormonpräparaten hatte er fast die Hälfte seines Gewichts zugenommen. Da der Tumor auf einen Nerv drückte, war eine Seite seines Körpers gelähmt. Zudem war er inkontinent und konnte sich nicht mehr selbst versorgen. Meine Schwester, meine Schwägerin und ich kümmerten uns abwechselnd um ihn. Mein Vater war angesichts all dieser Probleme so erschöpft, dass er nur gelegentlich vorbeischaute. Ich tat mein Bestes, um mich um meinen Bruder zu kümmern.

Mein Verhalten nach dem Fa richten

In einer schwierigen Situation verstand ich, dass ich mein Verhalten nach der Lehre des Fa richten sollte. Wann immer ich ein wenig Zeit hatte, las ich in den Büchern von Dafa. Dies half mir zu erkennen, was ich zu tun hatte. Dafa gab mir unendlich viel Kraft und Mut. Ich war gut gelaunt und konnte jeden Tag mit einer optimistischen und friedlichen Geisteshaltung mit unseren Familienmitgliedern umgehen.

Zudem wollte ich mir noch mehr Zeit für die Pflege meines Bruders nehmen, damit meine Familie weiter entlastet würde. Alle schlechten Gedanken, die während dieses Prozesses in meinem Kopf auftauchten, einschließlich der Gefühle, versuchte ich zu verdrängen. Stattdessen versuchte ich, meine Gedanken mit der Lehre von Dafa zu füllen. Solange meine Gedanken vom Dafa erfüllt war, konnte ich auch in schwierigen Zeiten anders handeln, als ich es in der Vergangenheit getan hätte. Obwohl ich nur etwas mehr als 45 Kilo wog, war ich nicht müde sondern hatte viel Energie. Das war unglaublich. Früher mussten sich andere Menschen um mich kümmern, doch jetzt konnte ich mich um andere kümmern, ohne müde zu werden.

Meine positive Ausstrahlung beeinflusste auch andere in der Familie, so dass sie weniger gestresst waren. Manchmal konnte ich im Krankenhaus auch eine Zeit lang die Sitzmeditation machen. Mein Bruder konnte nicht sprechen, aber ich merkte, dass er die Übungen auch versuchen wollte. Also half ich ihm, sich aufzusetzen, und lehrte ihn die Übungen. Ich erzählte ihm, wie gut Falun Dafa ist und welche großen körperlichen Veränderungen ich erlebt hatte. Mein Bruder gab sein Bestes, aber er war sehr schwach und musste sich ab und zu hinlegen. 

Keine zweite Kultivierungsschule

Als ich meinem Bruder das Buch geben wollte, erinnerte ich mich plötzlich an das Buch über ein anderes Qigong, was ich meinem Bruder geben sollte. Ich hielt beide Bücher in der Hand und dachte: „Ist das nicht eine Prüfung? Das eine ist ein Buch über Dafa und das andere ein Buch über Qigong.“ Ich brauchte nicht zu überlegen, welches der beiden Bücher ich meinem Bruder geben würde. Ich hatte die ganze Zeit über die Bücher von Meister Li gelesen. Alle meine Veränderungen und meine Kraft kamen von der Lehre dieser Bücher. Ich war mir im Klaren darüber und sehr achtsam, dass das Thema „keine zweite Schule“ mich nicht wieder stören sollte. Ich steckte das andere Buch in die Tasche und wollte es später zurückbringen.

Es gab keinen Grund, meinem Bruder nicht aus dem Buch von Falun Dafa vorzulesen. Im Gegenteil, es gab nichts Besseres, und so begann ich, ihm jeden Tag daraus vorzulesen. In einigen Tagen hatte ich alle Bücher durchgelesen. Als ich ihn fragte, ob er selbst lesen wolle, nickte er. Ich half ihm, sich aufzusetzen, legte das Buch vor ihn hin und blätterte für ihn um. Aufmerksam las er eine Seite nach der anderen. Nachdem er das Buch zu Ende gelesen hatte, bat er mich um Papier und einen Stift. Mit der einen Hand, die er noch benutzen konnte, schrieb er: „Kannst du mir sagen, warum ich einen Gehirntumor habe? Warum wurde diese Krankheit von meinen Vorfahren an mich weitergegeben?“

Mein Großvater ist ebenfalls an Krebs gestorben. Als mein Bruder mir diese Frage stellte, konnte ich sie nicht beantworten. Aber ich wusste, dass es Gründe dafür geben musste. Mein Bruder hatte das Buch gelesen, konnte jedoch seine Krankheit nicht vergessen und diesen Punkt nicht erkennen.

Das Problem der Sentimentalität

Da ich beruflich andere Menschen unterrichtete, konnte ich nicht allzu lange im Krankenhaus bleiben und kehrte daher nach Changchun zurück. Als ich ins Krankenhaus von Harbin zurückkehrte, um meinen Bruder erneut zu besuchen, sah ich, dass sich sein Zustand verschlechtert hatte. Meine Schwestern waren erschöpft. Ich sagte ihnen, sie sollten alle nach Hause gehen, ich würde bleiben. Nachdem sie gegangen waren, lag die ganze Arbeit bei mir. Tagsüber musste ich für meinen Bruder kochen, ihn füttern, seine Stoffwindeln reinigen und von morgens bis abends die Infusionen überwachen. Ausruhen konnte ich mich erst nach Mitternacht. Aber es ging mir gut und ich war viel gesünder als ein normaler Mensch.

Eines Tages half ich meinem Bruder mit viel Anstrengung dabei, sich auf einen Stuhl zu setzen. Ich legte alle möglichen Gegenstände um ihn herum, um zu verhindern, dass er vom Stuhl fiel. Als ich mich jedoch kurz abwandte, um etwas für ihn zu holen, fiel er auf den Boden. Da er seine Hände und Füße nicht benutzen konnte, war er nicht in der Lage gewesen, sich beim Sturz abzustützen. Ich hörte nur einen Knall und ihn aufschreien. Ich eilte zu ihm. Er hatte eine große Beule an der Stirn. Ich versuchte, ihm wieder aufzuhelfen, schaffte es aber nicht – er war zu schwer.

Als ich dabei die Narbe auf seinem Kopf sah, die von den Operationen herrührte, und an die zusätzlichen Schmerzen dachte, für die ich verantwortlich war, umarmte ich ihn und brach in Tränen aus. Wie ich da so saß, wurde mir klar, dass etwas nicht stimmte – wie konnte ich so aufgewühlt sein und weinen? Meine Tränen versiegten und ich ging in das Nachbarzimmer und bat zwei junge Männer um Hilfe. Gemeinsam hoben wir meinen Bruder zurück ins Bett. Ich wusste, dass ich diese Prüfung nicht gut bestanden hatte, da ich mich durch die Gefühle hatte stören lassen. Meine Schwestern kamen zurück und lösten mich ab. 

Der Meister ist näher als ein Verwandter: Dem Fa folgen

Als ich aus Harbin in mein Haus in Peking zurückkehrte und das Bild des Meisters an der Wand sah, konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Mit Tränen in den Augen blickte ich auf und sah, wie sein Porträt lebendig wurde. Er sah mich voller Barmherzigkeit an. Ich spürte, dass er mir näherstand als jeder meiner Familienmitglieder. Es gab vieles, was ich dem Meister sagen wollte.

Wenn ich mich an diese Zeit erinnere, so sehe ich heute klar, dass ich zu jener Zeit zu sehr an den Gefühlen festhielt. Deshalb wurden mir Gelegenheiten geschaffen, gleich zu Beginn meiner Kultivierung daran zu arbeiten. Besonders stark war meine Zuneigung zu meinen Angehörigen. Wegen dieser übermäßigen Zuneigung hatte ich oft Schwierigkeiten beim Essen und Schlafen und machte mir ständig Sorgen um dieses oder jenes. Es ging so weit, dass ich es nicht ertragen konnte, andere leiden zu sehen – insbesondere meine Familienmitglieder. Dabei spielte es auch keine Rolle, wie sehr ich selbst litt. Nachdem ich begonnen hatte, Falun Dafa zu praktizieren, erkannte ich, dass es diese Sentimentalität war, die mich störte und mich derart fesselte, dass ich nicht entkommen konnte. Aus den Vorträgen des Meisters wusste ich, dass die Sentimentalität eine Art Dämon ist. Ferner ist Sentimentalität auch mit Egoismus verbunden und kann alle Arten von Anhaftungen hervorbringen. Während dieser Schwierigkeit hatte ich das starke Gefühl, dass mein Bruder mir unbewusst helfen wollte, meine Gefühle für ihn loszulassen, damit ich mich erhöhen konnte. Wenn ich mich nicht erhöhen würde, würde auch mein Bruder weiter leiden. Innerlich sagte ich zum Meister: „Verehrter Meister, genug ist genug. Ich kann nicht weiter auf diese Weise handeln. Ich werde diese Sentimentalität loslassen.“

Als ich das dritte Mal ins Krankenhaus kam, war alles anders. Ich beschloss, mich als eine wahre Praktizierende zu betrachten und mich in jeder Frage nach dem Fa zu richten. Ich setzte einen hohen Maßstab an mich an und ließ kein bisschen nach. Während meine Schwestern und ich uns um unseren Bruder kümmerten, bekamen wir aus unserer Heimatstadt Suihua die Nachricht, dass unser Vater mit Nierenversagen und Blut im Urin ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Da in unserer Heimat niemand war, der sich um unseren Vater hätte kümmern können, schickte sein Arbeitgeber einen Angestellten, der sich im Krankenhaus um ihn kümmerte.

Einige Tage später kam eine weitere Nachricht aus meinem Geburtsort Hailun, dass sich der jüngste Sohn meines Onkels in einem lebensbedrohlichen Zustand befand und in ein Krankenhaus in Shanghai gebracht worden war. Dieser Onkel und seine Frau waren relativ jung gestorben und mein Vater hatte sich um ihre fünf Kinder gekümmert, von denen einige arbeiten gegangen waren und andere geheiratet hatten. Zu allem Überfluss hatte meine Tante in Harbin einen Autounfall und sich dabei am Bein verletzt.

Ich wusste, dass diese Unglücke aufgetaucht waren, um zu sehen, ob ich mich davon beeinflussen ließ. Dieses Mal konnte ich meine Xinxing jedoch gut bewahren. Ich war in der Lage, die Gefühle loszulassen, und konnte ruhig bleiben.

Seit ich begonnen hatte, bei der Pflege meines Bruders zu helfen, hatte ich viele Zugfahrten zwischen Harbin, Changchun und Peking unternommen, die meiste Zeit davon in einer Art Notsituation. Nachdem ich das dritte Mal zu meinem Bruder gereist und danach wieder nach Peking zurückgekehrt war, erhielt ich einige Tage später einen Anruf, dass mein Bruder verstorben sei. Meine Familie bat mich, so schnell wie möglich zur Beerdigung zurückzukehren, auch wenn ich deswegen fliegen müsse. Innerlich war ich sehr ruhig. Ich wusste, dass nichts zufällig geschieht. Wenn es so kommen sollte, musste ich es akzeptieren.

Die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit meinem Bruder halfen mir zu verstehen, dass die Familienmitglieder, die ich liebte, mich irgendwann verlassen würden. Ich hatte versucht, dies zu verhindern, jedoch lag es nicht in meiner Hand. Wäre ich keine Praktizierende, würde auch ich eines Tages dem Tod ins Auge sehen müssen. Und dann würde mein Sohn an meinem Bett stehen und versuchen, mich hier zu halten. Er würde das gleiche Schicksal erleiden. Es gibt nichts anderes als endlosen Kummer. Als Kultivierende habe ich einige der Gründe für dieses Leiden verstanden. Ich habe erkannt, dass ich mich nicht wie ein gewöhnlicher Mensch verhalten und folglich auch nicht wie ein solcher leiden sollte. Das bedeutete, dass ich die Gefühle, an denen die gewöhnlichen Menschen festhalten, grundsätzlich beseitigen musste.

Den Meister treffen

Die Zeit verging schnell, und im August 1994 kehrte ich von Peking nach Changchun zurück, um zu unterrichten. Vor meinem Unterricht besuchte ich den Mitpraktizierenden Xu, der mir mitteilte, dass Meister Li in ein paar Tagen nach Changchun zurückkommen würde. Er bat mich, den Meister zu empfangen, was ich gerne tat. Ich war die meiste Zeit draußen unterwegs gewesen und hatte viele Schwierigkeiten überwunden. Und ich hatte den Meister schon lange nicht mehr gesehen.

An dem Tag, an dem wir den Meister am Flughafen begrüßen sollten, zog ich ein rosafarbenes Kostüm mit Spitzenmuster an. Schon von Weitem sahen wir den Meister auf uns zukommen. Ich war glücklich und aufgeregt zugleich. Ich konnte sehen, dass auch der Meister glücklich war. Er schüttelte mir die Hand und fragte: „Warum bist du zurückgekommen?“ Ich erwiderte, dass ich eine Woche zuvor zurückgekehrt sei. Direkt am Flughafen machten wir ein Gruppenfoto. Der Meister war nur für kurze Zeit nach Changchun gekommen, bevor er nach Yanji ging, um ein Vortragsseminar zu halten.

Bevor der Meister abreiste, verbrachte ich eine Nacht damit, einen sehr langen Bericht über meine Kultivierungserfahrung zu schreiben. Der Bericht umfasste schließlich zwölf Seiten. Ich berichtete dem Meister von meinem schwierigen Leben, wie ich Schwierigkeiten überwunden hatte und welche Fragen im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten aufgetaucht waren. Ich fragte den Meister: „Warum muss ich so viel Leid ertragen?“ Um die Entschlossenheit zu zeigen, mich im Falun Dafa zu kultivieren, schrieb ich am Ende des Berichtes: „Mein Meister ist nur Li Hongzhi. In meinem Herzen gibt es nur Falun Dafa.“

Wir begleiteten den Meister nach Yanji, wo er den nächsten Vortrag halten sollte. Während wir in der Lobby des Flughafens warteten, erzählte uns der Meister eine Geschichte über einen Gewehrbolzen (ein Bolzen ist das Schiebestück einer Repetierwaffe mit Verschluss). Damals begriff ich nicht, dass dies ein Hinweis für uns war. Viele Jahre später verstand ich, dass der Meister uns damit sagen wollte, dass es auf unserem Weg der Kultivierung nichts Zufälliges gibt. Das gilt sogar für sehr triviale Dinge. Bevor der Meister das Flugzeug bestieg, überreichte ich ihm meinen Erfahrungsbericht in einem Umschlag. Ich dachte, er würde ihn im Flugzeug lesen.

(Fortsetzung: Teil VIII)