So wie wir waren – Teil IX

(Minghui.org) 

Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V, Teil VITeil VIITeil VIII

Li Li stammte aus der Provinz Heilongjiang. Sie hatte ein schweres Leben: 1992 verlor sie ihre Mutter durch eine unbekannte Krankheit und 1994 ihren Bruder durch einen Gehirntumor. Sie heiratete 1981 und war die meiste Zeit in ihrer Ehe häuslicher Gewalt ausgesetzt. Ihr Mann hatte außereheliche Affären, ließ sich schließlich 1996 von ihr scheiden und heiratete bald darauf die Witwe ihres verstorbenen Bruders.

Trotz der Entbehrungen und des gebrochenen Herzens hielt Li an den Grundsätzen von Falun Dafa fest – an Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht. Sogar ihr ehemaliger Ehemann beschützte sie, als die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) 1999 mit der Verfolgung von Falun Dafa begann. Ein Fernsehreporter, ein Freund von ihm, wollte ihn interviewen und ihn dazu bringen, Falun Dafa für das Zerbrechen seiner Ehe mit Li verantwortlich zu machen. Er lehnte diese Bitte seines Freundes entschieden ab. Als Li wegen ihres Glaubens inhaftiert war, bewahrte er ihre Falun-Dafa-Bücher an einem sicheren Ort auf. Nach ihrer Freilassung war sie gezwungen, von zu Hause wegzuziehen, um weitere Verhaftungen zu vermeiden. Daraufhin kümmerte er sich gut um den gemeinsamen Sohn.

Li starb später an den Folgen der Verfolgung durch die Kommunistische Partei Chinas. Diese zehnteilige Serie ist ihr persönlicher Bericht über ihre Geschichte.

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Obwohl ich Elend und Unglück erlebte, blieb ich fröhlich und war freundlich zu denen, die mich schlecht behandelten.

IX. Teil: Der Meister weist darauf hin: Das Fa lernen, nicht lesen

Von meinem Kultivierungszustand her schien es mir so, als wäre ich steckengeblieben. Folglich wurden auftretende Rückschläge zum Mittelpunkt meines Lebens. Das änderte sich im April 1995. Zu dieser Zeit brachte mir ein Mitpraktizierender aus Changchun das Buch „Zhuan Falun“ mit. Ich spürte regelrecht, dass ich einen Durchbruch benötigte, also begann ich, das Buch aufmerksam zu lesen. Als ich es das erste Mal gelesen hatte, kamen viele Fragen auf. Nachdem ich es zum zweiten Mal gelesen hatte, erschienen mir meine vorherigen Fragen sehr naiv. Beim zweiten Mal machte ich mir Notizen über meinen eigenen Kultivierungszustand. Der Meister wies mich darauf hin, dass das Anfertigen von Notizen die Art und Weise ist, wie ein gewöhnlicher Mensch zu Wissen gelangt. Die Kultivierenden sollten das Fa nicht auf diese Weise lernen. Deshalb hörte ich damit auf. Später erschien das Jingwen „Lernen des Fa“, in dem es um die Probleme der Intellektuellen beim Lernen des Fa ging.

Das Lernen des Zhuan Falun half mir, vieles zu verstehen. Ich erkannte auch, dass mein schlechter Kultivierungszustand auf das unzureichende Lernen des Fa zurückzuführen war. Nachdem ich mich einige Monate lang von meinen Problemen befreit hatte, konnte ich viele Eigensinne erkennen. Fest entschlossen wollte ich diese beseitigen. Mit Hilfe eines langjährigen Praktizierenden, der auf der anderen Straßenseite wohnte, konnte ich mich schnell erhöhen. Gemeinsam lernten wir das Fa, machten die Übungen und teilten unsere Kultivierungserfahrungen. Auch bei der Arbeit für Dafa kooperierten wir gut.

Der Scheidung ruhig entgegensehen

Lu und die Frau trafen sich noch immer und er sprach oft von Scheidung. Als er sah, dass sich mein Kultivierungszustand wieder normalisiert hatte, kamen ihm diese Worte umso häufiger über die Lippen. Das war für mich eine besonders schwierige Prüfung. Mittlerweile war ich eine langjährige Dafa-Praktizierende. Was sollten die Leute sagen, wenn ich schon so lange praktiziere und sich mein Mann trotzdem von mir scheiden lassen möchte? Die Leute würden mich fragen, ob wir uns wegen des Praktizierens von Falun Gong scheiden lassen haben. Auch die Praktizierenden würden denken: Falun-Gong-Praktizierende erhöhen sich ständig und ihr Familienleben sollten immer harmonischer werden. Wie kann es sein, dass die beiden sich immer noch scheiden lassen wollen? Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, das Fa auf diese Weise zu schädigen. Ich vergoss viele Tränen. Eine Scheidung lehnte ich immer wieder ab und dachte: „Behalt du diesen Wunsch ruhig in deinem Kopf, ich kann diese Art von Schwierigkeit überwinden.“

Die Affäre als Praktizierende betrachten

Als eine Praktizierende musste ich mich gut verhalten. Ich durfte nicht zulassen, dass mein Mann behauptete, ich wäre kein guter Mensch. Also kümmerte ich mich um alle anfallenden Hausarbeiten. Wenn seine Freunde zu uns nach Hause kamen, kochte ich für sie Speisen wie in einem Restaurant. Manchmal kochte ich acht bis zehn Gerichte. Außerdem schwieg ich, wenn mein Mann die Beherrschung verlor. Auch wenn er mich beschimpfte, blieb ich ruhig. Ich hegte keinen Groll oder Hass gegen ihn. Als er mich einmal beschimpfte, konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen. Das verärgerte ihn umso mehr, und er begann noch lauter zu brüllen. Das hatte ich nicht beabsichtigt. Fortan war mir klar, dass ich so etwas besser nicht tun sollte, sonst würde er denken, ich täte dies absichtlich und würde ihn verärgern wollen. Ich selbst war nicht wütend. Eines Tages erzählte er mir, dass die Frau, mit der er sich immer traf, in ein paar Tagen bei uns zuhause vorbeikommen würde. Er bat mich darum, mich dann zu benehmen. Ich ließ einfach alles seinen Lauf, komme was wolle.

Einige Tage später kam die Frau zu uns nach Hause. Sie hatte zwei Mädchen dabei, ihre Tochter und ihre Nichte. Sie erzählte uns, dass sie zur Stadtbesichtigung nach Peking gekommen sei. Mir war jedoch klar, dass sie gekommen war, um Lu zu sehen. Beim Spaziergang gingen sie gemeinsam vor mir her und unterhielten sich angeregt, während ich ihnen folgte. Es schien, als wären sie das Ehepaar und ich ihr Kindermädchen. Was für eine verdrehte Rolle!

Zurück Zuhause empfing ich sie herzlich und kochte ihnen viele leckere Gerichte. Als ich mitbekam, dass sie sich erkältet hatte, brachte ich ihr ein Glas Wasser und Hustensaft. Ich behandelte sie wie eine alte Freundin. Ich verhielt mich so, als hätte ich mit ihrer Affäre nichts zu tun. In dieser schwierigen Situation trug ich nur das Fa im Herzen. Ich war eine Falun-Dafa-Praktizierende, und es gab nichts, was ich nicht überwinden konnte. Andere hätten diese Angelegenheit sehr wichtig genommen, ich jedoch betrachtete sie vollkommen anders; stattdessen hatte ich sogar Mitleid mit ihnen.

Meine Freundlichkeit und mein sanftes Auftreten überraschten die Frau. Sie fragte Lu: „Weiß Li Li überhaupt etwas über uns?“ Mein Mann antwortete: „Sie weiß alles.“ Die Frau entgegnete erstaunt: „Wirklich? Wie kommt es, dass sie uns trotzdem so gut behandelt?“

Sie war gerührt von meiner Haltung, und ihr Gewissen trat in Kraft. Sie wollte nicht länger bleiben und beschloss zu gehen. Nachdem ich mich von ihnen verabschiedet hatte, ging ich zurück in mein Zimmer und setzte mich hin. Als ich auf der Couch saß, spürte ich, wie mein Körper immer größer wurde, und ich hatte ein Gefühl der Heiligkeit, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Der Zustand, in dem ich mich befand, war unbeschreiblich. Ich hatte das getan, was das Fa in dieser Angelegenheit von mir verlangte und konnte so einen weiteren großen Pass der Sentimentalität überwinden, der mich zuvor enorm eingeschränkt hatte.

In Schwierigkeiten viele Fa-Grundsätze erkannt

Diese Schwierigkeiten hatten einen enormen Einfluss auf meine Kultivierung und ich konnte viele Dinge erkennen. Ob man die Stufe der Nachsicht erreichen kann, indem man Eifersucht und Gefühle loslässt und ob man dann noch freundlich mit den Menschen und den auftretenden Situationen umgehen kann. Alle Bereiche meiner Xinxing wurden in diesem Prozess geprüft. Man wollte sehen, ob ich mich wirklich auf der Grundlage des Fa erhöhen konnte.

Nach diesem Treffen war mein Mann sehr zufrieden mit meinem Verhalten und er konnte sehen, dass ich es nicht zum Schein, sondern aus vollem Herzen tat. Er lobte mich und sagte: „Du hast die Werte Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht wirklich gut in die Tat umgesetzt.“ Ich wusste, dass diese Worte ein Hinweis von Meister Li waren und er mir Anerkennung dafür aussprach, diese Prüfung gut bestanden zu haben. Kurz nachdem die Geliebte meines Mannes nach Hause zurückgekehrt war, erhielt mein Mann einen Brief von ihr. Darin stand: „Lass dich nicht von Li Li scheiden. Sie ist ein guter Mensch. Du würdest eine Scheidung später gewiss bereuen.“ Zudem teilte sie ihm mit, dass sie sich von nun an nie wieder in unser Leben einmischen würde.

Der Forderung nach Scheidung zugestimmt

Lu brachte das Thema der Scheidung jedoch weiterhin zur Sprache. Das geschah derart oft, dass ich ihm keine Aufmerksamkeit mehr schenkte, sobald er davon sprach. Stattdessen tat ich so, als hätte ich mit dieser Sache nichts zu tun. Aber eines Tages teilte er mir mit, er hätte sich Gedanken über unsere Scheidung gemacht. Er sagte, dass diese anders werden würde als die herkömmlichen Scheidungen und sehr speziell sei. Ruhig begann er damit, mir seine Idee vorzustellen:

„Ich habe mir überlegt, wie wir es machen werden. Es steht außer Frage, dass ich nach unserer Scheidung wieder heirate. Aber ich möchte danach weiterhin in deiner Nähe sein. Also muss ich jemanden finden, der diese Art von Beziehung akzeptieren kann. Kannst du dir vorstellen, wer das sein könnte?“

„Ich weiß es nicht. Aber du kannst dir sicher sein, dass ich nicht weiter mit dir verkehren möchte, wenn du dich wirklich von mir scheiden lassen willst“, sagte ich.

„Oh nein, das liegt nicht in deiner Entscheidungsmacht. Du musst trotzdem weiterhin mit mir verkehren, ob du willst oder nicht. Ich möchte deine Schwägerin heiraten“, sagte er.

„Wie kann ich mit dir über deine Zukunft sprechen? Außerdem ist deine Idee zu absurd und unkonventionell. Da stimme ich absolut nicht zu.“

Lu ist ein Mann, der Dinge in die Tat umsetzt, wenn er sich einmal dazu entschlossen hat. Es war ihm auch egal, was ich darüber dachte.

Folglich lud er meine Schwägerin und meine Nichte zum Neujahrsfest 1995 zu uns ein. Gleich nachdem die Feiertage vorbei waren, stellte er ihnen seinen Plan vor. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Tatsache, ob er sich von mir scheiden ließ oder nicht, mein Herz überhaupt nicht mehr berühren. Vor allem, nachdem er mich so viele Jahre lang gequält hatte. Ich spürte, dass die Gefühle bei dieser Angelegenheit keinen Einfluss mehr auf mich hatten. Die Formalität der Scheidung war bedeutungslos. Was auch immer geschah, nichts konnte mich mehr berühren.

Nachdem Lu eine Zeit lang an der Hochschule gearbeitet hatte, wurde es ihm langweilig. Er hatte ein paar Klassen unterrichtet und war zwar voller Energie, bemühte sich jedoch, eine Versetzung in die Wege zu leiten. Er wollte an die Universität für Politikwissenschaft und Recht wechseln. Er knüpfte alle Kontakte und strebte auch an, mich dorthin versetzen lassen. Die Universität stimmte seinen Bedingungen anfangs nicht zu, ging jedoch letzten Endes widerstrebend auf seine intensiven Bemühungen ein. Folglich hatten wir beide eine Zustimmung für eine Versetzung an die Universität für Politik- und Rechtswissenschaften. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr die gesamte Hochschule, an der wir beschäftigt waren, dass wir beide wechseln würden.

Unsere Scheidung war noch im Gange. Lu sagte mir immer wieder: „Nach der Scheidung werde ich dafür sorgen, dass sich die öffentliche Meinung an der Hochschule auf dich konzentriert, damit sie dich alle beschuldigen.“ Es war ihm wichtig, mich darauf vorzubereiten. Obwohl ich seinen Worten keine Beachtung mehr schenkte, erkannte ich den Hinweis des Meisters, dass mir in Zukunft weitere Prüfungen bevorstehen würden.

Und tatsächlich kam Anfang April 1996 Lus Kommilitonin von der Wuhan-Universität zu uns nach Peking. Sie war Anwältin für Familienrecht und hatte sich auf Scheidungen spezialisiert. Lu traf sich mit ihr und sprach über unsere Eheprobleme. Er vertraute ihr an, dass sie unseren Scheidungsfall übernehmen dürfe. Sie willigte ein und kam am nächsten Tag mit der Intention zu uns nach Hause, uns bei der Scheidung zu helfen.

Lu hatte ihr bereits gesagt, dass der Grund für unsere Scheidung meine Kultivierung im Falun Gong sei. Als sie am darauffolgenden Tag zu uns kam, verließ Lu das Haus, um etwas zu erledigen. Da er alles so gut arrangiert hatte, sah ich keinen Grund, mich dagegen zu stellen. Warum sollte ich mich an ihm festhalten? Ich erkannte ein ernstes Problem: Ich war nicht der Meinung, dass der Grund für die Scheidung Falun Gong war. Das stimmte nicht, und ich konnte nicht zulassen, dass er mich einfach an der Nase herumführt.

Ich nutzte die Tatsache von Lus Abwesenheit und sprach den ganzen Tag mit der Anwältin. Ich berichtete ihr, dass der Grund für unsere Trennung schon weit zurücklag. Die eigentlichen Aspekte waren Unvereinbarkeit von persönlichen Interessen, Hobbys, Temperament und Veranlagungen von uns beiden. Dies hatte nichts mit Falun Gong zu tun. Wenn Falun Gong eine Auswirkung auf unsere Ehe gehabt hat, dann deshalb, weil ich durch das Praktizieren von Falun Dafa in der Lage war, die Familie so lange zusammenzuhalten. Das einzige Mal, dass ich die Scheidung eingereicht habe, war 1991, bevor ich Falun Gong praktizierte. Damals konnten wir uns jedoch nicht einigen. Nachdem die Anwaltin mich angehört hatte, verstand sie die Hintergründe besser. Sie folgte meinem Rat und setzte die Scheidungspapiere komplett neu auf, ganz nach den Bedingungen, die ich ihr nannte. Mein Sohn Lu Lu sollte nach der Scheidung bei mir leben, womit das Kind einverstanden war.

Als Lu zurückkam, war alles erledigt. Die Anwältin kehrte nach Wuhan zurück. Sie fragte sich, warum sie nach Peking gekommen war. Irgendwie dachte sie, dass sie gekommen war, um unsere Scheidungspapiere fertigzustellen.

Lu und ich bereiteten uns darauf vor, uns in den nächsten zwei Tagen einvernehmlich scheiden zu lassen. Meine Schwägerin kam auch dazu. Lu fragte mich: „Ich werde dir eine letzte Chance geben, willst du dieses Haus oder Falun Gong?“

„Ich möchte beides“, sagte ich.

„Na gut, dann musst du einen Fisch für mich töten“, sagte er, wohlwissend, dass ich keine Tiere töten kann. Ich antwortete: „Du weißt, dass ich kein Lebewesen töten kann. Sag mir doch einfach, was ich nicht gut gemacht habe. Ich kann mich ändern“, sagte ich. „Nein, du kannst dich nur für eine Sache entscheiden, dieses Haus oder Falun Gong“, beharrte er. Daraufhin antwortete ich: „Da du nur zwei Möglichkeiten genannt hast, entscheide ich mich für Falun Gong“.

Auf dem Weg zum Gerichtsgebäude hatte ich ein seltsames Gefühl. Das Leben ist so unvorhersehbar, man kann nie wissen, was einem als Nächstes begegnen wird. Meine Schwägerin begleitete uns an diesem Tag zum Gericht. Uns wurden ein paar Fragen gestellt, und dann waren wir geschiedene Leute.

Nachdem wir den Gerichtssaal verlassen hatten, sagte Lu zu mir, dass ich mit ihm nach Hause fahren solle. Er tat so, als ob nichts geschehen sei. Nach Hause? Wo ist mein Zuhause? Wie konnte er mich noch herumkommandieren? Ich dachte mir: „Ich bin eine geschiedene Frau, von nun an werde ich meine eigenen Entscheidungen treffen.“ Dann rief ich mir ein Taxi und fuhr direkt zur Universität, wo ich unterrichtete.

(Fortsetzung: Teil X)